Kultur und Politik:Tubasound und syrische Lieder

Kultur und Politik: Die Express Brass Band stand gemeinsam mit den syrischen Musikern von Jisr auf der Bühne.

Die Express Brass Band stand gemeinsam mit den syrischen Musikern von Jisr auf der Bühne.

(Foto: Cathrina Hess)

Das Ander Art Festival auf dem Odeonsplatz zelebriert die Vielfalt

Von Jennifer Gaschler

Das 20. Ander Art Festival ist mehr denn je ein politisches Statement: "Es gehört genau hier her, auf den Odeonsplatz - anders als andere Veranstaltungen, bei denen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit propagiert werden", sagte Bürgermeisterin Christine Strobl in ihrer Begrüßungsrede. Und schöner, als bei diesem eintägigen Fest, kann man die Vielfalt der Stadt kaum zelebrieren. Auf der Bühne vor der Feldherrnhalle sitzt in der Mittagssonne eine Combo aus Münchens großartigem Kollektiv "Express Brass Band" rund um Wolfi Schlick, Ehab Abou Fakhar und Abathar Kmash von Jisr, die samt Instrumenten auf der Balkan-Route aus Syrien flohen, und den drei Hipster-Österreichern von Folkshilfe. Dabei ertönt nicht nur eine mitreißende Cross-Over-Musik aus Brass, Jazz, Soul und arabischer Musik - die voll besetzte Bühne wirkt auch als Bildkorrektur: Gewinn durch Vielfalt statt Gefährdung der Leitkultur.

Rund um den Platz stehen Kleiderpuppen, die urbane Mode tragen. Eine weite Leggings etwa, ein geblümtes Kleid und einen Oversize-Mantel. Denn hier präsentiert "Kuniri" Stücke aus einer der ersten Kollektionen, die die Münchner Designer und Schneider mit Geflüchteten produziert haben - erfreulich fern von Ethnodrucken und folkloristischer Tracht, wie sich zeigt.

Dennoch - einige Programmpunkte enttäuschen etwas. Die bayerisch-orientalische Dirndl-Modenschau des Griechen Neat Roustemoglue ist eher eine Werbeveranstaltung von bis zu 5000 Euro teuren Luxus-Wiesn-Outfits. Auch die versprochene, speziell für das Jubiläum verfasste "Spoken Word Festschrift" stellt sich größtenteils als gewöhnlicher Poetry Slam mit Texten aus der Schublade heraus, selbst wenn etwa Fatima Moumouni dabei gekonnt resümiert, dass "Multi-Kulti-Festivals" mehr als Teigtaschen aus fremden Länder bieten können.

Später an diesem sommerlichen Samstagnachmittag ist der klare Publikumsliebling der Lückenfüller in den Umbaupausen. Mitten auf dem Platz sitzen um die zwanzig Musiker von Express Brass Band, Folkshilfe und Jisr im Kreis auf Bierbänken und jammen passioniert, unterstützt von spontan Dazugekommenen. Und wenn dann die Jammer gemeinsam für den am Tag zuvor verstorbenen KZ-Überlebenden Max Mannheimer ein New-Orleans-Trauerlied anstimmen, in das sich alpenländischer Tuba-Sound und syrische Klage-Gesänge mischen, dann ist das weitaus mehr als ein gelungenes Wiesn-Kontrastprogramm.

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