Landgerichts-Urteil:Portal muss irreführende Beurteilungen über Ärzte stoppen

Landgerichts-Urteil: "Bitte nehmen Sie noch einen Moment im Wartezimmer Platz", heißt es oft beim Arztbesuch. In schlecht organisierten Praxen oder wenn Notfälle dazwischen kommen, werden aus dem "Moment" oft Stunden. Gut, wenn dann die Atmosphäre stimmt.

"Bitte nehmen Sie noch einen Moment im Wartezimmer Platz", heißt es oft beim Arztbesuch. In schlecht organisierten Praxen oder wenn Notfälle dazwischen kommen, werden aus dem "Moment" oft Stunden. Gut, wenn dann die Atmosphäre stimmt.

(Foto: Imago)
  • Beim Ärzteempfehlungsportal Jameda standen bisher nicht unbedingt die besten Ärzte ganz oben auf der Liste. Man konnte sich die Pole-Position auch erkaufen.
  • Diese Praxis hat das Landgericht jetzt verboten.
  • Künftig muss Jameda gekaufte Profile deutlich als Anzeige erkennbar machen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Wenn bei Jameda, nach eigenem Bekunden "Deutschlands größtes Ärztempfehlungsportal", ein Facharzt gleich an erster Stelle steht, muss er gleich der beste sein? Nein, der Mediziner kann sich diese Pole-Position auch gekauft haben. Weil das aber für potenzielle Patienten, die Online einen gut bewerteten Arzt suchen, nicht so ohne weiteres zu erkennen ist, hat das Landgericht München I nun Jameda diese Praxis verboten: Gekaufte Top-Platzierungen müssen künftig deutlich als Anzeigen gekennzeichnet werden, verlangt das Gericht mit seinem Urteil.

Das Onlineportal stellt anhand von Patientenbewertungen ein Ranking von Ärzten der unterschiedlichen Fachrichtungen zusammen. Allerdings bietet das Münchner Unternehmen Medizinern zugleich sogenannte Gold- und Platin-Pakete zum Kauf an. Im Rahmen dieser Premium-Angebote lässt sich dann gegen Aufpreis auch noch die Zusatzoption "Top-Platzierung Fachgebiete" buchen. Wer das tut, darf sich und seine Tätigkeit dann über allen anderen Kollegen präsentieren - mögen die auch noch so viele Einserbewertungen von zufriedenen Patienten enthalten haben.

Diese Top-Platzierungen sind durch einen hellgrünen Hintergrund auch noch farblich hervorgehoben - die anderen Ärzte müssen sich mit Weiß begnügen. Und die mit dem gekauften Privileg bekommen zudem ein Sternchen an der Stelle, die bei den anderen ihren Platz im echten Bewertungsranking bezeichnet. Dass hier keineswegs lauter Einsen mit Sternchen vergeben wurden wie früher in der Schule, können die Suchenden bestenfalls erfahren, wenn sie mit dem Cursor am Bildschirm über die kleine Randnotiz "Premium-Partner" dieser topplatzierten Ärzte fahren. Denn nur dann ploppt ein Textfeld auf, mit dem Hinweis, dass diese Anzeigen optionaler Teil der kostenpflichten Premium-Pakete seien und in keinem Zusammenhang mit Bewertungen oder Empfehlungen stünden. Zudem folgt ein Tipp für interessierte Ärzte, wie sie an diesen exklusiven Platzierungen kommen können.

Nutzer wurden in die Irre geführt

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs aus Frankfurt/Main hat gegen diese Form der Hervorhebung Klage erhoben: Der Erwerb von Top-Platzierungen, unabhängig von der bewerteten Leistung, rufe bei den Nutzern ein falsches Bild über die Qualität des Arztes hervor und könne diese in die Irre führen, meinen die Wettbewerbshüter. Die hellgrüne Aufmachung verstärke diese Eindruck und assoziiere die Note "1 mit Sternchen". Ebenso könne die Bezeichnung "Premium-Partner" als eine besonders prämierte Qualität des Arztes missverstanden werden. Jameda berief sich im Gegenzug darauf, dass die bezahlte Zusatzoption keinen Einfluss auf die Reihenfolge der eigentlichen Ergebnisliste habe - und gerade die farbliche Hervorhebung kennzeichne diese ausreichend als Werbung. Außerdem würden Patienten vor allem in einem gewünschen Umkreis Ärzte suchen und deshalb keineswegs nur nach den Bestplatzierten schauen.

Die 37. Zivilkammer beurteilte die Jameda-Praxis jedoch als irreführend und damit unzulässig: Natürlich würden potenzielle Patienten die Seite nach den am besten bewerteten Medizinern absuchen und dabei besonders empfänglich für die Arztprofile an oberster Stelle sein. Es werde die Vorstellung geweckt, dass diese in der Patientenbewertung am besten abgeschnitten hätten, meint das Gericht. Die Internetseite sei auch so gestaltet, dass Verbraucher gar nicht wissen könnten, dass die abrufbaren Ergebnislisten "durch Kauf manipuliert sind". Das Urteil (Az.: 37 O 19570/14) ist noch nicht rechtskräftig.

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