Kunst:Indoor-Autokino

Akademie-Studenten schaffen im Kunstpavillon die perfekte Illusion

Von Jutta Czeguhn, Maxvorstadt

Da stehen sie mit Grandezza, in Geräusch- und Bewegungslosigkeit versunken: ein Porsche, ein Mercedes- und ein VW-Käfer-Cabrio, ein Peugeot 205, ein VW-Transporter, ein Volvo Kombi, die mächtige Fahrerkabine eines IVECO-Lasters und eine dreirädrige Piaggio Ape mit geöffnetem Seitendeck, aus dem heraus Popcorn verkauft wird. Acht Augenweiden des Karosseriebaus aus goldenen Tagen, als die internationalen Autoindustrie noch nicht von Abgas-Affären geschüttelt war. Eigentlich dürfte es sie hier gar nicht geben im kleinen Kunstpavillon mitten im Alten Botanischen Garten, durch dessen schöne, hohe Holztür noch nicht einmal eines dieser winzigen E-Mobile passen würde.

Kunst: Diesel-Fahrverbote kümmern hier nicht. In Originalgröße stehen diese Auto-Modelle aus Pappe im Kunstpavillon. Wie genau sie da hineingekommen sind? Die Nachwuchs-Bühnenbildner der Kunstakademie haben es verraten.

Diesel-Fahrverbote kümmern hier nicht. In Originalgröße stehen diese Auto-Modelle aus Pappe im Kunstpavillon. Wie genau sie da hineingekommen sind? Die Nachwuchs-Bühnenbildner der Kunstakademie haben es verraten.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Man muss schon der Bühnenbild-Klasse von Katrin Brack angehören, um auf die genial wahnwitzige Idee zu kommen, im Kunstpavillon ein Autokino aufzubauen. Die gebürtige Hamburgerin, die seit 2009 an der Akademie der Bildenden Künste München als Professorin lehrt, ist eine der Größten in der Branche, vielleicht die Größe. Nun haben ihre Münchner Studenten bewiesen, dass sich mit einer Idee ein Raum füllen lässt. "Crash" nennen sie ihr Autokino-Projekt, gedacht für alle, die sich kein Auto leisten können, aber schon immer einmal über das Armaturenbrett eines Porsche Targa 911 hinweg auf die Großleinwand eines Drive-in-Kinos starren wollten. Dazu muss man im Kunstpavillon sehr sachte die blaugraue Wagentür öffnen und dann vor allem nicht über den Bauch ausatmen, denn viel Platz ist nicht zwischen Sitz und Lenkrad. Wer an diesem Samstag, 12. Mai, dabei zusehen möchte, wie die "Natural Born Killer" über den Highway fegen oder tags darauf Tom Cruise und "Rain Man" Dustin Hoffmann im Buick Roadmaster dahingondeln, der sollte sich besser ein bequemeres Gefährt wählen. Im Lkw-Fahrerhaus ist es geräumig, und man hat den Überblick wie auf einem Jäger-Hochsitz.

Kunst: Die Autos haben Karosserien, Armaturenbretter, Türverkleidungen, Reifenprofile, Sitze, Scheinwerfer, Stoßstangen - alles aus Karton und Wellpappe.

Die Autos haben Karosserien, Armaturenbretter, Türverkleidungen, Reifenprofile, Sitze, Scheinwerfer, Stoßstangen - alles aus Karton und Wellpappe.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Beim Verlassen des Porsche zuvor aber bitte nicht die Türen zuschlagen. Auch sonst ist alles etwas anders bei diesen Kinosesseln auf Rädern. All die makellosen Karosserien, Armaturenbretter, Türverkleidungen, Reifenprofile, Sitze, Scheinwerfer, Stoßstangen - sie sind aus Karton und Wellpappe. Bracks Klasse hat Pläne gezeichnet, 3D-Modell am PC entworfen, dann, erzählt Ape-Bauerin Anna Knöller, wurde in den beiden Klassenräumen einfach drauf losgewerkelt. "Das war rein platztechnisch schon eine logistische Herausforderung. Es mussten vor allem die Maße der Türen und des Fahrstuhls für den Transport beachtet werden." Und dann lüftet sie das Geheimnis: "Alle Fahrzeuge wurden in Einzelteilen gebaut, transportiert und dann im Kunstpavillon zusammengesetzt."

"Crash", Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten am Stachus, Alter Botanischer Garten, Sophienstraße 7 a, bis 20. Mai, Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 13 bis 19 Uhr, Sonn- und Feiertage von 11 bis 17 Uhr.

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