Landgericht:Verhaftung verhindert, Geld weg

Weil der Sohn den Enkel-Unterhalt nicht bezahlt hat, stellt ein Opa Kaution. Gegen seinen Willen geht sie an die Kindsmutter

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Als Großvater hätte er für seinen Enkel im Zweifelsfall ohnehin sorgen müssen, sagt ziemlich pragmatisch das Landgericht München I und weist eine Klage gegen den Freistaat ab. Es geht um 3600 Euro, die ein Vater bei Gericht für seinen Sohn als Kaution eingezahlt hatte, damit der nicht in den Knast muss. Dem jungen Mann drohte die Inhaftierung, weil er der Mutter seines Kindes den fälligen Unterhalt schuldig geblieben war. Der Staat hat die 3600 Euro nun der jungen Frau gegeben. Damit aber ist der Opa nicht einverstanden und will sein Geld vom Staat zurück. Doch in erster Instanz hat er mit diesem Wunsch keinen Erfolg.

Der junge Vater hatte wegen Verletzung der Unterhaltspflicht ein Strafverfahren am Hals. Als er zur Gerichtsverhandlung nicht erschien, erließ der Münchner Amtsrichter Haftbefehl. Hier schaltete sich der in Hamburg lebende Vater des Gesuchten ein: Unter dem Vermerk "Sicherheitsleistung" zahlte er bei der Münchner Justizkasse 3600 Euro ein. Durch den Anwalt seines Sohns ließ er per Email das Gericht wissen, dass er mit dieser Kautionszahlung seinem Sohn die Verhaftung ersparen wolle. Der junge Mann kam dann zur nächsten Gerichtsverhandlung und erklärte sich in der Sitzung damit einverstanden, dass der vom Papa hinterlegte Betrag "zur Befriedigung der Unterhaltsforderungen" an die Kindsmutter ausgezahlt werde.

Dagegen legte der Vater aus Hamburg Beschwerde ein, die vom Landgericht München I zurückgewiesen wurde. Daraufhin reichte er Amtshaftungsklage ein und forderte sein Geld vom Freistaat zurück. Denn die Kaution habe er nicht im Auftrag seines Sohnes einbezahlt, sondern aus eigenem Antrieb. Er habe nur sicherstellen wollen, dass der Sohn nicht verhaftet werde, sondern freiwillig zur neuerlichen Verhandlung im Strafverfahren erscheinen könne. Dies sei geschehen, somit sei der Kautionsgrund weggefallen - in diesem Moment hätte der Betrag an ihn zurückgezahlt werden müssen, meint der Hamburger Akademiker.

Tatsächlich hatte das Amtsgericht aber ausdrücklich eine Sicherheitsleistung durch den beklagten jungen Mann persönlich vorausgesetzt, damit der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt werden könne. Der Betrag war dann zwar durch den Vater eingezahlt worden. Der Verteidiger des Beklagten hatte dem Gericht aber zu verstehen gegeben, dass dieses Geld seinem Mandanten zuzurechnen sei und der Vater lediglich im Namen seines Sohnes gehandelt habe. Das Landgericht zeigte sich deshalb in der Verhandlung erstaunt, dass der Vater nun behauptete, solch eine Eigenleistung des Sohnes habe nicht vorgelegen und man hätte deshalb sogar den Haftbefehl gegen den jungen Mann nicht aufheben dürfen. Der Vater, wunderte sich die Amtshaftungskammer, habe doch ausdrücklich mitgeteilt, dass er seinem Sohn die Verhaftung ersparen wolle - wenn das so nicht stimme, wäre die Sicherheitsleistung doch überflüssig gewesen.

Die Kammer stellte aber auch fest, dass eine Amtshaftung ohnehin nicht infrage komme, weil das Amtsgericht sich weder in Widerspruch zu vorherrschender Rechtsprechung gesetzt noch gegen Gesetze verstoßen habe - vielmehr sei man einer "gut vertretbaren Meinung" gefolgt. Von schuldhafter Amtspflichtverletzung könne daher keine Rede sein.

Die Amtshaftungskammer zieht in ihrem Urteil zudem in Zweifel, dass dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist. Denn die Zahlung sei als geschuldeter Unterhalt an die Mutter seines Enkels erfolgt. Und als Großvater und Verwandter in gerader Linie sei er doch ohnehin im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zum Unterhalt verpflichtet, wenn sein Sohn diesen Anspruch nicht erfülle. "Diese Unterhaltspflicht gegenüber dem Enkelkind besteht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unabhängig davon, ob der Kläger hierfür bisher von der Kindsmutter oder den Sozialbehörden in Anspruch genommen wurde", sagt das Gericht. Das Urteil (Az.: 15 O 21969/15) ist noch nicht rechtskräftig. Der klagende Vater und Opa kann Berufung beim Oberlandesgericht München einlegen.

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