Gescheiterte Jobinitiative für Flüchtlinge:"Wir haben das überschätzt"

Flüchtlinge als Fachkräfte

Der Bedarf in den Unternehmen ist da. Es gilt aber, die passenden Arbeitskräfte zu finden.

(Foto: dpa)

Aus der geplanten Kompetenzanalyse für Flüchtlinge ist bis heute nichts geworden.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Es klang nach einem wirklich gut durchdachten Plan, entworfen von Menschen mit Managementerfahrung und vor allem viel sozialer Kompetenz. Im September 2016 folgten die Kreisräte im Sozialausschuss des Kreistags einem Antrag der FDP-Fraktion, die sich die Idee des Ottobrunners Helmut Blank zu eigen gemacht hatte: Mit einer Art Scouting, einer sogenannten Kompetenzanalyse, sollten die Begabungen und Befähigungen von Flüchtlingen ermittelt werden, um sie schneller in Ausbildung zu bringen und auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren.

Blank sprach damals bei der Vorstellung des Programms davon, dass "Fakten" erhoben werden sollten, "keine Gefühle".

Von der anfänglichen Euphorie, die der Sozialausschuss mit 40 000 Euro Startkapital zu unterstützen gedachte, ist aber nicht mehr viel übrig. Das Geld wurde nie abgerufen, die Kompetenzanalysen, die Blank mit seinem Verein "Arrive Institute - Center of Talents" anschieben wollte, kamen nie so recht ins Rollen. "Es hat nicht am Geld gefehlt, sondern an der Infrastruktur und auch der Man-Power", sagt Blank heute. Geplant war eine enge Kooperation des Vereins, dessen Schirmherr Landrat Christoph Göbel (CSU) ist, mit dem Jobcenter im Landratsamt.

Die Kompetenztests, die Arrive gemeinsam mit dem Landratsamt und dem Jobcenter hätte abhalten sollen, gleichen einem Assessment-Center, wie es in der freien Wirtschaft zur Anwendung kommt: Kompetenzermittlung, Interessenprofil des jeweiligen Kandidaten, Integration in den Arbeitsmarkt lauteten die entscheidenden Schlagworte des Vorhabens. Letzteres hätte freilich das Jobcenter anhand der dann entstandenen, aussagekräftigen Profile steuern sollen. "Ein wenig haben wir das überschätzt", sagt Helmut Blank. "Vorwürfe kann man niemandem machen, dass es nicht so richtig angelaufen ist."

Die Geldfrage war geregelt

Selbst das leidige Thema Geld war eigentlich geregelt. Die Kompetenzanalyse, die von einer Stuttgarter Firma entwickelt worden ist, kostet pro Person 30 Euro. 20 Euro sollten sich das Arrive Institute und der Landkreis teilen, zehn Euro hätte jeder Flüchtling selbst übernehmen müssen. "Wir haben dieses Tool vor dem Beschluss intensiv ausprobiert - und es funktioniert", ist Blank immer noch von der Methodik überzeugt. "Sehr viele junge Männer die hierher kommen, sagen zum Beispiel, sie wollen Automechaniker oder Mechatroniker werden. Das ist der Hauptwunschberuf", sagt der ehemalige IT-Unternehmer. "Aber nicht jeder hat die Befähigung zum Mechaniker. Und genau das können wir ermitteln."

Auch deshalb glaubt Blank, dass die Kompetenzanalyse weiter eine Zukunft hat. Vielleicht in einer anderen Konstellation mit anderen Partnern. Der 76-Jährige ist als Berater bei der Städtischen Berufsschule in der Balanstraße tätig, an der etwa 400 Flüchtlinge auf Ausbildung und Beruf vorbereitet werden. Davon kommt etwa die Hälfte aus dem Landkreis München. "Mein Ziel ist es, an solchen Schulen, eventuell gemeinsam mit Unternehmen, die Analysen ganz neu zu etablieren", sagt Blank. "Denn dort wären wir genau an der richtigen Stelle: bei jungen, hoch motivierten Menschen, die kurz davor stehen, eine wichtige Entscheidung zu treffen." Bisher habe er schon zahlreiche junge Flüchtlinge aus dem Landkreis in Ausbildung gebracht, sagt Blank. "Aber wenn wir wissen, wo die Begabung liegt, wird es einfacher. Auch für die Unternehmen."

Genau deshalb will Blank auch die Unternehmen, die Industrie- und Handelskammer im Landkreis mit ins Boot holen. Geplant sei ein runder Tisch bereits im Frühjahr, zu dem Landrat Göbel einladen wird, sagt Blank. "Wir dürfen dieses auch wirtschaftliche Kapital nicht verschwenden, das in diesen jungen Menschen steckt." Möglicherweise steht die Kompetenzanalyse im kommenden Jahr vor einem Comeback.

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