Kurzkritik:Solgas Salven

Lesezeit: 1 min

Die "Kanzlerin-Souffleuse" trifft genau ins Schwarze

Von Oliver Hochkeppel, München

Puh, ist das ein Tempo. Man muss immer wieder mal an Martin Buchholz denken, den frühen Meister des Maschinengewehr-Kabaretts, so flott haut Simone Solga auf der Bühne des Lustspielhauses ihre Pointen raus. Und nicht nur die Quantität, auch die Qualität stimmt. Ob zu Aktuellem wie den Flüchtlingsdramen im Mittelmeer ("Stellen Sie sich vor, das wäre ein Kreuzfahrtschiff gewesen - drei ARD-Brennpunkte wären das mindestens geworden") oder zu Dauerbrennern wie der Griechenlandkrise ("Wenn die eine neue Währung kriegen, sollte sie heißen: ein Fiasko gleich 100 Debakel) - Solgas Salven treffen ziemlich oft ins Schwarze und sind obendrein fast immer hochkomisch.

Der Politik-Anteil ist erdrückend, schließlich ist Simone Solga noch immer "im Auftrag der Kanzlerin" unterwegs. Sie hat sich also in neun Jahren und drei (immer wieder überarbeiteten) Programmen von der "Kanzlerin-Souffleuse", die Angela Merkel die Handtasche trägt, zur wichtigsten Beraterin hochgedient; für sie hat Merkel die Raute erfunden ("als Zeichen, wer ein Arschloch ist"), sie hat das schönste Büro im Kanzleramt und "bittet Merkel zum Zitat." Fast möchte man das glauben, bei einer Person, die so wach und schnell ist, die perfekt Leute, die in der Lach- und Schießgesellschaft in der ersten Reihe sitzen, manipulieren und obendrein auch noch wundervoll singen kann.

Es sitzt alles in diesem Programm, was auch kein Wunder ist, ist es doch lange eingespielt und nur für München eine Premiere. Denn die Stadt, in der Solga fünf Jahre lang dem Ensemble der Lach- und Schieß angehört hat, zeigt der vielseitigsten, handwerklich versiertesten und schlicht besten politischen Kabarettistin in Deutschland seit Jahren die kalte Schulter. Vielleicht helfen der jüngst gewonnene Deutsche Kabarettpreis, der nächsten Monat überreichte "Salzburger Stier" und dieser ausverkaufte und umjubelte Abend dabei, dass Solga mal wieder ein, zwei Wochen in der alten Heimat an der Ursulastraße spielen darf. Schön wär's.

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: