Kurzkritik:In Schweigen versandet

Archambaults "Freizeitgesellschaft" im Teamtheater

Von Ekaterina Kel

Das Psychogramm einer ganzen Ehekultur in unserer Wohlstandsgesellschaft mit vier Bühnenfiguren nachzeichnen? Daran versucht sich der Dramatiker François Archambault aus Quebec in seinem Stück "Die Freizeitgesellschaft". Regisseur Marcus Morlinghaus bringt das franko-kanadische Drama von 2003 als deutschsprachige Erstaufführung auf die Bühne des Teamtheaters.

Die zickige, zur Hysterie neigende Marie-Pierre (Cécile Bagieu) und der feige, unter Depressionen leidende Pierre-Marc (Arno Friedrich) haben nicht viel gemeinsam außer einem Vornamen und ihrem dauerschreienden Baby. Das riecht nach einer kaputten Ehe, aber die beiden wiederholen ständig ihr Mantra: "Wir lieben uns". Sie laden ihren langjährigen Freund Marc-Antoine (Christoph von Friedl) ein, mit dem sie "Schluss machen" wollen. Aber der laute Kumpel - sein raumfüllendes Organ ist zuweilen etwas penetrant - bringt seine junge Freundin Anne-Marie (Geneviève Boehmer) mit, und stattdessen landen sie fast alle gemeinsam in der Kiste. Denn ob für die 30- bis 40-jährigen Yuppies symptomatisch oder nicht: Meistens geht es in den heiß geführten Gesprächen erst um den hypothetischen, dann um den tatsächlichen Partnertausch. Die Gespräche dieses Unglücks-Quartetts völlig verrannter Figuren wollen trotz der schönen Vorlage nicht recht in Gang kommen. Eine "böse Gesellschaftssatire" hört sich anders an. Die nämlich lebt vom exakt getimten Schlagabtausch geschliffener Pointen. Morlinghaus jedoch ist zu sehr damit beschäftigt, das Scheitern von Archambaults Figuren in deren Selbsterkenntnis zu begründen. So sehr, dass der Redefluss insgesamt bedenklich ins Stocken gerät.

Dabei hätte der Regisseur durchaus auf Gerda Poschmann-Reichenaus in Wortwahl und Phrasierung treffsichere Übersetzung vertrauen können. Außerdem bieten die Dialoge auch noch jede Menge Raum für gesellschaftskritische Exkurse - so einem dazu etwas einfällt. Den Text aber nach jedem Satz in bedeutsamem Schweigen versanden zu lassen, war die denkbar ungeschickteste Lösung. Auf diese Weise wurde leider viel satirisches Potenzial verschenkt. Trotzdem gab es große Lacher im Publikum - aber auch peinliche Betroffenheit.

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