Kulturtipp:Fräulein Militanz

Kulturtipp: Die indische Lyrikerin Meena Kandasamy liest aus ihrem Buch "Fräulein Militanz" über das Dasein der Frauen in ihrer Heimat.

Die indische Lyrikerin Meena Kandasamy liest aus ihrem Buch "Fräulein Militanz" über das Dasein der Frauen in ihrer Heimat.

(Foto: privat)

Die Inderin Meena Kandasamy im Lyrik-Kabinett

Von Stefanie Schwetz

Schwabing - Da ist zum einen ein Kastensystem, aus dem es kein Entrinnen gibt, und eine feste Geschlechterordnung, die Frauen auf die biologische Reproduktion und ihre Sorge für Mann, Kinder und den Rest der Familie reduziert. Da sind die gebildeten Frauen der Oberschicht, die als Hüterinnen einer zivilisierten sozialen Ordnung fungieren. Und da gibt es schließlich die modernen Frauen des 21. Jahrhunderts in den Großstädten, während jene in den Dörfern auf dem Land immer noch nach den Regeln der Vergangenheit leben. Von der Kolonialzeit über die Unabhängigkeitsbewegung bis in die Gegenwart sind indische Frauen in ein gesellschaftliches Korsett geschnürt, das Männern im Gegenzug noch heute genug Schlupflöcher für Vergewaltigung, Belästigung und Ausgrenzung bietet. Die 1984 geborene indische Schriftstellerin, Übersetzerin und feministische Aktivistin Meena Kandasamy hat es sich zur Aufgabe gemacht, gegen all die Tabuthemen, die Frauen in Indien das Leben schwer machen, vorzugehen: Kastenwesen, Prostitution, Vergewaltigung, Unterdrückung und Rassismus. In ihren Gedichten tut sie dies in einer Mischung aus Zorn, Trauer, Ironie - und mit dem Wissen, welch existenzielle Bedrohung all diese Missstände für Frauen darstellen. Man denke nur an die Gruppenvergewaltigung der Studentin Jyoti Singh, die im Dezember 2012 an ihren Verletzungen starb. "Es wird kein Blut in unseren Ehebetten geben. Ihr werdet uns nicht als Gattinnen wählen. Wir sind nicht die, die ihr zu lebenslänglich verurteilen könnt." So postuliert es Kandasamy neben vielen schmerzlichen Zeilen in ihrem 2014 erschienenen Lyrik-Band "Fräulein Militanz". Aus diesem Buch liest die Autorin am kommenden Montag, 29. Juni, um 20 Uhr im Lyrik-Kabinett, Amalienstraße 83 a. Moderiert wird der Abend vom Herausgeber Joachim Sartorius.

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