Autobahn A8:Am Stau vorbei

Die Urlaubsreisewelle bleibt erstaunlich klein, zumindest am Samstag fließt der Verkehr einigermaßen gut. Ein Besuch an der Raststätte Hofolding, wo zwar Parkplätze rar sind, aber Familienväter entspannt wirken

Von Ljubo Herceg, Brunnthal

Endlich Sommerferien. Die Kinder auf dem Rücksitz, das Auto vollbepackt, die Sonne brennt und auf der Autobahn A 8 geht nichts mehr. Wer hat das nicht schon erlebt? Diesen Samstag aber ist an der Raststätte Hofoldinger Forst kurz nach München alles anders. Der Albtraum bleibt aus. Denn entgegen aller Reisewarnungen und schlimmsten Befürchtungen kam es an diesem Tag auf der Autobahn Richtung Salzburg nicht zum groß angekündigten Superstau.

Autobahn A8: Wenn der Verkehr fließt, sind die Familienväter entspannt.

Wenn der Verkehr fließt, sind die Familienväter entspannt.

(Foto: Claus Schunk)

Und das, obwohl die Automobilclubs ACE und ADAC das "Stauwochenende des Jahres" prognostiziert hatten. Bayern und Baden-Württemberg sind in die Sommerferien gestartet, aus Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden ist die zweite Reisewelle unterwegs, anderswo enden die Ferien. Dieses Wochenende war das einzige, in dem alle Bundesländer gleichzeitig Sommerferien haben und gemeinsam auf Achse sind. Doch am Hofoldinger Forst an der Autobahn A 8 ist davon am Samstagvormittag nichts zu sehen. Vielmehr fließt der Verkehr am Rastplatz vorbei, zwar nicht rasend schnell, aber in Strömen.

Autobahn A8: Am Hofoldinger Forst wird die Fahrpause für Sport und Spiel genutzt.

Am Hofoldinger Forst wird die Fahrpause für Sport und Spiel genutzt.

(Foto: Claus Schunk)

Familie Schnug aus Velbert bei Düsseldorf steht hinter ihrem Auto auf der Raststätte, die proppenvoll ist. Kein Parkplatz ist mehr frei. Autos parken in zweiter Reihe und auf jedem letzten auch verfügbaren Quadratzentimeter - und wenn es die Wiese ist. Der Kofferraum steht offen und die redseligen Rheinländer essen ihre selbst gemachten Butterbrote. "Nach 26 Jahren fahre ich nun wieder einmal nach Zell am See", erzählt der gut gelaunte und völlig entspannte Vater. "Ich war als Kind mit meinen Eltern immer dort. Jetzt will ich auch meiner Familie zeigen, wo wir immer Urlaub gemacht haben und vor allem sollen die Kinder die Gletscher sehen, solange es sie noch gibt." Und er lacht dabei. Die Schnugs haben alles richtig gemacht und fahren die Strecke in zwei Tagesetappen mit einer Übernachtung in Nürnberg. Viele Pausen lassen keinerlei Stress aufkommen auf dem Weg zum Bauernhof in Österreich.

Autobahn A8: Erstaunlich wenige Staus gibt es trotz Ferienbeginn.

Erstaunlich wenige Staus gibt es trotz Ferienbeginn.

(Foto: Claus Schunk)

Diese Ruhe und Entspanntheit spiegelt das Bild von Thorsten Becker und seinem Sohn ebenfalls wider: Papa Thorsten und sein Junior sitzen an der Seite ihres gelben Busses bei offener Schiebetür und spielen zusammen mit dem Handy. Die vierköpfige Familie aus Nordrhein-Westfalen ist in der Nacht losgefahren zum Wandern nach Berchtesgaden. Die Eltern von Thorstens Freundin, die etwas später losgefahren sind, fahren im Schlepptau hinterher. Auf das Problem des Superstaus und der Reisestrapazen angesprochen antwortet Becker: "Wir mussten samstags losfahren, da wir so gebucht haben. Und am Samstag ist immer Bettenwechsel. Uns blieb also nichts anderes übrig."

Autobahn A8: Familie Schnug macht Rast auf dem Weg in die Ferien.

Familie Schnug macht Rast auf dem Weg in die Ferien.

(Foto: Claus Schunk)

Allerdings haben er und seine Freundin die Kinder gut im Griff. "Die Kleine hat mal kurz gequengelt. Meistens aber schläft sie oder isst und spielt." Zudem machen sie der Kinder wegen viele Ruhepausen und wurden bislang von Staus verschont. Da können sie von Glück sagen, denn am Freitag registrierte der ADAC in Deutschland mehr als 3000 Staus mit einer Gesamtlänge von circa 7000 Kilometern. "Das ist sehr, sehr viel", sagt ein ADAC-Sprecher. "Bayern hat den staureichsten Tag dieses Jahres erlebt." Allein im Freistaat gab es annähernd 800 Staus. Samstagmorgen ziehen aber an der Raststätte Hofoldinger Forst die Pkw wie eine Karawane in der Wüste vorbei. Es hat sonnige 26 Grad, kein Stau weit und breit zu sehen.

Ein Polizeisprecher der Rosenheimer Verkehrsmeldestelle kann sich das nur so erklären: "Der größte Teil der Urlaubswelle in Richtung Süden dürfte bereits am Freitag und in der Nacht zum Samstag durch Bayern gerollt sein." Und so kommt es nicht von ungefähr, dass die Stimmung auf dem mehr als überfüllten Rastplatz überraschend gut ist, obgleich die Schlange an den Toiletten und der Kasse endlos erscheinen mag.

Auf dem Parkplatz ist auch ein Tramper unterwegs auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit. Sein Ziel ist Padua. Der Mann, 30, kommt aus München. Der Conference-Manager schätzt diese Art zu reisen. "Du weißt nie, auf wen du triffst oder mit wem du mitfährst. Es ist immer ein kleines Abenteuer." Zwar dauert es manchmal seine Zeit, bis es wieder weitergeht, aber er genieße die Freiheit und Unabhängigkeit, die ihm diese Form des Reisens biete. Er möge sogar die Ungewissheit, ein Spiel mit dem Feuer. Auf herkömmliche Art dagegen ist die Familie aus den Niederlanden auf dem Weg in den Urlaub, die nebenan auf dem Rasen Badminton spielt. Eigentlich sind es nur Vater und Sohn, während die Mutter die Kleinste auf dem Arm trägt und die anderen drei Geschwister um sie herumtollen. Sie lachen, freuen sich auf den Urlaub am Gardasee und sind völlig entspannt. "Unsere Kinder haben die ganze Nacht bis heute früh geschlafen", so Jan van Sorge aus Moerkapelle nahe Rotterdam. "Ansonsten lauschen sie spannenden Hörbüchern im Auto, lesen, malen, spielen und singen."

Eine Bilderbuchfamilie, die bestens auf die Reisestrapazen vorbereitet ist. Die Kinder sind versorgt und beschäftigt. Das Navi im Auto warnt vor Verkehrsstörungen - sich zu verfahren ist schier unmöglich - und lästiges Kartenlesen und damit auch mögliche Streitereien mit der Partnerin gibt es nicht mehr. Wenn dann noch nicht einmal ein Stau hinzukommt, ist selbst die sich hinziehende und ermüdende Autofahrt ein Erlebnis für Kinder und Familie - und die Sommerferien können nur schön werden.

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