Nachbarschaftsstreit:Beton vor der Hüttn

Nachbarschaftsstreit: Die Burschen Christof Leibl (links) und Johannes Adam sind nicht glücklich über die Mauer vor ihrer Hütte. Beschweren wollen sie sich aber nicht.

Die Burschen Christof Leibl (links) und Johannes Adam sind nicht glücklich über die Mauer vor ihrer Hütte. Beschweren wollen sie sich aber nicht.

(Foto: Claus Schunk)

Der Pfarrverband hat den Ayinger Burschen eine Mauer direkt neben ihr Vereinsheim gebaut. Das gefällt denen gar nicht.

Von Michael Morosow, Aying

Die Burschen gehören zur Mitte der Ayinger Gesellschaft, auch im geografischen Sinn: Zentraler könnte ihre Hütte nicht stehen als hier an der Münchener Straße, schräg gegenüber vom Ayinger Bräustüberl, einen Steinwurf entfernt von Maibaum und Rathaus, aber auch in direkter Nachbarschaft zur Kirche St. Andreas. Selbst aus historischer Sicht können sich die Burschen auf einem Premiumplatz wähnen. Wenn sie durch den Holzboden ihrer Hütte leicht schräg in Richtung Süden einen Schacht ins Erdreich grüben, würden sie nach wenigen Metern zur Schlusskammer des mittelalterlichen Erdstalls vordringen, dessen Entdeckung im Vorjahr großes Aufsehen nicht nur in Fachkreisen erregt hat.

Wenn die Burschen Versammlung abhalten oder feiern, kann man ihnen von der Straße aus dabei zuschauen. So wie im März des Vorjahres bei ihrer Hüttenparty, die sie, damit es richtig groovt, "Wachhüttn Warm-up" nannten. Derzeit aber liegt den Ayinger Burschen ein anderer Anglizismus auf den Lippen, den 1987 US-Präsident Ronald Reagan mit Blick auf die Berliner Mauer prägte: "Tear down this wall!"

Stein des Anstoßes, im wörtlichen Sinne, ist eine circa 2,50 Meter hohe Betonmauer, die vor einigen Wochen direkt neben ihrer Hütte errichtet worden ist. Und zwar derart direkt, dass Burschen mit barocken Figuren den Bauch einziehen müssen, wenn sie durch den schmalen Spalt schlüpfen wollen, der sich noch auftut zwischen ihrer Hütte und der Mauer. Und diese Mauer ist zudem 30 Zentimeter näher zur Straße hin platziert worden als die alte Holzwand, vor der die Burschen bislang ihr Brennholz aufgeschichtet hatten. Mit der Folge, dass nun auch zwischen der Mauer und einer altehrwürdigen Eiche kaum noch Platz ist und im Ort bereits von einem Schildbürgerstreich gesprochen wird.

"Der Holzlagerplatz ist jetzt weg"

"Der Holzlagerplatz ist jetzt weg", stellt Burschenchef Johannes Adam nüchtern fest. Nach einem öffentlichen Lamento ist ihm nicht, auch wenn ihm die nackte Betonmauer so gar nicht gefallen will. Aber die Burschen wollen es sich wohl nicht verscherzen mit den Mauerverantwortlichen von der Pfarrei St. Andreas, mit denen sie sonst ein gutes Verhältnis pflegen. Man habe mal höflich nachgefragt bei Josef Bachmair, dem Kirchenpfleger und Vorsitzenden des Pfarrverbands Aying-Helfendorf, sagt Adam, und der habe ihnen die Notwendigkeit der Maßnahme erklärt.

Tatsache ist, dass die Burschenhütte zum Teil auf Kirchengrund steht. 30 Zentimeter ragt sie über die Grenze, was bislang von niemandem beanstandet wurde. Nun aber, da der Pfarrverband auf dem in Besitz der Kirche stehenden Grund ein Pfarrheim baue, "mussten wir den Platz ausnutzen, der uns zur Verfügung steht", erklärt Kirchenpfleger Bachmair, der es komisch findet, wenn sich jetzt "so manche Geister regen". Die Mauer bleibe keine isolierte Mauer, sondern werde bald die nördliche Wand eines drei mal sechs Meter großen Schuppens sein, der neben dem neuen Pfarrheim gebaut und unbedingt benötigt werde, erklärt Bachmair, der auch für die Freie Wählergemeinschaft Aying im Gemeinderat sitzt und Zweiter Bürgermeister ist. "Das ist alles noch nicht fertig, da kommt noch ein Dach drauf, aber ich werde noch einmal mit den Burschen sprechen."

Thema dieser Unterredung wird wohl die Optik der kahlen Betonwand sein, die bislang nicht gerade ein Farbtupfer ist im alten Ortskern. Wenn die Burschen davor wieder Holz stapeln wollen, dann macht seiner Meinung nach eine Holzvertäfelung der Mauer keinen Sinn, "die würde schnell wieder kaputt gehen." Im anderen Falle, so verspricht der Kirchenpfleger, würde die Mauer, die bald eine Wand sein wird, verschönert werden. Nicht dass demnächst in Farbe gesprüht "Tear down this wall" darauf zu lesen ist.

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