Kriminalität:München bleibt die sicherste Stadt Deutschlands

Bundespolizei testet Bodycams am Münchner Hauptbahnhof, 2016

Die Bundespolizei hat am Hauptbahnhof Bodycams getestet. Ab September werden sie auch bei der Münchner Polizei eingesetzt.

(Foto: Florian Peljak)
  • Statistisch gesehen ist München die sicherste Stadt Deutschlands. Die Zahl der Straftaten ist um 4,2 Prozent gesunken.
  • Zuwanderer machen 5,9 Prozent der Tatverdächtigen aus.
  • Sowohl bei den Tatverdächtigen, als auch bei den Opfern von Straftaten sind Nicht-Deutsche überrepräsentiert.

Von Martin Bernstein

Der FC Bayern München kann da vor Neid erblassen: "Wir sind zum 40. Mal hintereinander deutscher Meister", sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä am Freitag bei der Vorstellung des Sicherheitsreports 2015 für Stadt und Landkreis. In keiner deutschen Großstadt lebt man demnach so sicher wie in München.

Die Zahlen zeigen auch, dass von einer gestiegenen Kriminalität durch Zuwanderer keine Rede sein kann. Im Gegenteil: Sieht man von den ausländerrechtlichen Delikten ab - also formalen Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz oder gegen das Asylverfahrensgesetz -, dann ist die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr um 4,2 Prozent zurückgegangen. "Dies ist ein bemerkenswerter Tiefstwert", sagte Andrä, "denn er bedeutet trotz Bevölkerungszuwachs einen Rückgang um 14,1 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich."

Wenn immer wieder kolportiert wird, auf Münchens Straßen könne man sich nicht mehr sicher fühlen, dann ist das vor allem eines: falsch. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Mit einem Minus von 11,5 Prozent ist die Straßenkriminalität stark zurückgegangen. Gleiches gilt für Sexualdelikte, Rohheits- und Gewaltdelikte sowie für Einbrüche und Diebstähle. "Natürlich wissen wir", so Andrä, "dass insbesondere die Vorfälle von Köln das Sicherheitsgefühl der Bürger erheblich beeinträchtigt haben."

Das "angstmotivierte persönliche Aufrüsten", sei es mit Pfeffersprays oder gar mit Schreckschusspistolen, hält der Polizeipräsident aber vor dem Hintergrund der objektiven Zahlen für "weit überzogen". Es gebe eine ungebrochen hohe Motivation der rechten Szene, latente Ängste in der Bevölkerung vor Fremden zu schüren und zu verstärken. Rechte Hetzkampagnen führten in München jedoch bislang "zu keiner erkennbaren Resonanz". Andrä findet das "sehr erfreulich und bemerkenswert".

Zuwanderer machen 5,9 Prozent der Tatverdächtigen aus

Für den Polizeipräsidenten ist es deshalb umso wichtiger, Kriminalität im Kontext der Zuwanderung sehr differenziert und genau zu betrachten. Und da zeigt sich, dass Zuwanderer - wie in der Statistik Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge, Geduldete und Illegale zusammengefasst werden - 5,9 Prozent der Tatverdächtigen ausmachen. Fast ein Viertel der ihnen zur Last gelegten Delikte waren einfache Diebstähle. Sexualdelikte spielen mit 1,3 Prozent eine geringe Rolle. 38,1 Prozent der insgesamt 894 Rohheitsdelikte (dazu gehören Raub, Nötigung und Körperverletzung) wurden in Flüchtlingsunterkünften begangen.

Und in der überwiegenden Zahl der Rohheitsdelikte waren andere Zuwanderer die Opfer. Wie oft Zuwanderer Opfer von Tötungs-, Sexual- und Rohheitsdelikten wurden, ist in der Statistik für 2015 noch nicht erfasst. Die Anzahl nichtdeutscher Opfer allgemein lag bei 36,9 Prozent - bei einem Bevölkerungsanteil von 22 Prozent. Nichtdeutsche sind also sowohl unter den Opfern als auch unter den Tatverdächtigen (47 Prozent) überrepräsentiert.

13 rechtsgerichtete Übergriffe auf im Bau befindliche oder bereits bewohnte Asylbewerberunterkünfte verzeichnete die Polizei im vergangen Jahr in Stadt und Landkreis. Andrä: "Wir nehmen jeden Fall sehr ernst und ermitteln sehr intensiv."

Zwei Problembereiche sieht Harald Pickert, der Leiter der Kriminalitätsbekämpfung. Doch der eine - nächtliche Exzesse in den Münchner Ausgehvierteln - hat nichts mit Ausländerkriminalität zu tun, der andere ist klar lokalisierbar: der Münchner Hauptbahnhof und sein direktes Umfeld. Dort hätten sich tatsächlich mehrere Szenen etabliert, in denen es um Alkohol, Prostitution und Rauschgifthandel geht.

Mit der Bundespolizei, dem Sicherheitsdienst der Bahn und dem städtischen Kreisverwaltungsreferat habe man einen runden Tisch etabliert, um gemeinsam dagegen vorzugehen. Laut Pickert sind unter den Personen, die am Hauptbahnhof Cannabisprodukte verkaufen, auch immer wieder Zuwanderer. Mehr als die Hälfte der Tatorte der 483 Rauschgiftdelikte, in denen Zuwanderer im vergangenen Jahr die Tatverdächtigen waren, lag im oder am Hauptbahnhof. Auffallend ist, dass die Tatverdächtigen häufig nicht aus München kommen.

Bei der Polizei geht man der Hypothese nach, dass es sich um organisierte Aktionen handelt, bei denen Migranten möglicherweise unter Zwang ihren Schleuserlohn "abarbeiten" müssen. Das Polizeipräsidium München steht dazu im ständigen Austausch mit anderen Polizeidienststellen im Bundesgebiet. Momentan, so der Leitende Kriminaldirektor Pickert, sei der Verdacht aber "noch nicht zu belegen".

Body Cams und Betrunkene

Münchner Polizisten werden von September an ausgerüstet mit einer Body Cam, also einer am Körper angebrachten Kamera, auf Streife gehen. Freilich nicht flächendeckend im gesamten Stadtgebiet. Bei dem Pilotprojekt, das gemeinsam mit den Polizeipräsidien in Augsburg und Rosenheim gestartet wird, sollen zielgerichtet Ausgehviertel wie das Werksviertel am Ostbahnhof oder die sogenannte Feierbanane in der Innenstadt angesteuert werden. Erklärtes Ziel des Polizeipräsidiums ist der Schutz der eigenen Beamten. "Nach wie vor sind unsere Beamten zahlreichen gewalttätigen Attacken und Angriffen ausgesetzt", sagt Polizeipräsident Hubertus Andrä. Polizisten würden im Einsatz beleidigt, bespuckt, bedroht, geschlagen und getreten. In den meisten Fällen seien die Täter erheblich alkoholisiert. Randalierende Betrunkene - ihnen ist auch eine zweite Neuerung zugedacht, die die Münchner Polizei in diesem Jahr auf den Weg bringen will. Möglichst angeschlossen an ein Krankenhaus soll eine zentrale Ausnüchterungseinheit entstehen. Die Verhandlungen mit der Stadt laufen bereits. Wie so etwas aussehen kann, macht das Polizeipräsidium Stuttgart seit 15 Jahren vor. In einer Zentralen Ausnüchterungseinheit mit insgesamt 15 videoüberwachten Plätzen in acht Zellen versehen ein Arzt oder eine Ärztin gemeinsam mit Polizeibeamten ihren Dienst. Der Arzt garantiert jede Nacht die medizinische Betreuung hilfloser Personen, kann Komplikationen rechtzeitig erkennen und im Notfall sofort mit der medizinischen Versorgung beginnen. Andererseits ist das medizinische Personal durch die Polizisten vor Randale und Übergriffen Betrunkener geschützt. Etwas Ähnliches gibt es bereits auf der Wiesnwache der Münchner Polizei während des Oktoberfests. bm

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