Stadtverwaltung:Sechs Wochen Wartezeit für einen Termin im KVR

Besucherandrang vor dem Kreisverwaltungsreferat in München, 2017

"Ein für alle Beteiligten höchst unbefriedigender und unerfreulicher Zustand": Das sagt KVR-Chef Thomas Böhle über die Warteschlangen vor seiner Behörde.

(Foto: Robert Haas)
  • Thomas Böhle, Chef des Münchner Kreisverwaltungsreferats, will die Wartezeiten mit einem neuen System bei der Terminvergabe deutlich reduzieren.
  • Die Außenstellen des Bürgerbüros sind schon komplett umgestellt, die Zentrale soll bis Ende des Jahres folgen.
  • Bis dahin aber wird es gerade dort immer wieder zu langen Schlangen kommen, warnt der KVR-Chef.

Von Heiner Effern

Münchner, die im Kreisverwaltungsreferat (KVR) etwas erledigen müssen, benötigen nach wie vor eine geradezu heldenhafte Geduld. Die Schlange am Morgen vor dem Eingang wächst an den vielen Tagen neu wie die Köpfe der mythischen Schlange Hydra, der Herakles vergebens einen nach dem anderen abschlug. Ähnlich verzweifelt dürften sich auch der Stadtrat und KVR-Chef Thomas Böhle fühlen: Egal ob sie mehr Stellen beschlossen, neue Abläufe testeten oder digitale Zusatzangebote schufen, vor dem KVR, aber auch an einigen Außenstellen, müssen die Menschen immer noch lange warten. Doch nun sieht zumindest KVR-Chef Böhle Hoffnung, dass er das nervige Warten in absehbarer Zeit deutlich verringern kann: von einigen Stunden oder gar Tagen auf sechs Minuten.

Auf Initiative der Grünen stellte der Kreisverwaltungsreferent im Stadtrat den aktuellen Stand im Kampf gegen die Schlangen vor den Bürgerbüros dar. Den größten Fortschritt verspricht sich Böhle von einem neuen System bei der Terminvergabe, das gerade eingeführt wird: weg vom Ziehen einer Wartenummer hin zu einer elektronischen oder telefonischen Anmeldung für einen fixen Zeitpunkt. Die Außenstellen des Bürgerbüros sind schon komplett umgestellt, die Zentrale im KVR soll laut Böhle bis Ende des Jahres folgen. Bis dahin aber wird es gerade dort immer wieder zu langen Schlangen kommen. "Ein für alle Beteiligten höchst unbefriedigender und unerfreulicher Zustand", sagte Böhle. Eine solch tief greifende Umstellung im laufenden Betrieb sei aber nicht anders hinzubekommen.

Doch laut dem KVR-Chef lohnt es sich: Wer in einer Außenstelle einen Termin vereinbare, warte im Durchschnitt nur noch sechs Minuten. Allerdings muss man die Besuche lange im Voraus buchen: Derzeit sind es sechs Wochen, unabhängig vom Anliegen. In den ersten vier Monaten des Jahres nutzten diese Möglichkeit 102 000 Bürger, das sind 42 Prozent aller Besucher. Trotzdem bildeten sich auch vor den Außenstellen noch Schlangen, weil viele Münchner das neue Terminsystem noch nicht kennen und möglichst als erste eine Wartenummer ziehen wollen. Termine können unter http://www.buergerbuero-muenchen.de, unter den Telefonnummern 23396000 und 115 sowie direkt am Servicepoint im Bürgerbüro vereinbart werden. Dort können auch Notfälle oder kurzfristige Anliegen vorgebracht werden, die allerdings auch künftig längere Wartezeiten bedingen werden.

Daneben will das KVR aber auch versuchen, mehr Personal für die Bürgerbüros zu gewinnen. Derzeit gelingt es auch wegen der hohen Fluktuation nicht, die bereits genehmigten Stellen zu besetzen. Das wiederum schafft Frust bei den Mitarbeitern im Dienst. "Das ist eine Art Teufelskreis", sagt Böhle. Durchbrechen soll die Stadt diesen mit einer Zulage von 200 Euro pro Monat, die sie den Mitarbeitern in den Bürgerbüros künftig gewähren will. Dafür allerdings müsste das Land Bayern die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, eine Delegation aus dem Landtag besuchte deshalb erst kürzlich das KVR. Böhle deutete an, dass sie in seinem Haus durchaus positive Signale hinterließ. Derzeit sind von 195 Stellen 34 nicht besetzt, die Stadt verkleinert diese Lücke derzeit mit neun Auszubildenden, die sie in den Bürgerbüros einsetzt.

Darüber hinaus werden alle Prozesse und Strukturen im Rahmen einer Organisationsuntersuchung nochmals genau überprüft. Rechtliche Standards wurden bis an die Grenze des Möglichen gedehnt, um möglichst schnelle Dienstleistungen zu ermöglichen. Des weiteren sollen alle Bürger einen Brief erhalten, der auf das neue System zur Terminvergabe hinweist. So sollen die Schlangen nach und nach verschwinden. Übrigens hat auch Herakles der Hydra irgendwann den entscheidenden Kopf abgeschlagen. Mit geradezu heldenhafter Energie und Geduld.

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