Kurzkritik:Möchtegern-Multi-Kulti

"Achtung Deutsch!" im Bayerischen Hof

Von Ekaterina Kel

Das Programmheft bewirbt diesen Abend mit denkbar verbrauchten Stereotypen: Er sei hochaktuell, voller Witz und Charme, frech und bissig. Von wegen. Leider wird nichts davon erfüllt. Jochen Busses Inszenierung von Stefan Vögels "Achtung Deutsch!" schmeißt mit billigen Klischees um sich und reproduziert Vorurteile, die statt abgebaut, neu aufgeladen und kommentarlos im Raum stehen gelassen werden. Die Zuschauer aber finden großen Gefallen daran. Sie lachen bei jedem Schenkelklopfer laut auf, freuen sich über Fremdscham, die ihnen der Abend wieder und wieder beschert. Was ist da los?

Eine Studenten-WG zieht in eine Sozialwohnung. Als der einzige Deutsche in den Ski-Urlaub fährt, sind der Syrer Tarik, die Französin Virginie, der Österreicher Rudi und der Italiener Enzo auf sich allein gestellt. Ausgerechnet jetzt will die Wohnungsbaugenossenschaft ihre Wohnsituation als "Familie Schlüter" überprüfen. Tarik steht aber kurz vor der Einbürgerung und will keinen Stress. Die vier Freunde beschließen, sich als eine "echte deutsche Familie" auszugeben. Die Verwechslungen und Verirrungen reihen sich aneinander, bis der Plot mit der Rückkehr des fünften Mitbewohners endgültig ins Rollen kommt. Die Witze sitzen, besonders, weil sie unter der Gürtellinie liegen. Anwandlungen von Tiefe stehen der Farce aber leider gar nicht gut: Wenn die Figuren auf der Bühne versuchen, nachzudenken, wird es schnell langatmig.

Die deutschen Schauspieler spielen Ausländer als hierzulande gängige Karikaturen, die wiederum Deutsche spielen, wie sie von einem Deutschen selbst offenbar für witzig befunden werden. Der gleichzeitige Versuch, das Thema "Ausländer in Deutschland" wahrhaftig zu behandeln, muss dabei in die Hosen gehen. Denn das Stück reflektiert nicht, wie versprochen, die Multi-Kulti-Gesellschaft mit einem Augenzwinkern, sondern liefert allenfalls einen Marathon einschlägiger Pointen in RTL 2-Manier.

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