Landkreise um München:Da hilft nur Bauen

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München und das Umland wächst weiter. Bis zum Jahr 2035 werden voraussichtlich 3,24 Millionen Menschen im Großraum leben.

(Foto: imago/Westend61)

Die Bevölkerung in München und den umliegenden Landkreisen wächst rasant, die Fläche dagegen wird immer knapper. Für Planungsverbandschef Christian Breu ist klar, was getan werden muss.

Von Günther Knoll

Christian Breu kann es schon nicht mehr sehen: Wann immer der Flächenverbrauch in der Region München in den Medien illustriert werde, dann geschehe das mit Bildern von Gewerbegebieten. Das aber, so sagt der Geschäftsführer des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München, vermittle den falschen Eindruck. Denn die Fläche, die in der Region für Wohnen genutzt werde, sei etwa viermal so groß wie die, die für sämtliche gewerbliche und industrielle Zwecke gebraucht werde. Und trotzdem kommt Breu nach Auswertung der Zahlen, die das Bayerische Landesamt für Statistik für 2016 erhoben hat, zu dem Schluss: "Es wird zu wenig gebaut".

Die Boomregion München wirkt auf junge Leute wie ein Magnet. Womit Breu mit einem zweiten falschen Bild aufräumt: Die Attraktivität Münchens habe nichts zu tun mit der schönen Umgebung oder dem kulturellen Angebot, sondern sei ausschließlich auf die vielen Arbeitsplätze und die Bildungsmöglichkeiten zurückzuführen. Deshalb zögen auch vermehrt jüngere Leute zu.

Bereits seit 1990 seien Stadt und Umgebung eine Wachstumsregion. Allein in den vergangenen zehn Jahren habe ihre Einwohnerzahl um 285 000 zugelegt, 2016 lebten 2,88 Millionen Menschen in und um München, 1,46 Millionen in der Landeshauptstadt selbst und 1,42 Millionen in den umliegenden Landkreisen Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg, München und Starnberg.

Und bis 2035 gehen die Prognosen von weiteren 350 000 Einwohnern aus, die der Wirtschaftsstandort München anzieht. "Das ist mehr, als Augsburg Einwohner hat", verdeutlicht Breu diese Zahl.

Für einen solchen Zuzug, der fast ausschließlich aus dem Ausland komme, aber reiche der Wohnraum im Moment bei weitem nicht aus, sagt Breu. Um entsprechend viele neue Wohnungen zu bauen, seien Mittel wie Nachverdichtung oder das Bauen in die Höhe allein zu wenig. "Wir brauchen neue Flächen", fordert der Geschäftsführer des Planungsverbands. In vielen Kommunen sähen das die verantwortlichen Politiker genauso, die Bevölkerung sei da "oft etwas skeptischer", hat Breu erfahren. Dabei gehe man in der Region ohnehin nicht verschwenderisch um mit den Flächen.

Von 1980 bis 2016 stieg der Anteil für Siedlung und Verkehr an der gesamten Gebietsfläche von 11,4 auf 17,6 Prozent. Insgesamt seien von den insgesamt rund 550 000 Hektar nur acht bis neun Prozent versiegelt, mehr als die Hälfte werde landwirtschaftlich genutzt und ein Viertel sei Wald. Die Effizienz der Flächennutzung hat sich von 233 Quadratmeter pro Einwohner und sozialversicherungspflichtig Beschäftigtem im Jahr 2008 auf 228 Quadratmeter im Jahr 2016 verbessert.

Allein schon die hohen Bodenpreise führen laut Breu dazu, dass man mit dem Grund inzwischen sparsamer umgeht als früher. Er habe das bei Besuchen in den Gemeinden erfahren: Wo früher für den Bau eines Einfamilienhauses noch 1000 Quadratmeter üblich gewesen seien, reichten heute auch 600. Bei der Ausweisung neuer Flächen für den Wohnungsbau täten sich die Gemeinden oft auch deshalb schwer, weil landwirtschaftlicher Grund allein wegen der Besteuerung immer teurer werde und sie zu wenig Tauschmöglichkeiten hätten.

Für Breu wird das Thema sparsamer Umgang mit Flächen im Moment "zu absolut" gesehen: "Da wird ausgeblendet, dass wir wachsen". Die Siedlungsflächen insbesondere für Wohnen zu verknappen, wäre "fatal", da dadurch die Wohnungs- und Mietpreise nur noch weiter ansteigen würden. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Region stieg in den vergangenen Jahren um 26,5 Prozent, die der Einwohner lediglich um elf Prozent. So lange die Wirtschaft boome und qualifizierte Arbeitskräfte brauche, werde deshalb auch der Zuzug anhalten.

Dem dadurch zu begegnen, dass man weiteres Wirtschaftswachstum verhindere, sei höchstens in absolutistischen Staaten möglich und wäre, wie Breu sagt, auch der falsche Weg. Durch die daraus folgenden Einbußen bei der Gewerbesteuer hätten die Kommunen nicht mehr genügend Geld, um ihre Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Das Wachstum könne man im Grunde nur über eine möglichst gleichmäßige Verteilung von Arbeitsplätzen und Einwohnern sowie eine starke Zusammenarbeit bewältigen. Und da sieht der Geschäftsführer die Kommunen des Verbands insgesamt auf einem guten Weg.

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