Architektouren:Der lange Weg zum perfekten Haus

Architektouren: Geschäftsführer Sven Urban (links) hat mit dem Architekten Clemens Bachmann ein altes Gebäude zu einem modernen Wohn- und Geschäftshaus umgebaut.

Geschäftsführer Sven Urban (links) hat mit dem Architekten Clemens Bachmann ein altes Gebäude zu einem modernen Wohn- und Geschäftshaus umgebaut.

(Foto: Claus Schunk)

Bauherr Sven Urban und Architekt Clemens Bachmann mussten immer wieder umplanen, bis die Behörden den Umbau eines Gebäudes an der Neubiberger Hauptstraße genehmigten. Heute sind sie froh darüber. Denn herausgekommen ist ein einzigartiger, asymmetrischer Monolith.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Wer von der Hohenbrunner Straße auf die Hauptstraße in Neubiberg zufährt, sieht es da stehen. In seiner Schlichtheit, steingrau, asymmetrische Kubatur. Das moderne Haus mit der Nummer 33 und seinen versetzt angeordneten Fenstern schräg gegenüber der Kirche der Pfarrei Rosenkranzkönigin hat fast skulpturalen Charakter. Es hebt sich deutlich ab von der Bebauung rundherum, die vor allem aus den Sechziger- und Siebzigerjahren stammt. Wie das Haus früher einmal aussah, davon ist nichts mehr zu erkennen. Das macht neugierig.

Das Haus kann am Samstag, 25. Juni, und am Sonntag, 26. Juni, bei den Architektouren jeweils von 15 bis 16 Uhr besichtigt werden. Bei der Veranstaltung der Bayerischen Architektenkammer sind an diesem Wochenende in ganz Bayern 289 besondere Bauprojekte zu sehen, die sonst zum Teil nicht zugänglich sind. Neun davon finden sich im Landkreis München. Alle Gebäude wurden in den vergangenen drei Jahren fertiggestellt.

"Städtebaulich ist das Gebäude jetzt eine klare Aussage", sagt Architekt Clemens Bachmann vom gleichnamigen Büro in München über das Haus an der Neubiberger Hauptstraße, "vorher sah es verloren aus." Bauherr Sven Urban sieht das genauso: "Es ist ein Monolith mit einer klaren Setzung." Er hat das Grundstück an der Hauptstraße vor neun Jahren gekauft, auf den hinteren Teil privat sein eigenes Wohnhaus gebaut.

Das aus dem Jahr 1956 stammende Mehrfamilienhaus auf dem vorderen Teil, das früher einen Friseursalon im Erdgeschoss beherbergte, hat er mit seiner Firma Urbanwerk kernsaniert, umgebaut und erweitert. Die Firma entwickelt und vermarktet Immobilien. Inzwischen hat sie im Erdgeschoss des Gebäudes ihr Büro, in den oberen Geschossen befinden sich drei Mietwohnungen.

Auch wenn das alte Gebäude in Neubiberg genau genommen nur umgebaut wurde, ist ein völlig neues Haus entstanden. "Wir haben ein Stockwerk draufgesetzt und den Giebel um 90 Grad gedreht", sagt Urban. Die Traufhöhen sind asymmetrisch, damit die Abstandsflächen eingehalten werden. Das Haus verfügt nun über 320 Quadratmeter Nutzfläche, etwa 50 Quadratmeter mehr als das Gebäude zuvor. Im Erdgeschoss ist ein großer, offener heller Büroraum mit mehreren Arbeitsplätzen und ein kleiner Besprechungsraum hinter Glaswänden entstanden.

Der Architekt spricht von einem "Genehmigungsmarathon"

Der Architekt und der Bauherr, der sich selbst als leidenschaftlichen Hobby-Architekten bezeichnet, haben viel Herzblut in das Projekt gesteckt. Zumal sie in der Genehmigungsphase sehr viel Geduld beweisen mussten. Architekt Bachmann spricht von einem "Genehmigungsmarathon". Der erste Entwurf sah ein symmetrisches Gebäude mit Firstrichtung parallel zur Straße vor.

Architektouren: Wo früher ein Friseurladen beheimatet war, hat heute die Firma Urbanwerk ihr offenes, helles Büro.

Wo früher ein Friseurladen beheimatet war, hat heute die Firma Urbanwerk ihr offenes, helles Büro.

(Foto: Claus Schunk)

Zur Abweichung bei den Abstandsflächen hatten die Nachbarn ihr Einverständnis gegeben. Obwohl die Genehmigung schon in Aussicht gestellt worden sei, sei sie am Ende doch versagt worden, erzählt Urban. Architekt und Bauherr tüftelten erneut, heraus kam die asymmetrische Form. Auch für den jetzt umgesetzten Entwurf setzten sie alles Mögliche in Bewegung. Sie zeigten beispielsweise auf, dass die Firstrichtungen in der Straße häufig sprängen. Am Ende habe der Leiter der Abteilung Bauwesen im Landratsamt, Walter Schuster, sein Okay gegeben, erzählt Urban. So nervenaufreibend das damals gewesen sein mag: "Es ist schön, dass sie es am Anfang nicht genehmigt haben", sagt der Bauherr. "Was wir jetzt haben, ist viel einzigartiger."

Einzigartig an dem Gebäude ist auch die Schlichtheit und die Liebe zum Detail. "Wir wollten bewusst ein sehr reduziertes Gebäude schaffen", sagt Urban. So zieht sich die steingraue Farbe von der Fassade über den Briefkasten bis hin zu den Rollos. Die Fenster sind so schlicht, dass man gar nicht sieht, wie viel Aufwand dahinter steckt. Die Dämmung, die Rollo-Schienen in der Fassade und die Absturzsicherungen aus Glas waren auf wenig Fläche unterzubringen. Im Erdgeschoss wird das Fensterband zur Straße hin mit dezenten Stahlstützen stabilisiert.

Auf Balustraden haben Architekt und Bauherr verzichtet. "Durch die bodentiefen Fenster denkt man, man sitzt im Freien", sagt Bachmann. Das Schlichte wird auch im Außenbereich fortgeführt. Graue Platten gestalten den Bereich vor dem Projektbüro, der sich von der Höhe her und optisch vom Gehweg absetzt. Einen Zaun gibt es nicht. In den Wohnungen schaffen weiße, grifflose Küchen und Einbauschränke Schlichtheit. Auf hohem gestalterischen Niveau umbauen und Schlichtes schaffen, hat auch seinen Preis. Urban hat nach eigener Aussage rund eine Million Euro in das Projekt hineingesteckt.

"Es ist fruchtbar, wenn der Bauherr fast so viel Ahnung von Architektur hat wie der Architekt"

Dass das Wohn- und Geschäftsgebäude so gelungen ist, liegt sicher auch an dem guten Draht zwischen Bauherr und Architekt. Die beiden kennen sich schon länger und haben bereits bei anderen Projekten zusammengearbeitet. "Es ist fruchtbar, wenn der Bauherr fast so viel Ahnung von Architektur hat wie der Architekt", sagt Clemens Bachmann.

Die zwei arbeiten schon an einem nächsten kleinen, feinen Projekt. Sven Urban hat zur Erweiterung seines privaten Immobilien-Portfolios ein kleines Mehrfamilienhaus in Obersendling gekauft. Es soll architektonisch anspruchsvoll saniert und neu vermietet werden.

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