La Ruota:Unter Kennern berühmt

Italien ist immer für eine Überraschung gut: In der hässlichen Landsberger Straße liegt das La Ruota.

Paula Morandell

Italien, die Schöne, ist immer für eine Überraschung gut. Sei es die neueste Entgleisung seines bizarren Regenten Silvio B., worauf sich sogar manch glühender Anhänger des gesegneten Südens befremdet abwendet, allerdings nur bis zum nächsten Glas Frascati. Oder man trifft, und auch das ist frappierend, plötzlich auf ein Stück schönster Italianità an einem Ort, an dem niemand sie vermutet hätte.

La Ruota: Unter Kennern berühmt: die Pizza im "La Ruota".

Unter Kennern berühmt: die Pizza im "La Ruota".

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Zum Beispiel an der Landsberger Straße: Die vielspurige Trasse gen Westen ist in weiten Teilen nichtssagend, unansehnlich oder einfach scheußlich, und auf Höhe der Nummer 450 ist sie von all dem etwas. Wer hier aus der Trambahn fällt (sie hält an diesem Abschnitt nicht), kann wählen zwischen Matratzendiscounter, Callshop und Unfallwagenhandel. Oder kann ausgezeichnet essen gehen in einem Lokal, das möglicherweise in Anspielung auf das bemerkenswert verkehrsreiche Ambiente den Namen La Ruota, das Rad, erhalten hat. Ein guter Italiener in einem, nun ja, recht schäbigen Altbaukasten - und das in München, Roms beflissenster Kolonie, wo jede Osteria toskanischer ist als alle Wirtschaften der Toskana zusammen und die Deko immer molto authentisch? Ja, so ist es.

In dem wohltuend konzeptfrei eingerichteten Gastraum (rosa Wände, Touristenkitsch in Öl, ausrangierte Registrierkasse) samt seltsam in den Hinterhof gezwängtem Gärtlein für den Sommer geht es ums Essen. Punkt. Es gibt, noch vor dem ersten Bissen, ein paar Anzeichen, die den Liebhaber schlichter und guter italienischer Landküche erwartungsfroh hoffen lassen, dass sie es auch im La Ruota so halten: Geschmack statt Getue.

Erstens werden die Nudeln nicht auf Tellern arrangiert, sondern in ovalen Schalen serviert - ein aus rustikalen Trattorien vertrauter ebenso üppiger wie tröstlicher Anblick, der dem Gast das Gefühl gibt, man meine es gerade mit ihm besonders gut. Zweitens: die halben Zitronen zu Fisch und Meeresfrüchten - vergessen all die handtuchdünnen Alibischeibchen, denen kaum ein Tropfen abzupressen ist! Und schließlich das mehlbestäubte Brot, das hausgebacken im Korb liegt.

Es kam dann so, wie wir ahnten: einfach und gut. Bei den Vorspeisen barg der gemischte Teller aus der Vitrine (7,50 Euro) zwar einen lappigen Happen ausgebackenes Gemüse und wenig aufregende Pilze in Öl - umso gelungener die saftigen Stücke Melanzane alla Parmigiana, mit Käse überbackene Auberginenstreifen.

Auch die Caponata, ein in Süditalien verbreitetes Schmorgemüse aus Paprika mit Kapern und einem Schuss Essig, war köstlich süßsauer. Hierzulande selten zu haben sind Moscardini, junge weiße Tintenfische. Die Köche im La Ruota brieten die kleinen Kraken genau so forsch an, dass sie an Aroma gewannen, aber nichts an Zartheit verloren (9,50).

Was die Pasta betrifft, so konnte man namentlich mittags sehr junge und selbstverständlich vollkommen abgebrühte Gebrauchtwagenhändler dabei beobachten, wie sie - und sogar ihre Mobiltelefone - verstummten, als die dampfenden Schalen vor ihnen standen. Geradezu ehrfürchtig genossen sie, was die Nudeltöpfe hergaben. Sie schwiegen zu Recht: Bei den Tagliatelle al salmone (9,50) kam der Lachsgeschmack der großen Fischstücke prächtig zur Geltung. Zusammen mit Knoblauch, Weißwein und Petersilie verbanden sich die Spaghetti mit Venusmuscheln zum typischen Geschmack dieses Sonntag-am-Meer-Gerichts: salzig intensiv und doch spritzig leicht (11).

Immer eine Alternative ist die unter Kennern berühmte knusprig-dünne Pizza aus dem riesigen Holzofen. Die ungewöhnliche Variante Kürbis mit Knoblauch (10) überzeugte sogar streng konservative Pizzafreunde.

Wem der Sinn nach Fleisch steht, trifft mit der venezianischen Kalbsleber - reichlich Zwiebeln, scharf angebraten, innen zart - mit Parmesanrisotto eine gute Wahl (13,50). Mit ganz besonderer Leidenschaft ging die Crew aber beim Meeresgetier zu Werke. Die Tintenfische wurden sorgfältig angeritzt und in feingehacktem Knoblauch gewälzt, bevor sie auf dem Grill, dann mit Petersilie und großer Zitrone auf dem Teller landeten - kein Vergleich mit den gummihaften Tuben, die einem gelegentlich vorgesetzt werden.

Dass der dazugehörige Salat erst auf Nachfrage kam, war schnell vergessen (12). Ein köstliches, wenn auch nicht ganz schlankes Fischgericht ist der in reichlich Olivenöl gebratene Seeteufel, dessen festes weißes Fleisch samt Spinat eine fruchtige Zitronensauce benetzten (15,50). Dass die Scampi und Gemüse in cartoccio (17,50), also in der Folie gegart, der Stolz der Küche sind, ließ die Miene des sympathischen Kellners Peppino gleich erkennen. Wissend lächelnd trug er die Platte mit der gebauschten Alufolie wie eine Überraschungstorte auf, schichtete den Inhalt auf einen Teller und verschwand wortlos. Was soll man auch sagen zu bissfesten Krustentieren, zu frischen Mangoldstreifen, Stangensellerie- und Kartoffelwürfeln, durchzogen von einem aromatischen Sud aus Knoblauch und Tomaten?

So schön es ist, mit diesem Geschmack auf der Zunge das La Ruota zu verlassen - wer das Mahl lieber mit einem Dessert beendet, hat die Wahl zwischen Crema caramel (4,50) und einer angenehm säuerlichen Variante der Pannacotta mit Joghurt und roten Beeren (4).

La RUOTA, Landsberger Straße 450, Telefon: 836767. www.la-ruota.de. Geöffnet täglich von 11.30 bis 23 Uhr.

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