Krise beim TSV 1860 München:Zeitaufschub in letzter Sekunde

Kurz vor Fristende kann der TSV 1860 München die März-Gehälter doch noch überweisen - und die Bürgschaft bei der DFL hinterlegen. Der interessierte Investor aus Abu Dhabi will nun das Unternehmen durchleuchten.

Andreas Burkert und Klaus Ott

Bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sind sie allerhand gewohnt, was kurzfristige Eingaben der Vereine betrifft. Erst Ende Januar hat der 1.FC Köln die Nation blendend unterhalten mit seinem gescheiterten Versuch, kurz vor Meldeschluss den Hamburger Spieler Maxim Choupo-Moting zu verpflichten: Weil ein Faxgerät zweimal bockte, gingen die Papiere zwölf Minuten zu spät ein; der WM-Teilnehmer Kameruns spielt jetzt mit der HSV-Reserve in der Regionalliga Nord.

Maskottchen 1860 München

Die Laune des TSV 1860 München ist wieder besser - auch beim Maskottchen des Vereins. (Archivbild)

(Foto: dpa)

So tief möchten die Münchner Löwen nicht fallen, deshalb kämpften sie auch am Freitag verzweifelt gegen ihre faktische Zahlungsunfähigkeit und einen weiteren Punktabzug. Zumindest diesen Wettlauf mit der Zeit hat der TSV 1860 erfolgreich bestritten, denn gegen 16 Uhr und somit absolut pünktlich schickte der Verein die von der DFL geforderte Sicherheit für die laufende Saison in Höhe von rund 1,7Millionen Euro nach Frankfurt - und zahlte die noch ausstehenden Gehälter.

"Wir haben die März-Gehälter angewiesen", bestätigte 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer am Freitagnachmittag der SZ. Und Präsident Dieter Schneider fügte hinzu: "Wir haben jetzt eine saubere Zwischenfinanzierung hinbekommen in Zusammenarbeit mit einer Hausbank und dem Umfeld von Sechzig. Wir hätten sonst etwas unterschreiben müssen, was nicht ideal gewesen wäre."

Gemeint ist wohl ein Verkauf von 1860- Anteilen für einen unwürdigen Preis. Dass der von der Pleite bedrohte Traditionsklub dauerhaft gerettet sei, konnte Schäfer naturgemäß nicht bestätigen. Aber er klang zuversichtlich, als er sagte: "Wir haben nun genug Zeit, um unser tragfähiges Konzept umzusetzen."

Die DFL hatte zum Quartalsbeginn den nächsten Liquiditätsnachweis gefordert - "in cash", wie Präsident Schneider betonte. Ein Teil stammt laut AZ von einem Gläubiger. Dieser, ein umstrittener Spielervermittler aus Berlin, will und soll aber nach dem weiterhin geplanten Einstieg eines arabischen Investors umgehend komplett ausgezahlt werden.

Sofern es sich beim Nachweis der Sechziger nicht um einen schlechten Aprilscherz gehandelt hat, hätten sie sich wertvolle Zeit für den angestrebten Deal mit dem Geschäftsmann aus Abu Dhabi erkauft. Der Verein ist mit 14 Millionen Euro verschuldet und benötigt allein in den nächsten Wochen noch etwa acht Millionen Euro an frischem Geld: um die finanzierung der nächsten Saison bei der DFL nachzuweisen und Rechnungen zu begleichen.

Ernstzunehmend und seriös

Die größten Hoffnungen der Sechziger gelten weiterhin dem arabischen Geschäftsmann, mit dem sie über einen Münchner Banker seit einer guten Woche in Kontakt stehen. Die Absichten des Arabers sind derart ernstzunehmend und seriös, dass er für seinen Einstieg viel mehr Zeit benötigt, als die Löwen eigentlich haben: Der Mann will nun erst einmal eine due diligence durchführen, eine Art Betriebsprüfung, bei der die ganze Firma von Anwälten und Wirtschaftsprüfern durchleuchtet wird.

So geschieht das normalerweise beim Einstieg in Unternehmen oder bei deren Übernahme. Angesichts dieses Aufwandes gilt das Interesse des Investors als verbrieft. Doch der Vorgang dürfte ein bis zwei Wochen in Anspruch nehmen, sämtliche Papiere sollen offenbar übersetzt werden.

Dem Vernehmen wird sogar die komplette Übernahme der Löwen-Anteile angestrebt. Und das wäre sogar möglich, sofern die der 1860-KGaA übergeordnete Geschäftsführungs-GmbH des Klubs mindestens 51 Prozent der stimmberechtigten Anteile hält; ähnliche Modelle hat die DFL in Hoffenheim und Dortmund gestattet. Der Investor aus dem Emirat am Persischen Golf möchte zunächst zehn bis zwölf Millionen Euro hinlegen und danach seine Einlage sukzessive erhöhen: Die Rede ist sogar von einem Investment auf Sicht in Höhe von insgesamt rund 35 Millionen Euro.

Der Deal mit Abu Dhabi wird auch deshalb favorisiert, weil eine Bankenlösung kaum noch wahrscheinlich ist: Nach SZ-Informationen tagten Präsident Schneider und Geschäftsführer am Freitag wieder stundenlang mit jenen Geldinstituten, die den für das Überleben notwendigen 10-Millionen-Euro-Kredit stellen sollen. Der Durchbruch gelang abermals nicht. Die Sechziger hätten nach wie vor "wesentliche Hausaufgaben" nicht erledigt, heißt es. Es fehlten angeblich Zusagen von Geldgebern und Sicherheiten.

Andererseits verbuchten Schneider und Schäfer neben der kurzfristigen Zwischenfinanzierung am Freitag einen weiteren Erfolg: Sofern die Sechziger im Mai die Lizenz für die nächste Saison erhalten, könnten sie wohl auf einen neuen Sponsor zurückgreifen: Wie die SZ erfuhr, wurden ausgangs einer turbulenten Woche für den in Gibraltar gemeldeten Sport-Wettanbieter Bet3000 über Anwälte bereits Verträge über ein Engagement aufgesetzt - es würde 1860 München in den nächsten drei Spielzeiten jeweils mindestens 1,5 Millionen Euro Einnahmen garantieren; der bisherige Hauptsponsor des TSV hatte zuletzt eine Ausstiegsklausel in Anspruch genommen und zum Ende dieser Spielzeit gekündigt.

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