Kulturprojekt:Faust in 500 Variationen

Es soll das größte Festival werden, das München je gesehen hat - und die Welt bewegen

Von Susanne Hermanski

Auf der Homepage kann man sich seit Dienstag davon überzeugen: München mobilisiert seine kulturelle Kräfte für das "Faust-Festival" in einem Ausmaß, dass sich selbst die Initiatoren wundern. 500 Veranstaltungen wird es in dessen Rahmen von 23. Februar bis 29. Juli 2018 geben - mindestens. Auch wenn derzeit keine neuen Partner aufgenommen werden, um aus dem Ist-Stand das gedruckte Programm des Festivals zu erstellen: Von 1. Dezember an sind weitere Einreichungen möglich. "Das Festival bekommt eine Bandbreite und Vielfalt, wie München sie noch nie gesehen hat", sagte Gasteig-Chef Max Wagner bei der ersten Programm-Pressekonferenz im Carl-Orff-Saal.

Wagner hat das Festival gemeinsam mit Roger Diederen, dem Chef der Hypo-Kunsthalle, initiiert. Der Nucleus des Ganzen ist die Ausstellung "Du bist Faust" über das weltweit bekannteste Werk der deutschen Literatur. Was Diederen zeigen wird - wie der Stoff um den rastlosen Gelehrten bildende Künstler von Eugène Delacroix bis Anselm Kiefer, Komponisten und Regisseure immer wieder inspiriert hat - wird durch die facettenreiche Resonanz in München bestätigt. Staatliche Institutionen wie die Oper, das Gärtnerplatztheater und das Residenztheater beteiligen sich ebenso wie die Freie Szene. So wird die Jazzrausch Big Band im Harry Klein eine Technooper aufführen, die den gesamten Club zu einer großen Bühne machen soll. Alle Tänzer, auch die ahnungslosen Besucher, werden mit in die Szenen eingebunden. Zur Walpurgisnacht gibt es unzählige Partys. Der Fauststoff im klassischen Tanz wiederum wird vielen Ballettfreunden ein Wiedersehen mit ehemaligen Stars des Bayerischen Staatsballetts bescheren. Viele Tänzer der Ära Ivan Liška, wie Lucia Lacarra und Marlon Dino, sind heute am Ballett Dortmund. Und das gastiert extra am 9. Juli mit Faust II im Gasteig, der übrigens auch das Festivalzentrum sein wird.

Das Münchner Kammerorchester spielt am 22. März in der Versicherungskammer ein Programm mit dem Titel "Sympathy for The Devil" - der Eintritt kostet nichts, schon gar nicht die Seele. Die Erzdiözese beleuchtet mehrere katholische Kirchen nach den Motiven "Himmel & Hölle". Die Evangelische Akademie veranstaltet eine Tagung, das Münchner Dokumentarfilmfestival und das Filmmuseum beteiligen sich ebenfalls. Gezeigt werden nicht nur Adaptionen des Faust I und II, sondern von Horrordramen über Komödien und Stummfilme mit Livemusik alles, was sich auf das fatale Ringen des getriebenen Gelehrten und die Verführung durch den Teufel sonst noch bezieht.

Es kommt nicht von ungefähr, dass in diesem Jahr auf der Biennale in Venedig der deutsche Pavillon mit einer Faust-Performance von Anne Imhof den Goldenen Löwen holte. Das Thema liegt wegen seiner vielen gesellschaftlichen Bezüge in der Luft wie kaum ein anderes und dies international. Deshalb ist es nicht weiter erstaunlich, dass sowohl das Italienische als auch das Spanische Kulturinstitut eigene Veranstaltungen angemeldet haben: das Instituto Cervantes über "Don Juan, Fausts spanischen Bruder".

Die Konsulate von Österreich, Ungarn und Polen haben ebenfalls schon eigene Projekte angekündigt. Die Stadtväter dürfte das besonders freuen. Das Faust-Festival, so propagiert es auch das Fremdenverkehrsamt, soll nicht nur fröhlich-kreative Kulturleistungsschau für Bayern selbst sein. Geht es nach seinen Initiatoren, will dieses Fest auch international ein Zeichen setzen: München ist mehr als das Oktoberfest. Denn auch wenn Goethe in seinem Faust schreibt - "Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten, Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt" - ein bisschen mehr als Suff hat die Stadt eben doch zu bieten.

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