Kulturprojekt:MS Utting löst Unruhe in Sendling aus

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  • Seit einigen Wochen steht der ausrangierte Dampfer MS Utting auf einer Brücke in Sendling.
  • Das Schiff soll nach Auskunft der Initiatoren seinen "Ausflugscharakter behalten", hat aber derzeit nur eine Genehmigung als Kunstprojekt.
  • In den angrenzenden Stadtvierteln will man nun wissen, wie und wann die Utting künftig bespielt werden soll.

Von Birgit Lotze, Sendling

Sendlings neuer Blickfang ruht seit einigen Wochen auf einer alten Eisenbahnbrücke beim Großmarktgelände: Die MS Utting, die jahrzehntelang Ausflügler über den Ammersee fuhr. Bislang hat die Aussicht die politischen Gremien erfreut: Beide angrenzenden Bezirksausschüsse (BA) sagten einstimmig ja, OB Dieter Reiter (SPD), der mit Kulturreferent Hans-Georg Küppers die ungewöhnliche geplante Kulturbühne in Augenschein nahm, sprach von "Impulsen aus dem Viertel" und vom "Mut der Kulturschaffenden, ihre Ideen mit großem Schwung umzusetzen". Doch der Schwung könnte erlahmen. Zumindest gibt es derzeit viele Irritationen.

Welche Pläne er mit dem Dampfer hat, hatte der Organisator der viel beachteten Überführung Daniel Hahn vor zwei Monaten in den angrenzenden BAs dargelegt. Danach soll das ausrangierte Schiff seinen "Ausflugscharakter behalten". Hahn, Mitbegründer des Vereins Wannda und Betreiber des Kulturprojekts Bahnwärter Thiel, will den Dampfer bespielen lassen, in Zwischennutzung auch als Gastrobetrieb mit ein oder zwei einfachen Gerichten an Deck führen. Bands sollen spielen, so der Plan, Autoren lesen und vieles mehr. Zu Lärmproblemen dürfe es nicht kommen, hatte der 26-Jährige gesagt. "Wir halten uns selbstverständlich an die Vorgaben."

Impressionen
:Der Umzug der MS Utting in Bildern

Am Dienstag und Mittwoch wurde der Ausflugsdampfer in zwei Teilen vom Ammersee auf eine ehemalige Bahnbrücke nach Sendling transportiert, vom Sommer an sollen dort Kulturveranstaltungen stattfinden.

Das bezweifelt jetzt allerdings eine Stadtteilpolitikerin aus der benachbarten Isarvorstadt. Silvia Haas (Grüne) äußerte im Sendlinger BA ihre Bedenken, dass die Veranstaltungen laut werden könnten. Die Kollegen sollten bei Entscheidungen über das Projekt auf die Nachbarn im Dreimühlenviertel, wo auch sie wohnt, Rücksicht nehmen, forderte sie. Dessen Anwohner seien durch Lärm vom Vieh- und Schlachthof und der "Gruam" gebeutelt genug. Misstrauisch gemacht habe sie ein "DJ-Aufkleber" am Schiff. Ihr sei lediglich eine Konzession bis 22 Uhr bekannt.

Auch macht sich Haas Sorgen um die Sicherheit an der Brücke. Nicht nur, dass jetzt schon Ausflügler die Gleise beträten. Sie selbst sei nach einer Besichtigung des Dampfers auf der Brücke wegen der Statik "irritiert" gewesen. Das Schiff sei für den Transport halbiert worden. Hahn habe gesagt, dass das kein professioneller Schlosser übernehmen wollte - auch nicht den Zusammenbau. Auch habe Hahn geschildert, dass die Statikberechnungen an der Brücke an einem Wochenende erledigt waren.

Im Sendlinger BA ist man zwar nicht der Meinung, dass das Schiff, das bislang nicht bespielt wird, von der Brücke fällt. Doch man wundert sich über die Zügigkeit, mit der die Lokalbaukommission eine Baugenehmigung erteilt hat. Wenn der Dampfer bespielbar sei, warum sei der BA nicht informiert, wollte man wissen. Wo seien die Baupläne, die Betriebsbeschreibung? Und wenn es lediglich eine Genehmigung als Kunstobjekt gebe, warum habe der BA bereits eine Zusage, dass er seine Feriensitzung im August dort abhalten könne?

Konzession mit Einschränkungen

Auch Daniel Hahn ist nun irritiert. Selbstverständlich werde der BA einbezogen, das sei doch Teil des Baugenehmigungsverfahrens. Doch das sei nicht eingeleitet, er sei noch im Gespräch mit der Stadt. Derzeit gebe es nur die Genehmigung für ein Kunstprojekt. Die Vorwürfe von Silvia Haas machten ihn "sprachlos". DJ-Aufkleber? Noch sei nicht einmal die Holzvertäfelung im Dampfer gemacht, sagt Hahn. Gegen Lärm gebe es Gesetze. Und dass die Statik nicht stimme - eine Behauptung.

Hahn freut sich vielmehr über die positiven Reaktionen: Dass eine Band, die 1954 auf der MS Utting gespielt hat, dort bald ein Konzert geben kann. Dass ein auf dem Schiff getrautes Ehepaar dort die Goldene Hochzeit verbringen kann. Dass ein Seemannschor dort proben will. "Die Anfragen und Pläne füllen einen Ordner."

Die Lokalbaukommission sagt, die Baugenehmigung wegen des Zeitdrucks zügig erteilt zu haben, da das Schiff nicht im Ammersee bleiben durfte. Das sei unkompliziert über eine Genehmigung als Kunstprojekt möglich gewesen. Derzeit werde über eine mögliche künftige Nutzung der MS Utting gesprochen. Ein dahin gehender Bauantrag liege aber noch nicht vor.

© SZ vom 05.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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