Landgericht München I:Bankerpressung mit zu vielen Spuren

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Ein Berliner Kaufmann entdeckt Kundendaten auf einer Festplatte. Er will aus dem Fund Profit schlagen - und erpresst die Münchner Privatbank um 3,3 Millionen US-Dollar. Nun muss Florian K. in Haft. Verraten hat ihn eine SMS.

Von Christian Rost, München

Ein Kaufmann aus Berlin wollte die Münchner Privatbank Merck, Finck & Co mit gestohlenen Kundendaten um etwa 3,3 Millionen US-Dollar erpressen. Obwohl Florian K. eigens eine Scheinfirma in den USA gegründet hatte, um seine Identität zu verschleiern, ging er der Polizei ins Netz. Am Dienstag musste er sich am Landgericht München I wegen versuchter Erpressung verantworten.

Der 38-Jährige gelangte Ende 2012 mehr zufällig an eine Computerfestplatte, auf der rund 16 000 Datensätze der Bank gespeichert waren. Die Daten mit einem Volumen von mehr als 16 Gigabyte hatte ein Bekannter des Angeklagten bereits 2008 aus dem Firmennetz der Privatbank illegal herunterkopiert. Georgeos P. war damals in der Berliner Filiale von Merck, Finck & Co beschäftigt. Die gestohlenen Daten beinhalteten neben den Namen der Kunden auch deren Kontostände und ihr Investmentverhalten.

Georgeos P. nutzte die Informationen selbst nicht weiter, behielt sie aber auf der Festplatte gespeichert in seiner Firma, die er nach seinem Ausscheiden bei der Bank gründete. 2012 löste P. die Firma auf und überließ sein Computerequipment seinem Bekannten Florian K. Der entdeckte die Kundendaten auf einem Speicherträger und machte sich laut eigenem Geständnis umgehend daran, aus dem Fund Kapital zu schlagen.

Erheblicher "Reputationsverlust" für das Institut

Laut Anklage wandte sich der Berliner zunächst direkt an die Münchner Privatbank. Über das Internet hatte er eine Firma "Delta Resources Management LLC" mit Sitz in Delaware/USA gegründet, über die er seine anonymisierten Mails an die Bank schickte: "Wir möchten Ihnen ein Angebot unterbreiten. In der Anlage finden Sie erste Informationen über den Verkaufsgegenstand", schrieb K. an den geschäftsführenden Direktor des Instituts. Der E-Mail waren im Anhang Kundendaten beigefügt. In einer weiteren Nachricht bot K. der Bank die Daten zum "sofortigen Erwerb" an.

Schließlich rückte er auch mit der Summe heraus, die er als Gegenleistung erwartete: 3,3 Millionen US-Dollar. Falls nicht gezahlt werde, könnten die Daten an Dritte gelangen, drohte K. noch in einem Telefonanruf bei der Bank. Daraus würde sich ein erheblicher "Reputationsverlust" für das Institut ergeben, außerdem müssten alle betroffenen Kunden über das Datenleck informiert werden.

Merck, Finck & Co schaltete sofort die Polizei in den Fall von versuchter Erpressung ein. Während die Münchner Ermittler in mühevoller Kleinarbeit die Spuren des Erpressers, die er im Internet und bei seinem Anruf hinterlassen hatte, zurückverfolgten, versuchte K., die Daten auch bei anderen Banken zu Geld zu machen. "Von Nord nach Süd", quer durch die Bundesrepublik und auch in der Schweiz habe der Angeklagte bei verschiedenen Privatbanken die Daten der Münchner Konkurrenzbank angeboten, so ein Ermittler der Kriminalpolizei im Zeugenstand.

Staatsanwaltschaft peilte Strafmaß von vier Jahren an

Alle angesprochenen Banken hätten aber sofort Merck, Finck & Co über die Kontaktversuche des Erpressers informiert. Die Polizei kam K. schließlich über eine von seinem in Österreich gemeldeten Mobiltelefon verschickte Kurzmitteilung auf die Spur. In der Nachricht hatte er in einem unbedachten Moment seinen echten Nachnamen genannt. Per Telefonüberwachung konnten die Ermittler den Mann dann in Berlin ausmachen, wo er am 10. Januar dieses Jahres verhaftet wurde. Er kam in Untersuchungshaft.

Sein Bekannter, der ehemalige Bankmitarbeiter Georgeos P., kann angeblich nicht mehr belangt werden wegen des Datendiebstahls vor sechs Jahren. Sein Fall sei verjährt, hieß es dazu am Rande des Prozesses gegen Florian K. Dessen Verteidiger handelten am Dienstag mit der zwölften Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Thomas Hense einen Deal für ihren Mandanten aus. Für ein umfassendes Geständnis bekam K. eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Der Angeklagte hatte auf maximal zwei Jahre Gefängnis gehofft. Er ließ sich letztlich aber auf die Vereinbarung ein, weil die Staatsanwaltschaft ursprünglich sogar ein Strafmaß von vier Jahren Haft angepeilt hatte.

© SZ vom 23.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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