Laim:Schädlicher Balance-Akt

Slackliner am Isarufer, 2016

Umstrittene Akrobatik: Das Gewicht der Seile zerrt an den Stämmen - und kann die Bäume in Mitleidenschaft ziehen. Die Bayerischen Schlösserverwaltung, zuständig für den Englischen Garten, hat bereits ein Regularium für die Parkanlage erlassen.

(Foto: Robert Haas)

Wenn Slackliner auf ihren Gurten trainieren, können die Bäume dadurch Schaden nehmen. Im Englischen Garten ist der Sport teilweise verboten. Laimer Politiker fordern jetzt vergleichbare Regeln für städtische Anlagen

Von Andrea Schlaier, Laim

Sie gehen gut und gerne als Seiltänzer durch, wie sie behende unter dem Laub zweier Bäume über ein straff zwischen den Stämmen gezurrtes Nylonseil balancieren - die Slackliner. Die Sportart boomt, nicht nur in München. Doch die schön anzuschauende Trend-Akrobatik ruft längst Kritiker auf den Plan. Ihrer Meinung nach nehmen die Bäume, an denen die Gurtbänder befestigt werden, Schaden am beliebten Outdoor-Vergnügen. In Laim hat sich der Bezirksausschuss jetzt mehrheitlich für ein Verbot des "Slackens" in öffentlichen Grünanlagen Münchens ausgesprochen. Die Stadt wird aufgefordert, den Beschluss durchzusetzen.

Wie inzwischen fast überall, wo das Thema zur Sprache kommt, so fiel auch in dem Lokalgremium das Urteil über den Balance-Akt ambivalent aus. Der Verbotsantrag in Laim stammt von der CSU, die aber auch gleich eine Alternative vorschlug: Die Stadt solle in öffentlichen Grünanlagen stabile Pfosten als Haltestäbe für die Gurte als Ersatz für die Bäume anbringen. Dort könne dann getrost "geslackt werden", so die Christsozialen. Zu groß seien die Schäden, die durch den Sport an Bäumen verursacht würden, etwa durch die Quetschung der Borke. "Gefährdet ist das Kambium, die wichtige Wachstumszone des Baumes zwischen Rinde und Holz", argumentierte CSU-Fraktionssprecherin Anette Zöllner. "Wird es beschädigt, kann die Rinde absterben, Pilzbefall und das Absterben von Wurzelpartien ist die Folge." Der Baumschutz stehe nach ihrer Beobachtung bei Slacklinern nicht so hoch im Kurs, wie sie oft behaupteten: "Ich hab' selbst im Westpark gesehen, dass hundert Meter breit und weit oben am Ansatz der Baumkrone ein Gurt gespannt wurde. Das ist schlichtweg unverschämt."

Viele Laimer, so Zöllner, nutzten gern den nahe gelegenen Westpark. Auch wenn man für den nicht zuständig sei, votiere ihre Fraktion für ein generelles Verbot des Sports zwischen lebenden Gewächsen. "Sie hege viel Sympathie für den Antrag", sagt SPD-Fraktionssprecherin und promovierte Biologin, Martha Mertens. "Das Wurzelwerk der Bäume wird durch den Druck gelockert und der Westpark als Naherholungsgebiet ist gerade mal 34 Jahre alt und hat damit auch keine ausreichend alten Bäume, die das aushalten." Sondern es gebe welche, die wegen Hitze und Schadstoffen ohnehin unter Stress stünden. Ein Verbot eignet sich ihrer Meinung nach dafür, eine fällige Debatte in Gang zu setzen.

Die Laimer Grünen taten sich schwer mit einem Verbot. "Wir sind sicher nicht dagegen, Bäume zu schützen", sagte Jutta Hofbauer. "Es ist vielmehr die Frage, ein geeignetes Management wegen des Umgangs zu finden." Man könne sich an der im Englischen Garten praktizierten Regelung orientieren, die kontrolliert werde.

In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alpenverein (DAV) hat die dortige Parkverwaltung Verhaltenstipps ausgegeben. "Wir möchten die Sportler sensibilisieren, mit ihrem Sport unseren wertvollen Baumbestand nicht zu gefährden, sagt eine Sprecherin der Bayerischen Schlösserverwaltung. Genutzt werden dürften ausschließlich Bäume mit einem Durchmesser von mehr als 30 Zentimetern. "Wenn sich der Baum bewegt, ist er zu dünn", heißt es im Flyer, den der DAV unter Slacklinern verteilt. Im Südteil, unterhalb des Monopteros, ist "Slacken" generell untersagt, weil die Stämme hier zu dünn sind. Außerdem muss unter dem Gurt immer ein Abriebschutz für die Rinde angebracht werden. Für die Anlagen der Landeshauptstadt gibt es bislang kein vergleichbares Regularium. Vielmehr wird auf der Homepage Münchens für den Seiltanz zwischen den Stämmen geworben: "Die Bäume in Münchens Parkanlagen eignen sich perfekt, wenn man um den Gurt noch einen Baumschoner anbringt."

Der Laimer BA votierte gegen die Stimmen der Grünen - mit Ausnahme von Tobias Hößl - für ein Verbot. Das Gremium spricht sich zugleich dafür aus, in Parks Pfosten als Alternative aufzubauen. Renate Spannig (Grüne) hatte dazu gleich eine Idee: Man könne die Holzpfähle doch künstlerisch gestalten - als Anreiz.

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