Autobahnring A 99:Zur Babykrake kommt die Riesenkrake

Stau in der Früh um 8:15 in Fischerhäuser von der Brücke am Karlshof aus (Wiesstraße) fotografiert.

Nicht nur die Anschlussstelle Aschheim, auch der Autobahnzubringer hier bei Fischerhäuser ist groß dimensioniert.

(Foto: Florian Peljak)

Ismanings Bürgermeister Greulich und sein Vorgänger Sedlmair werfen der Autobahndirektion vor, überdimensioniert geplant zu haben - nicht nur die Anschlussstelle Aschheim/Ismaning, sondern den gesamten Verkehrsknotenpunkt.

Von Martin Mühlfenzl, Aschheim/Ismaning

Wie konnte es zu der Kostenexplosion beim Bau der Autobahnanschlussstelle Aschheim/Ismaning kommen? Die Antwort auf diese Frage, die seit ein paar Wochen die Kreispolitik umtreibt, soll kommende Woche der Planer geben. Gilbert Peiker wird in Vertretung seines Chefs, des Präsidenten der Autobahndirektion Südbayern, am Montag vor dem Kreisausschuss Rede und Antwort stehen. Eigentlich wollten einige Kreisräte - darunter der stellvertretende Landrat Ernst Weidenbusch (CSU) - Paul Lichtenwald selbst vor den Ausschuss zitieren, um diesen zu der gewaltigen Kostensteigerung zu befragen. Doch Lichtenwald ist im Urlaub. Nun darf Fachmann Peiker, der die Baustelle leitet, versuchen, die Gemüter der Kreisräte zu beruhigen.

Doch nicht nur die Mitglieder des Gremiums sind angesichts der Kostenexplosion von 25,4 auf 44,5 Millionen Euro erbost. Die Gemeinde Aschheim reagierte in Person ihres Altbürgermeisters Helmut Englmann harsch auf Vorwürfe der Autobahndirektion, wonach Aschheim und Ismaning Druck auf die Behörde ausgeübt hätten. Am Mittwoch zogen die damals und heute Verantwortlichen in Ismaning nach. Die Kostenexplosion könne nur "mit einer langen unerfreulichen Planungsgeschichte" zutreffend bewertet werden, lassen Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) und sein Vorgänger Michael Sedlmair (Freie Wähler) verlautbaren.

Die Ismaninger nehmen mit ihrer Kritik nicht ausschließlich die Verlegung der Autobahnausfahrt an der A 99 ins Visier, sondern kritisieren die komplette Umgestaltung des Verkehrsknotenpunktes in den vergangenen Jahren - angefangen mit der Aschheimer Umgehung über den Overfly-Kreisel an der M 3 bis zum nicht minder gigantischen Verkehrsknotenpunkt Fischerhäuser, an dem der Autobahnzubringer B 388 ab Ismaning beginnt.

Die Autobahndirektion macht die Gemeinden für die Kostenexplosion mitverantwortlich

Nach Bekanntgabe der Kostensteigerung an der Anschlussstelle hatte der Pressesprecher der Autobahndirektion Josef Seebacher mit Blick auf die Gemeinden Aschheim und Ismaning sowie den Kreis als beteiligte Partner gesagt, diese hätten Druck ausgeübt, um die Verlegung schnellst möglich voranzutreiben. Das wollen die Ismaninger nicht auf sich sitzen lassen. Sie erinnern an den Beginn der Asphaltierung des Nordens: Im Jahr 2004 wurde ein Raumordnungsverfahren mit dem Ziel einer zweispurigen Autobahnparallele zur A 99 von Aschheim bis Putzbrunn eingeleitet; letztlich aber verworfen. Einzig Aschheim sprach sich damals für diese Trasse aus.

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Übrig blieb am Ende - auch auf Drängen von Rathauschef Englmann - die Umfahrung Aschheims, die 2010 fertiggestellt wurde und in einem "Labyrinth aus Kreisverkehren" an der Anschlussstelle Kirchheim endet, kritisieren die Ismaninger. Im Norden wurde die Umgehungsstraße an der Georgenmühle mit einem Overfly-Kreisel an die B 471 und provisorisch an die A 99 angeschlossen. "Aschheim hat keinen Druck ausgeübt, sondern den Behörden kam die Umgehung Aschheim als erwünschter erster Schritt zu der angestrebten Autobahnparallele sehr gelegen", kritisieren Sedlmair und Greulich.

Nun wird der Verkehrsknotenpunkt um einen weiteren Overfly-Kreisel ergänzt. Zur "Babykrake" im Süden komme die "Riesenkrake" im Norden hinzu, sagen die Ismaninger. Dies seien "überzogene Zielvorstellungen" der Straßenbauverwaltung - möglicherweise gar "mit politischen Vorgaben", vermuten die beiden Ismaninger Bürgermeister. Um diese These zu untermauern, verweisen Sedlmair und Greulich auf den Bau des Verkehrsknotenpunktes Fischerhäuser bei Ismaning. Dort wollte die Gemeinde einen leistungsfähigen Kreisverkehr errichten, um die viel befahrenen Trasse zum Flughafen zu entschärfen - die oberste Baubehörde im Staatsministerium des Inneren aber, der auch die Autobahndirektion untersteht, lehnte diese aus Ismaninger Sicht sichere und wirtschaftlichere Lösung ab.

Der Durchschuss zurm Flughafen hatte Priorität

Der "ungehinderte, schnelle Durchschuss vom und zum Flughafen" habe Priorität, argumentierte die Baubehörde und leitete den Bau der mit einer Brücke und weit ausholenden Zufahrten ausgestatteten Kreuzung ein. Laut Ismaning wäre der Kreisel etwa 75 Prozent (3,4 Millionen Euro) billiger gekommen, er hätte zudem 71 Prozent weniger Fläche verbraucht - das entspricht in etwa drei Fußballfeldern.

Die Anschlussstelle Aschheim/Ismaning ist aus Sicht von Bürgermeister Greulich nur der "unrühmliche Schlusspunkt einer frustrierenden langfristigen Entwicklung". Ganz vorbei ist die Geschichte nicht: Der Kreisausschuss wird sich am Montag mit der Frage der Finanzierung der Anschlussstelle und dem Anteil des Kreises befassen. Die Verwaltung empfiehlt, den von der Autobahndirektion verlangten höheren Anteil - 6,9 statt 3,9 Millionen Euro - vorerst nicht zu akzeptieren. Erst müssten alle Fragen beantwortet werden.

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