Altenpflege:Rücktritt überschattet Heim-Übernahme

Altenpflege: Die Gemeinde Kirchheim hat das Seniorenheim Collegium 2000 vollständig übernommen.

Die Gemeinde Kirchheim hat das Seniorenheim Collegium 2000 vollständig übernommen.

(Foto: Renate Schmidt)

Der Kirchheimer SPD-Gemeinderat Stephan Keck verlässt den Aufsichtsrat des Collegium 2000, weil er das stärkere Engagement der Kommune dort für falsch hält. Seine Nachfolgerin und Parteifreundin Ilse Pirzer teilt die Kritik nicht

Von Christina Hertel, Kirchheim

Vor drei Monaten hat die Gemeinde Kirchheim das Seniorenzentrum Collegium 2000 vollständig übernommen. Doch offensichtlich halten diese Entscheidung nicht alle für richtig. SPD-Gemeinderat Stephan Keck trat aus dem Aufsichtsrat zurück. Aus seiner Sicht ist die Gemeinde mit der Aufgabe überfordert, diese sei nicht oder nur mit einem überdurchschnittlich hohen Aufwand zu stemmen, begründet er seinen Rücktritt.

Schon vor der Übernahme trug die Gemeinde im Bereich der Pflege Verantwortung. Das Kommunalunternehmen Collegium 2000 war bereits Eigentümer der Wohnanlage und betrieb das betreute Wohnen. Seit Anfang April kamen weitere Aufgaben dazu: Das gemeindeeigene Unternehmen übernahm den Betrieb des gesamten Senioren- und Pflegezentrums an der Räterstraße in Heimstetten - mit 64 Pflegeplätzen in der stationären Kurz- und Langzeitpflege und 15 Plätzen in der Tagespflege. Für 780 000 Euro kaufte die Gemeinde von der Pflegestern gGmbH das alles ab. Der Grund: Die Gemeinde habe vor, das Seniorenzentrum im Zuge der Ortsentwicklung zu erweitern, sagt Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). Außerdem wolle man mehr Verantwortung in einem immer wichtigeren Bereich übernehmen. Es sei die Aufgabe einer "zukunftsorientierten Kommune", gesellschaftliche Herausforderungen mitzugestalten. Dass die Gemeinde damit überfordert sein könnte, glaubt Böltl nicht. Vielmehr sei es positiv, dass die Gemeinde nun mehr Mitsprache habe.

Eine Rolle spielte jedoch wohl auch, dass die Gemeinde offensichtlich nicht immer zufrieden damit war, wie das Seniorenzentrum durch Pflegestern geführt wurde. Ilse Pirzer, die auch für die SPD im Kirchheimer Gemeinderat sitzt und nun den Aufsichtsratsposten von Stephan Keck übernommen hat, sagt: Bewohner und Angehörige hätten sich häufig beschwert - vor allem, weil das Personal zu häufig gewechselt habe. Die Senioren seien zwar nie vernachlässigt worden, alle seien satt und sauber gewesen, jedoch sei es ihnen schwer gefallen, sich an die vielen wechselnden Pflegekräfte zu gewöhnen. Pirzer ist es nach eigenen Angaben ein persönliches Anliegen, nun wieder Vertrauen aufzubauen. Ihre Mutter habe selbst in dem Heim gelebt und sie sei als Hospizbegleiterin regelmäßig dort. Sie ist sich deshalb sicher: "In dem Haus steckt viel Potenzial. Jetzt ist es unsere Aufgabe, das auch zu nutzen." Das soziale Angebot etwa, das von Gedächtnistraining bis Gottesdienst reiche, sei großartig. "Wir brauchen jetzt ein wenig Geduld." Die Meinung ihres Gemeinderatskollegen Keck, dass die Übernahme ein Fehler gewesen sei, teile sie nicht. Zu viel zurückzuschauen bringe aus ihrer Sicht niemanden weiter. Schließlich stehe seit mehreren Jahren fest, dass die Gemeinde den Betrieb übernehmen wird. "Für mich zählt jetzt nur noch, wie es besser machen."

Auch Bürgermeister Böltl gibt zu, dass es in dem Haus Schwierigkeiten gab - welche das konkret waren, möchte er nicht verraten. Diese seien aber nicht ausschlaggebend gewesen. Zu lösen seien die Probleme auch in Zukunft nur, wenn genügend Personal gefunden werde. Momentan sind im Bereich der Pflege sieben Stellen ausgeschrieben. Böltl glaubt, dass es bei der Personalgewinnung hilfreich sein könne, dass das Heim nun in kommunaler Hand liegt. Wie bei den Kindergartenmitarbeitern sei es jetzt möglich, etwa gemeindeeigene Wohnungen anzubieten.

Die Pflegestern gGmbH reagierte auf telefonische und schriftliche Anfrage am Dienstag und Mittwoch nicht. Das Unternehmen betreibt Seniorenzentren in Anzing, Edling, Finsing, Oberding, Poing und Grafing. Aufsichtsratsvorsitzender Bernhard Mücke nannte die Übernahme im März einen "beispielgebenden Prozess": Die Zusammenarbeit sei eng, effektiv und zum Wohle der Bürger gewesen. Auch Böltl sagt, die kommunalen Gesellschafter hätten gezeigt, wie man partnerschaftlich Lösungen finden könne. Er sagt aber auch: "Wie bei jeder Verhandlung gab es auch in diesem Prozess durchaus Phasen, bei denen sich unterschiedliche Ansichten gegenüberstanden."

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