Kriminalität:Mehr Straftaten in München

Kriminalität: Mehr Straftaten, aber auch eine höhere Aufklärungsquote: Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä stellte den Sicherheitsreport für 2014 vor.

Mehr Straftaten, aber auch eine höhere Aufklärungsquote: Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä stellte den Sicherheitsreport für 2014 vor.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Zahl der Straftaten in München ist vergangenes Jahr mit 122 626 Fällen deutlich angestiegen. Allerdings konnte die Polizei fast zwei Drittel davon klären.
  • Bei der Vorstellung des Sicherheitsberichts für 2014 sprach sich Polizeipräsident Hubertus Andrä für die Vorratsdatenspeicherung aus.
  • Sorgen bereitet der Polizei ein gutes Dutzend junger Münchner muslimischen Glaubens, die in Syrien gegen das Assad-Regime kämpfen oder die von dort zurückkehren.

Von Martin Bernstein

Digitale Spuren im Sand

Der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä hat sich am Dienstagmittag bei der Vorstellung des Sicherheitsberichts 2014 für die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. "Nur allzu häufig verlaufen erfolgversprechende digitale Spuren im Sand, da Kommunikationsspuren organisierter Banden durch die Telefonanbieter vorzeitig gelöscht werden", so Andrä.

Hintergrund seiner Forderung ist der starke Anstieg der Einbruchskriminalität im Bereich des Polizeipräsidiums - also in der Stadt und im Landkreis München. Die Zahl der Wohnungseinbrüche nahm im Vorjahr um ein Viertel zu. 6432 Einbrüche in Gebäude sei zwar im Vergleich zu anderen Städten noch immer ein "niedriges Niveau", so Andrä, doch: "Ein Einbruch in eine Wohnung hinterlässt nicht nur materielle, sondern vor allem auch seelische Wunden."

In den letzten Monaten hat sich die Zahl der Wohnungseinbrüche laut Polizeipräsidium deutlich verringert - möglicherweise ist das auch ein Verdienst von Kommissar Computer: In einem Pilotprojekt signalisiert das Computerprogramm Precobs den Beamten, wo in nächster Zeit verstärkt mit Einbrüchen zu rechnen ist.

Mit 122 626 Fällen ist die Gesamtzahl der Straftaten in Stadt und Landkreis München deutlich gestiegen. Und doch ist die tatsächliche Kriminalitätsbelastung nahezu gleichbleibend niedrig. Andrä erklärt dieses Paradox damit, dass die Zunahme fast ausschließlich "auf die formell illegale Einreise von Asylbewerbern aus den Krisenregionen zurückzuführen" sei. Mehr als 13 000 dieser "ausländerrechtlichen Delikte" verzeichnet die Kriminalstatistik für 2014.

Salafisten und "Gefährder"

Die Aufklärungsquote der Münchner Polizei ist erneut gestiegen: Fast zwei Drittel (62,7 Prozent) aller begangenen Straftaten konnten von den Beamten an der Ettstraße und in den Inspektionen aufgeklärt werden. Besonders groß ist der Rückgang der Delikte bei der Gewaltkriminalität (um fünf Prozent) und bei sogenannten Rohheitsdelikten (minus acht Prozent). 40 Prozent der Gewalttäter waren laut Andrä alkoholisiert - die Zahl der unter Alkoholeinfluss verübten Gewalttaten nahm indes ab.

Sorgen bereitet der Münchner Polizei eine gutes Dutzend junger Münchner muslimischen Glaubens, die nach Syrien ausreisen, um dort mit der Waffe in der Hand für eine extremistische Organisation gegen das Assad-Regime zu kämpfen, oder die von dort zurückkehren. Insgesamt 14 solcher Personen aus der salafistischen Szene sind der Münchner Polizei bekannt. Gegen sie laufen Ermittlungsverfahren wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährenden Gewalttat. 16 Personen werden von der Münchner Polizei als "Gefährder" im Bereich Islamismus eingestuft - so der Stand von Ende März.

Mehr Straftaten aus dem rechten Spektrum

Stark angestiegen ist die Zahl politisch rechts motivierter Straftaten (plus 9,2 Prozent), vor allem durch Fälle von Volksverhetzung und durch Sachbeschädigungen. 215 rechte Propagandadelikte registrierte die Münchner Polizei im vergangenen Jahr, 178 Fälle von Volksverhetzung, Nötigung, Bedrohung und Sachbeschädigungen durch Täter aus dem rechten Spektrum. 24 von Rechtsradikalen verübte Gewaltdelikte wurden aktenkundig, in 18 dieser Fälle konnten die Beamten die Täter ermitteln.

Nicht so den Überfall auf ein junges Paar am 13. Dezember in der Heßstraße. Dort war am Abend auf offener Straße ein 24-jähriger Pakistani angegriffen und mit dem Messer verletzt worden. Der Täter hatte den Mann zuvor mit rassistischen Parolen bedroht und flüchtete nach dem Überfall mit dem Fahrrad.

Appell an Fußballvereine

Stellung nahm Andrä auch zur Fanproblematik rund um die Fußballstadien. Das Regionalliga-Derby am Ostermontag habe "sehr deutlich" gezeigt, "dass bei einzelnen Spielen die Sicherheit in und um die Stadien nur durch ein massives Polizeiaufgebot gewährleistet werden kann". Andrä appellierte an die Vereine, "konsequent und nachhaltig gegen gewaltbereite Fußballfans vorzugehen". Gewalt, Rassismus und Pyrotechnik dürften nicht geduldet werden.

Zuletzt hatten Vereine, Stadt und Polizei sich Ende April darauf verständigt, dass die Regionalligaderbys der Bayern und der Löwen auch in Zukunft im Stadion an der Grünwalder Stadion ausgetragen werden sollen. Das Stadion gilt wegen seiner Lage mitten in der Stadt als sicherheitstechnisch problematisch. Dennoch ist ein Umzug in die Arena derzeit keine Option. Am Ostermontag hatte die Polizei 1200 Beamte aufgeboten, um Zusammenstöße rivalisierender Fangruppen und Ausschreitungen zu verhindern.

"Großeinsatz inszeniert"

Das Münchner Fanprojekt und diverse Ultra-Vereinigungen hatten dieses Vorgehen scharf kritisiert: Die Polizei, so ihr Vorwurf, habe diesen Großeinsatz inszeniert, um härter gegen die Fanszene vorgehen zu können. Dass es am Ostermontag keine Zusammenstöße gegeben habe, sei weniger dem massiven Polizeieinsatz geschuldet als der internen Arbeit der Fans im Vorfeld.

Die beiden Seiten zusammenzubringen hat vergangene Woche auch das Landgericht München versucht: Ein wegen Landfriedensbruchs am Rande eines Bundesligaspiels verurteilter Bayern-Ultra war dazu verdonnert worden, künftig bei Hochrisikospielen auch mit der Polizei zusammenzuarbeiten und Brücken zwischen Fans, Verein und Sicherheitsbehörden zu bauen. Ziel der Auflage: Deeskalation.

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