Kreissägen-Mord:"Ich habe keinen Hass, das ist schlimm für uns alle"

Auftakt im Mordprozess gegen Pädagogik-Studentin

Die Angeklagte Gabi P. beim Prozessauftakt.

(Foto: dpa)
  • Im Prozess gegen Gabi P., die ihren Freund mit einer Kreissäge getötet haben soll, sagt die Mutter des Opfers aus: Sie schildert die Beziehung als gleichberechtigt.
  • Aus den Befragungen wird allerdings klar, dass Gabi P. sich von Alexander H. massiv unter Druck gesetzt und gedemütigt fühlte.
  • Das Verbrechen wurde wohl nur entdeckt, weil der heutige Freund der Angeklagten auf einer Party davon erzählte.
  • Als die Polizei schließlich bei ihr vor der Tür stand, gab sie offenbar alles sofort zu.

Von Susi Wimmer

Wenn Kinder vor ihren Eltern sterben, dann scheint das wider die Natur zu sein. Wenn die Kinder auch noch gewaltsam zu Tode kommen, muss für die Eltern das Weiterleben ein Martyrium sein. Was Marianne H. am Dienstag vor Gericht durchgemacht haben muss, mag man sich kaum vorstellen: An der Richterbank werden ihr als Nebenklägerin die Fotos von der Obduktion ihres Sohnes vorgelegt.

Ihr Sohn ist Alexander H., der Mann, der im Dezember 2008 bei einem Sexspiel von seiner Freundin mit einer Kreissäge getötet worden sein soll. Marianne H.s Schultern zucken, sie weint. Keinen Meter neben der Mutter steht Gabi P. - die Frau, die wegen Mordes an Alexander H. auf der Anklagebank sitzt.

"Es geht einigermaßen", sagt die 69-Jährige wenig später im Zeugenstand. Jahrelang war ihr Sohn verschwunden; als sie dann am 20. Januar 2016 traurige Gewissheit über seinen Tod hatte, "da ging es mir schlecht". Schlafstörungen, Ängste, "man hat das Urvertrauen verloren". Und als der Richter sie nach der Angeklagten Gabi P. fragt, sagt sie, sie kenne die Freundin ihres Sohnes als ruhig und zurückgenommen. Und dann fügt sie hinzu: "Ich habe keinen Hass, das ist schlimm für uns alle."

Die Mutter schildert ihren Sohn Alexander Sebastian, sie nennt ihn Sebastian, als intelligenten, humorvollen und liebenswürdigen Menschen. "Er war individualistisch wie meine beiden anderen Kinder auch, aber nie aggressiv", sagt sie. Von einer Borderline-Störung, wie von Gabi P. behauptet, wisse sie nichts. Die Beziehung der beiden habe sie als auf Augenhöhe empfunden, wenige Monate vor der Tat, im August 2008, sei noch ein Foto von den beiden auf einer Familienfeier aufgenommen worden. Von dunklen Wolken keine Spur. Nur einmal, auch 2008, sei ihr Sohn zusammen mit Gabi und einer weiteren Frau, die vermutlich Kinga hieß, bei ihr zu Hause aufgetaucht. Das habe sie nicht einordnen können. Aber sie habe ihm gesagt: "Tu' Gabi nicht weh." Nach dem Tod von Alexander H. setzte Gabi P. das Gerücht in die Welt, er sei mit Kinga nach Rumänien gegangen.

Bei der Befragung durch den Vorsitzenden Richter Michael Höhne kommen Aussagen der Angeklagten ans Licht, die am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen wurden. So soll Alexander H. seine Freundin unter Druck gesetzt haben, sehr dominant gewesen sein, sie geschlagen, getreten, Sado-Maso- und Fäkalsex verlangt haben. Höhnes Fragen ist auch zu entnehmen, dass das Paar mit Kinga eine Dreierbeziehung führte und dass Gabi P. froh war, dass nicht mehr so viel Druck von ihm auf ihr laste. Nein, sagt die Mutter, von all dem habe sie nichts mitbekommen.

Auf dem Richtertisch werden die Asservate ausgepackt. Eine Kreissäge, nicht das Original, sondern ein Vergleichsmodell, eine grün-gelbe Schwimmbrille, abgeklebt an den Sichtfenstern, mit Damenstrümpfen als Brillenbändern. Als die Polizei mit einem Spezialteam des Bundeskriminalamts am 20. Januar 2016 die Leiche von Alexander H. im Garten ausgrub, saß die Brille noch auf dem Schädel des Leichnams.

Im Rausch sagt Christian K.: "Wir sind Mörder"

Dass das Tötungsdelikt überhaupt ans Tageslicht kam, ist dem aktuellen Freund von Gabi P., Christian K., zu verdanken, wie ein Beamter der Mordkommission berichtet. Christian K. hatte ihr geholfen, die Leiche im Garten zu vergraben und später im Rausch bei einer Party einem Freund erklärt: "Wir sind Mörder." Und dass im Garten eine Leiche vergraben sei. Über drei Ecken gelangte die Aussage an eine Bekannte, die Ende 2015 am Bodensee zur Polizei ging und das Gehörte erzählte. Daraufhin ermittelte die Münchner Mordkommission und stellte fest, dass ein Alexander H. tatsächlich seit Dezember 2008 verschwunden war.

Gabi P.s neuer Freund, der nun wegen Strafvereitelung in Haft sitzt, schrieb in einer E-Mail an den damaligen Gesprächspartner: "Alter, geht's noch, Du hast uns verraten." Gefolgt von Drohungen. Richter Höhne bat die Polizei, bei P.s Freund eine Gefährderansprache zu halten, wenn der aus der Haft entlassen wird.

Das Haus in Haar beschreiben die Beamten als modrig riechend, unordentlich und unhygienisch. Es fanden sich an verschiedenen Stellen Drogen, und in der Garage, die aussah wie eine Rumpelkammer, in einer Tüte die Tagebücher von Gabi P. Darin schildert sie unter anderem die Tat.

Als die Mordkommission an jenem Januarmorgen bei ihr klingelte, reagierte sie überrascht. Auf die Frage, wo die Leiche liege, habe sie mit einer vagen Handbewegung zum Garten gedeutet und "draußen beim Kompost" gesagt. Ob das gegrabene Loch tief sei? Nicht so tief, habe sie gesagt. Nur bei der Frage, ob noch mehr Leichen im Garten seien, schreckte sie hoch. "Nein. Der Alex ist der Einzige." Die Tatwaffe? Da habe sie mit der Hand eine Kreisbewegung gemacht und gesagt: "So ein Ding, mit dem man Bretter schneidet." Wo sie ihren Freund geschnitten habe, wollte der Kripomann wissen. Sie deutet auf seine Brust. Ob Alexander H. gleich tot gewesen sei? Antwort: "Was heißt gleich?" Mutter Marianne H. zittert am ganzen Körper und weint. Der Prozess wird fortgesetzt.

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