Kritik:Hallelujah

bmw jazz

Perfekte Covers: Gitarrist Manu Codjia, Schlagzeuger Philippe Garcia und Bassist Jérôme Regard bei der Arbeit zum Titelgewinn.

(Foto: Ralf Dombrowski)

Das Trio des französischen Gitarristen Manu Codjia gewinnt den BMW Jazz-Award. Leider ist sein Label gerade pleite

Von DIRK WAGNER

Bescheuert ist das ja schon. Da gewinnt der französische Ausnahmegitarrist Manu Codjia mit seinem Trio den BMW Jazz Award 2015, weil seine Art, bekannte Pophits neu zu interpretieren, eine alte Tugend des Jazz befeuert. Das jedenfalls sagte Oliver Hochkeppel als Sprecher der Fachjury, die im jährlichen Wettbewerb mit wechselnden Motti heuer den besten Jazz-Gitarristen aufzuspüren hatte. Das aktuelle Album "Covers" vom Manu Codjia Trio aber, das jene wunderbaren Coverversionen wie die in der BMW Welt auch live vorgetragenen von Leonard Cohens "Hallelujah", Bob Marleys "Redemption Song" oder Michael Jacksons "Beat It" eint, ist ausgerechnet jetzt, wo dem als Sideman längst etablierten Gitarristen mit ivorischen Wurzeln der Schritt ins Rampenlicht gelingt, vergriffen. Das Plattenlabel ist nämlich pleite, erklärt Codjia.

Dass ihm dann noch während des Auftritts eine Saite reißt, passt also gut in diese Pechsträhne. Doch Codjia überspielt das Malheur mit einer Virtuosität, die die fehlende Saite auditiv nicht vermissen lässt. Solche Flexibilität ist nicht nur wegen der prompten Lösung eines Problems zu bewundern. Viel mehr darf man hier miterleben, wie Codjia sich einen neuen Zugang zum gespielten Stück schafft. Das allein hätte schon gereicht, um ihm den Preis anstelle des ebenfalls im Finale brillierenden österreichischen Gitarristen Alex Machacek mit seinem Fabulous Austrian Trio (FAT) zu überlassen.

Der im Publikum sitzenden Schlagzeugerlegende Pete York war FAT ohnehin "mehr Progrock als Jazz", gleichwohl er dessen Schlagzeuger Herbert Pirker über die Maßen dafür bewundert, dass der aber auch wirklich jedes Teil seines Schlagzeugs, vom Trommelrahmen bis zum Ständer, in das rasante Rhythmusspiel mit einbezieht. Schlagzeugfans sollten darum unbedingt am 8. Mai in die Unterfahrt pilgern, um dort Pirker und den FAT-Bassisten Raphael Preuschl im David Helbock Trio zu erleben.

Manu Codjias Schlagzeuger Philippe Garcia hingegen setzt auch mal seinen Fuß auf die Trommel, um mit einem leichten Druck auf das Fell die Tonhöhe desselben während des Spiels zu variieren. "Die Entscheidung war eine sehr gute. Das Manu Codjia Trio war nun mal das bessere Trio", lobt ein Zuschauer die schwere Arbeit und Entscheidung der Jury und ergänzt: "Hätten die aber FAT den Preis gegeben, hätte ich das auch richtig gefunden, weil FAT nun mal ebenso das bessere Trio war."

Schließlich hätte man statt der Traditionspflege im Jazz auch das Innovative feiern können, so wie es Miles Davis in seiner Autobiografie forderte: "Die Zeiten ändern sich, die Technik, das Material, aus dem die Dinge hergestellt werden - zum Beispiel Autos aus Plastik anstelle Autos aus Stahl. Wenn du heute einen Unfall hörst, klingt das anders als in den vierziger und fünfziger Jahren, wo nur Blech auf Blech gekracht ist." Wie Miles Davis heute klänge, ist vielleicht im nächsten BMW Jazz Award zu hören, das dann dem Motto folgt: "Inspired By Legends".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: