Aschheim/Ismaning:Die Krake greift in die Landschaft

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Von oben offenbaren sich die Ausmaße der Bauarbeiten an der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning. Im Vordergrund ist die neue Brückenzufahrt zu sehen. (Foto: Georg Barth)

Auf Luftaufnahmen ist der Flächenverbrauch durch die neue Autobahnanschlussstelle Aschheim/Ismaning deutlich zu erkennen. Auch wenn ein Teil wieder zurückgebaut wird, gehen am Ende 22 Hektar verloren

Von Martin Mühlfenzl, Aschheim/Ismaning

In den sächsischen Kommunen Wiedemar und Schkeuditz wissen die Bewohner seit Jahrzehnten, was sich hinter den Begriffen Vollkleeblatt, Overfly oder weiter Linksbogen verbirgt. Schließlich befindet sich auf dem Gebiet der beiden Gemeinden das älteste Autobahnkreuz Europas, das erste Vollkleeblatt als Kreuzung der A 9 von Berlin nach München und der A 14 von Wismar nach Dresden. Ein gigantisches Bauwerk, dass seit seiner Eröffnung im Jahr 1936 nach und nach erweitert wurde; etwa durch eine Brücke (Overfly) oder die weit ausholenden und eine enorme Fläche verbrauchenden Zufahrten (Bogen).

Die eigentlichen Ausmaße solch umstrittener Bauwerke werden erst durch einen Blick von oben sichtbar. Luftaufnahmen geben einen Eindruck davon, wie sich Verkehrsknotenpunkte in die Landschaft fräsen. Das ist so am Schkeuditzer Kreuz, aber auch an der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning, die bis Ende des Jahres verlegt und als Vollkleeblatt samt weiträumiger Zufahrten und einem angeschlossenen Overfly-Kreisel auf der Kreisstraße M 3 Richtung Flughafen angelegt wird. "Riesenkrake" spotten die Gegner. "Notwendiger Verkehrsknotenpunkt an einer der meist befahrenen Autobahnen Europas" sagen die Verfechter.

Über die Ausmaße der neuen Anschlussstelle Aschheim/Ismaning indes lässt sich nicht streiten: Sie sind enorm. Das belegen die Zahlen der für den Bau zuständigen Autobahndirektion Südbayern. Insgesamt 30 Hektar werden während der Bauarbeiten vorübergehend in Anspruch genommen; das entspricht umgerechnet etwas mehr als 42 Fußballfeldern. Der Blick von oben lässt erahnen, dass das großzügig geplante Vollkleeblatt mit dem dreispurigen Brückenneubau und insbesondere den weitläufigen Zu- und Abfahrten, die dem Projekt den Namen Krake eingebracht haben, diesen Platz auch benötigt.

Dauerhaft wird die Fläche für die Autobahnausfahrt aber wieder nach unten korrigiert. Mehrere Baustellenstraßen sowie die alte Anschlussstelle werden zurückgebaut. Bleiben nach der Inbetriebnahme Ende 2015 immer noch 22 Hektar Flächenverbrauch - also immer noch fast 31 Fußballfelder. "Flächenfraß" schimpft dementsprechend der Grünen-Kreisrat Markus Büchler, der bereits im Jahr 2013 ein Positionspapier vorgelegt hatte, mit dem die Grünen weiter fortschreitendem Flächenverbrauch im Landkreis München Einhalt gebieten wollten. Denn kaum in einer anderen Region Bayerns werde derart viel Fläche - vor allem auf der grünen Wiese - für Bauprojekte geopfert, heißt es in dem Dossier.

Die Befürworter der Verlegung der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning, zu denen einst alle Kreistagsfraktionen bis auf die Grünen gehörten, rechtfertigten den immensen Aufwand mit dem Verkehrsaufkommen an der Schnittstelle der A 99 mit der M 3: Im Schnitt 120 000 Fahrzeuge am Tag passieren die Anschlussstelle - zu Spitzenzeiten bis zu 160 000 Fahrzeuge. Darüber hinaus müsse der Bedeutung der M 3 als Flughafentangenten Rechnung getragen werden.

Der Gesetzgeber sieht bei solch großen Bauvorhaben freilich auch einen Ausgleich vor. Der Bund als Hauptlastträger sowie der Landkreis München müssen im Zuge der Baumaßnahmen insgesamt 7,1 Hektar an Ausgleichsflächen schaffen - dem gegenüber stehen 6,8 Hektar (9,5 Fußballfelder) an dauerhaft versiegelter Fläche im Bereich der Anschlussstelle. Insgesamt beläuft sich die Länge der Verkehrsstraßen (samt der Zubringer) in diesem Bereich auf 12,4 Kilometer. Bei den Bauarbeiten finden Erdbewegungen (reiner Erdbau für den sogenannten Straßenkörper) in Höhe von 300 000 Kubikmeter statt.

Auch das wird beim Blick von oben sichtbar, der auch die Ismaninger und Aschheimer nun wissen lässt, was sich hinter dem Begriff Vollkleeblatt verbirgt.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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