Landgericht:München klagt wegen Sternenhimmels in New York

Lesezeit: 2 min

  • Der französische Innenarchitekt Jacques Garcia hat eine Bücherei in der französischen Vertretung in New York gestaltet.
  • An der Decke befindet sich ein Sternenhimmel, der stark an den in der Villa Stuck erinnert.
  • Die Stadt München sieht deshalb ihre Eigentumsrechte verletzt - und klagt.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Chinesen könnten die Aufregung um den mutmaßlich "abgekupferten" Sternenhimmel der Villa Stuck nicht verstehen: Kopien gelten im Reich der Mitte als großes Lob - Chinesen kopieren nur die Besten. Vielleicht sollten sich die Stadt München und der international renommierte Innenarchitekt Jacques Garcia ausnahmsweise an dieser chinesischen Sichtweise orientieren.

Sonst droht ein ebenso teurer wie sinnloser Weg durch deutsche, französische und US-amerikanische Gerichtsinstanzen. Der Franzose hat eine Bücherei im Hause der französischen Vertretung in New York mit einem täuschend ähnlichen Sternenhimmel ausgestattet wie Franz von Stuck das Musikzimmer seiner Münchner Villa. Und das hat die Stadt München nun zu einer eher fragwürdigen Klage gegen Garcia veranlasst, weil sich die Kommune in ihrem "Eigentumsrecht" verletzt sieht.

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Ein nachtblauer Musiksalon, Tierfiguren und Gestalten aus der griechischen Sagenwelt an den Wänden und darüber die fast magisch wirkende Decke: ein gemalter Sternenhimmel mit golden schimmernder Milchstraße, Planeten ziehen ihre Kreise - angeblich eine Planetenkonstellation im August des Jahres 1895, in dem der Künstlerfürst Franz von Stuck seine Tochter Mary gezeugt hatte. Kunstkenner aus aller Welt haben diesen grandiosen Musiksalon in der Villa Stuck schon bewundert. Vermutlich auch der französische Architekt und Designer Jacques Garcia, bekannt vor allem für das moderne Interieur von Pariser Hotels und Restaurants.

Er hat im französischen Generalkonsulat in New York eine Bücherei gestaltet und dieses Werk mit einem frappierend an das Münchner Stuck-Werk erinnernden Sternenhimmel ausgestattet - in diesem Fall allerdings mit französischer Beschriftung. Die Medici hätten ihn zu diesem Werk inspiriert, ließ er später wissen.

Die Stadt München als Eigentümer der Villa Stuck seit 1992 hält die Himmelsschöpfung dagegen eher für ein Plagiat. Doch eine Verletzung des Urheberrechts kann München dem Franzosen nicht vorwerfen. Stuck ist bereits 1928 gestorben und die Schutzfrist beträgt nur 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

Doch es gibt da noch die sehr umstrittene Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Die stellt nicht auf das Urheber-, sondern auf das Eigentumsrecht ab: Grundstückseigentümer dürfen danach vor allem auch das Fotografieren zu gewerblichen Zwecken von einer Genehmigung abhängig machen.

München wirft Garcia nun vor, unerlaubt hochauflösende Aufnahmen des Stuck-Himmels als Vorlage für den New-Yorker-Bibliothekshimmel gemacht zu haben. Es gibt dazu auch ein Schreiben der Stadt an die französische Gesandtschaft, das Garcia in schiefes Licht rückt und das der Stadt inzwischen selber peinlich ist. Die 7. Kammer am Landgericht nannte den Brief am Donnerstag "nicht korrekt".

Eigentlich ist in diesem Verfahren alles strittig und es ist in weiten Bereichen auch unklar, welches Recht anzuwenden ist. Zumal es auch noch ein "illegales" Foto der Sternendecke auf der französischen Homepage Garcias gibt. Das sei alles "rechtlich und emotional verfahren", sagt Matthias Zigann, Vorsitzende Richter der 7. Zivilkammer, die eigentlich auf Patentstreitigkeiten spezialisiert ist.

Garcia kann aus französischer Sicht die ungewöhnliche BGH-Rechtsprechung überhaupt nicht nachvollziehen und will vor allem seine Anwaltskosten erstattet haben. Zu einer Unterlassungserklärung wäre er womöglich bereit - dass diese aber strafbewehrt sein solle, geht ihm ebenso gegen die Ehre wie der Münchner Brief ans Konsulat. Die Stadt hofft dagegen neben der Unterlassungserklärung noch auf eine Art Lizenzgebühr.

Das Gericht machte nun beiden Seiten deutlich, dass sie besser mit keiner Zahlung rechnen sollten und der Streit sich rasch international entwickeln könnte. Die Kammer mahnte dringend dazu, einen für jede Seite gesichtswahrenden Vergleich auszuhandeln. Um beiden Parteien noch Zeit zu verschaffen, verzichtete die Stadt daraufhin, Prozessanträge zu stellen. Das ist so, als wären die München-Anwälte gar nicht zur Verhandlung erschienen. Das Gericht hat daraufhin mit Versäumnisurteil die Klage abgewiesen. Die Stadt kann aber jederzeit dagegen Einspruch einlegen und einen neuen Verhandlungstermin beantrag. In der Zeit bis dahin wollen beide Seiten intern um einen Kompromiss ringen.

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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