Landgericht:Zwei Zeugen, drei Versionen

Im Prozess um einen toten Rentner ist die Beweisführung knifflig

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Stresssituationen das menschliche Hirn vernebeln können, und dass deshalb mehrere Zeugen ein und dieselbe Situation mitunter anders schildern. Ein Phänomen, mit dem die Polizei zu kämpfen hat - und aktuell die erste große Strafkammer am Landgericht München I. Seit Montag steht der 51-jährige Ralf H. vor Gericht. Er soll im Mai 2016 als Radfahrer im Streit mit einem Fußgänger einen 78-Jährigen zu Boden geschubst haben, dieser starb wenig später in einer Klinik. Am Dienstag nun sagten zwei Zeugen aus, beide etwas unterschiedlich - und ohnehin abweichend von der Version des Angeklagten.

Ralf H. war an jenem Maitag mit dem Rad auf dem Gehweg an der St.-Bonifatius-Straße in Obergiesing unterwegs, auf dem Gepäckträger quer einen Teppich gespannt. Dort sei er von einem entgegenkommenden Fußgänger am Hals gepackt und vom Rad gezerrt worden. Anschließend habe er den Mann leicht am Arm geschubst, dieser sei mit dem Gesicht voran auf den Asphalt gefallen. Doch der erste Zeuge hat etwas anderes gesehen: Dass Ralf H. den Mann am Kragen gepackt und regelrecht zu Boden gerissen habe. Der nächste Zeuge, Max F., sagt, Radler und Fußgänger hätten sich bei ihrer Begegnung an der Schulter gestreift. Daraufhin habe der Rentner den Radler geschubst, der sei abgestiegen und habe den 78-Jährigen "massiv gestoßen". Der alte Mann sei auf den Hinterkopf gefallen. Er habe Ralf H. angefahren: "Wie kommen Sie dazu, einen alten Mann so zu schubsen!" Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

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