Aschheim:Abgründiges Justizdrama, fränkische Comedy

Aschheim: Wird von ihrer Kollegin Sissi Perlinger als "Speerspitze des Frauenkabaretts" in Deutschland bezeichnet: Lisa Fitz kommt nach Aschheim.

Wird von ihrer Kollegin Sissi Perlinger als "Speerspitze des Frauenkabaretts" in Deutschland bezeichnet: Lisa Fitz kommt nach Aschheim.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Das neue Aschheimer Kulturprogramm wartet vor allem mit anspruchsvollem Theater und Kabarett auf

Von Udo Watter, Aschheim

Darf man den Tod Unschuldiger in Kauf nehmen, um das Leben vieler anderer zu retten? Wie sehr gelten ethische Prinzipien in Zeiten des Terrors? Was ziehe ich vor, moralischen Rigorismus oder gesunden Menschenverstand? Ist das menschliche Subjekt unverhandelbar?

In Ferdinand von Schirachs Justizdrama "Terror", dessen Hintergrundhandlung wohl noch viele Jahre lang von bestürzender Aktualität bleiben wird, stellt der 1964 in München geborene Autor und Strafverteidiger die Frage nach der Würde des Menschen und dessen moralischer Verantwortung: Major Lars Koch, Pilot eines Kampfjets der Bundeswehr, steht vor Gericht und ist des 164-fachen Mordes angeklagt. Am 26. Mai 2013 hat er einen von Terroristen gekaperten Airbus abgeschossen, die einen Anschlag auf die mit 70 000 Zuschauer besetzte Allianz-Arena vorhatten. Hat er richtig gehandelt? Je länger das Stück dauert - seit seiner Uraufführung 2015 ist es ein Theaterbestseller und wurde von der Kritik hoch gelobt - desto deutlicher dürfte das moralische Dilemma werden, in welchem auch das Publikum steckt, das den Täter mit richtet: Jeder Zuschauer erhält einen Stimmzettel, den er in der Pause ausgefüllt zurückgeben muss. Danach entscheidet sich, wie das Stück weitergeht. Plädiert der überwiegende Teil des Publikums für schuldig, wird die Schuldig-Variante gespielt, hält die Mehrheit Lars Koch für unschuldig, kommt dieser Richterspruch zur Aufführung.

Schirachs "Terror" - eine Inszenierung von "Euro-Studio-Landgraf" - ist als Eröffnungsveranstaltung der neuen Kultursaison in Aschheim am 24. September gleich ein höchst emotionaler, fordernder und anspruchsvoller Auftakt. Für die Regie zeichnet Thomas Groitzki verantwortlich, den Richter spielt Johannes Brandrup.

Der Kartenvorverkauf für diese und weitere kulturelle Veranstaltungen der Saison 2016/17 in Aschheim hat diesen Mittwoch, 20. Juli, begonnen. Im Theatersaal des Kulturellen Gebäudes wird freilich neben "Terror" auch nicht ganz so schwerer Stoff gezeigt: im November etwa die kritische französische Gesellschaftskomödie "Der Vorname" - darf man sein Kind Adolphe nennen? - und im Dezember die Schmierentheater-Parodie "Der Raub der Sabinerinnen" mit der großen Berliner Schauspielerin Katharina Thalbach, die auch die Regie übernommen hat.

Daneben gibt es Kabarett im Feststadl mit Lisa Fitz, die ihr Programm "Weltmeisterinnen - gewonnen wird im Kopf" zeigt. Darin schlüpft die Künstlerin mit der rauchigen Stimme, die 2015 den Bayerischen Kabarettpreis (Ehrenpreis) erhalten hat, in die Rolle von vier Frauen, die alle in ihrem Universum Weltmeisterinnen sind: bissig, direkt, bayerisch. Im Februar gastiert das fränkische Comedy-Duo Heißmann & Rassau. Die Berlin Comedian Harmonists präsentieren ihr Programm "Die Liebe kommt, die Liebe geht" im März, und im April steigt das Musical "Höchste Zeit!". Ein ansprechendes Kinderprogramm wird ebenfalls angeboten mit Klassikern wie "Rotkäppchen" oder "Des Kaisers neue Kleider" aber auch "Die Geschichte um die Pauke Berta", ein erzählerisches Schlagzeugkonzert. "Für uns ist es wichtig, Kinder so früh wie möglich an Kultur heranzuführen, um ihre Entwicklung zu fördern und ihnen emotionale Impulse mitzugeben", erklärt Aschheims Bürgermeister Thomas Glashauser. Heftige Impulse aller Art dürften freilich auch die Erwachsenen erhalten, die Schirachs Stück "Terror" mit seinen abgründigen moralischen Fragen besuchen.

Karten sind in der Gemeindebücherei Aschheim, Münchner Straße 8, für Barzahler sowie im Kulturamt im Rathaus, Ismaninger Str. 8, per Barzahlung oder EC-Karte erhältlich (Telefon: 089/90 99 78 28). Online ist der Kauf möglich über www.muenchenticket.de. Das Abo gilt für die fünf Veranstaltungen im Kulturellen Gebäude.

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