"Ars Technica" in Unterhaching:Die Final Fantasy der Menschheit

"Ars Technica" in Unterhaching: "Ihr seid zwar bescheuert, aber ihr seid immerhin unsere Eltern", sagt der Roboter zu Kabarettist Frank Astor.

"Ihr seid zwar bescheuert, aber ihr seid immerhin unsere Eltern", sagt der Roboter zu Kabarettist Frank Astor.

(Foto: Claus Schunk)

Bei der "Ars Technica" diskutieren Experten Chancen und Gefahren künstlicher Intelligenz. Trotz großer Zweifel glauben manche gar an ein Happy End.

Von Udo Watter, Unterhaching

Die Rasanz, mit der die Informationen explodieren, die Macht der Algorithmen steigt und das Leben von Apps immer abhängiger wird, ist umwerfend. Das Weltwissen soll sich derzeit quasi alle zwei Jahre verdoppeln, also 90 Prozent des jetzigen weltweiten Datenbestandes in den vorherigen beiden Jahren entstanden sein. Hinzu kommt: Die Künstliche Intelligenz (KI) wird erwachsen, und ihre Hegemonie scheint unaufhaltsam.

Hat die Digitalisierung letztlich positive oder negative Folgen?

Aber: Lassen uns KI, Smartphone, Google-Brille nicht doch eher intellektuell verarmen? Gibt der Mensch im Alltag den Verstand an die Maschine ab? Oder öffnen andererseits die unglaublichen technologischen Möglichkeiten unserem Hirn faszinierende, neue Erkenntnisregionen? Zum Finale der kabarettistischen Show "Future Now", die Frank Astor bei der diesjährigen "Ars Technica", in Unterhaching präsentierte, stellten sich einige Experten in einer kurzen Diskussion dieser Gretchenfrage der Zukunft: Hat die Digitalisierung, das Meer der technischen Möglichkeiten, das Erwachen der KI letztlich positive oder negative Folgen?

Stefan R. Meier, Autor des Science-Fiction-Thrillers "Now", kam bei aller Skepsis und dem Hinweis, die Digitalisierung liefe immer auch Gefahr, ein Eliteprojekt zu sein und einen (hungernden) Teil der Menschheit zu ignorieren, zum positiven Schluss: "Die digitale Revolution bringt uns dazu, immer wieder über uns nachzudenken." Auch Cybercop Cem Karakaya von der Münchner Polizei oder Wolfgang Geisinger, Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching, gönnten sich bei allem - teils launigem - Abwägen hoffnungsfrohe Blicke nach vorne.

Electronic-Art-Pionier Herbert W. Franke zeigt sich skeptisch

Vielleicht waren sie auch bewegt vom Happy End des Programms "Future Now", wo die KI zwar in der Zukunft die Weltgeschicke bestimmt, aber als Idealprodukt aller menschlichen Intelligenz sozusagen zur reinen Liebe avanciert ist und den Menschen, ihren Schöpfern, helfen will. Ein fast religiös-utopischer Gedanke, dem Herbert W. Franke, der 1927 geborene Zukunftsforscher und Gründer der "Ars Electronica", so nicht folgen wollte: Als erfahrenster Diskutant gab der Grandseigneur der Electronic Art die mahnende Stimme: "Ich habe Zweifel, ob die Technik primär für vernünftige Zwecke verwendet wird. Die Technik der Zerstörung ist oft leichter herzustellen."

"Ars Technica" in Unterhaching: Herbert W. Frankes Computerkunst.

Herbert W. Frankes Computerkunst.

(Foto: Claus Schunk)

Kabarettist Michi Marchner, der den Text zu "Future Now " geschrieben hatte, war ambivalent. Einerseits große Hoffnung, andererseits Beklemmung ob der Flut und Schnelligkeit technologischer Prozesse. Auch die juristischen wie psychologischen Aspekte, die die Herrschaft der Maschine mit sich bringe, wurde thematisiert.

Der Diskussion vorausgegangen war eine Art kabarettistische Infotainment-Show. In der setzte sich Frank Astor launig-satirisch mit dem alltäglichen digitalen Wahnsinn auseinander, benannte Mega-Trends, kommunizierte mit einem frechen Roboter, der auch als Breakdancer bella figura machte, und deklinierte Entwicklungen durch, die teils wie Science Fiction klangen, es aber oft nicht mehr sind. Nicht jede Pointe zündete, an Tempo und Timing muss Astor noch feilen, aber die Show hatte etliche inspirierende wie klug-unterhaltsame Momente und Wortspiele.

Die sechste "Ars Technica" vereinte Computerkunst und Zeitmaschine

Sein Auftritt ging in der Hachinga-Halle über die Bühne, wo auch während der viertägigen "Ars Technica" eine sehenswerte Ausstellung stattfand, mit Objekten, die sich an der Schnittstelle zwischen Technik und Kunst bewegten: Computerkunst des Pioniers Franke, skurrile Maschinen von Charly Ann-Cobdack, Skulpturen von Walter Dorsch, Electronic Art von Walter Giers oder die großartige Installation von Romans Woerndl "Best of Paradise" - neun Vogelhäuser auf Stelen, die religiösen und ideologischen Bauten nachempfunden wurden und mit dazu passenden Melodien, die aus ihnen klingen.

Unterhaching Laser Ars technica Harfe

Ein Blickfang ist Leo Bettinellis Laserharfen-Einsatz.

(Foto: Peter Werner)

Vornehmlich fürs Auge war am Freitag die Ars-Technica-Veranstaltung "Ballett Kaleidoscope". Nicht nur die Uraufführung eines Laserharfen-Balletts überzeugte, auch die anderen Inszenierungen der B&M Dance Company trugen zu einem sehr schönen Abend bei. Und, wie geht's nun weiter mit uns? Michi Marchner sagt: "Die Zukunft bleibt spannend."

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