Kurzkritik:Doppelte Rarität

Das Orchester Jakobsplatz spielt Zemlinksky

Von Klaus Kalchschmid

Das Orchester Jakobsplatz München überrascht und beglückt unter seinem künstlerischen Leiter Daniel Grossmann immer wieder - wie das Münchener Kammerorchester - mit origineller Programmgestaltung jenseits des Mainstreams. So auch beim Konzert am Montag in der Allerheiligen-Hofkirche, das unter dem Motto "Zemlinsky Beziehungen - mehr als ein Konzert" stand. Neben einer vierzigminütigen Kammersymphonie von Alexander Zemlinsky als Hauptwerk waren zu Beginn nach der Orchesterbearbeitung des feinen jüdischen Hochzeitsgesangs "Baruch aba - mi adir" des 25-jährigen Zemlinsky die Rückert-Lieder Gustav Mahlers und Arnold Schönbergs 1911 komponierte Sechs kleine Klavierstücke op. 19 zu hören: Werke von Lehrer und Schüler also, beziehungsweise vom von beiden verehrten Gustav Mahler.

Grossmann hatte die konzisen Schönberg-Werke raffiniert in der Tradition Anton Weberns als eine komponierte Analyse instrumentiert. Selten waren diese großartigen Miniaturstücke daher so plastisch zu erleben wie dieses Mal. Dagegen nahmen sich Mahlers Rückert-Lieder, obgleich ebenfalls in einer Kammerfassung zu hören, geradezu opulent aus. Anfangs hatte der junge Sänger Benjamin Appl leichte Probleme, über das Orchester zu kommen. Später konnte er mit gut fokussiertem Bariton diese Klippe umschiffen, blieb allerdings in der Deutung des Textes allzu gradlinig, um nicht zu sagen eindimensional.

Nach der Pause folgte das zweite Streichquartett op. 15 von Alexander Zemlinsky aus dem Jahr 1915 in der Fassung von Richard Dünser für Kammerorchester aus dem Jahr 2013. Eine doppelte Rarität also, die über weite Teile hoch spannend musiziert war und in der erweiterten Fassung oft enorm farbig und effektvoll klang. In manchen Passagen, die allzu dicht, um nicht zu sagen dick instrumentiert waren, hätte man sich allerdings die originale Streichquartett-Fassung gewünscht. Doch das tat dem Erfolg des Ganzen keinen Abbruch.

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