Kräftemessen auf der Wiesn:Bedienung versus Gast

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Wie viele Schritte legt eine Wiesnbedienung am Tag zurück? Und wie kräftezehrend sind fünf Maß plus eine Fahrt im Skyfall? SZ.de hat einen Tag lang eine Kellnerin und einen Gast auf dem Oktoberfest begleitet - und sie auf Herz und Nieren geprüft. Für wen die Wiesn anstregender ist.

Von Anna Fischhaber und Ingrid Fuchs

Das Mädchen springt auf die Bank. "Bier", brüllt sie. Ihre Freunde stimmen in den Chor ein. Nur ein junger Mann singt nicht mit, er ist zu ihren Füßen eingeschlafen. Auch in den Gängen zwischen den Tischen wird getanzt und gerempelt, Eva versucht sich durchzuschieben. Ein Mann mit Maßkrughut zerrt an ihrem Arm, die Bedienung schwankt, gerade noch kann sie die zehn Bierkrüge an sich drücken.

Zu diesem Zeitpunkt ist es nicht einmal zwölf Uhr mittags, doch die Stimmung im Hofbräuzelt ist bereits auf ihrem bierseligen Höhepunkt. 10.000 Plätze hat das größte Festzelt der Wiesn. Für Eva, 28, Studentin in München und in diesem Jahr zum ersten Mal Wiesnbedienung, bedeutet das: laufen, schleppen, kassieren. Eine Runde nach der anderen, unter Bedingungen, die an Extremsport erinnern. 16 Tage lang, zwölf Stunden am Tag.

Noch wirkt Eva gut gelaunt - und ziemlich motiviert. Sie lächelt viel und summt mit, wenn die Kapelle spielt. "Das dauert bestimmt bis Weihnachten, bis ich die Wiesnhit-Ohrwürmer wieder loswerde", sagt sie und lacht. Und der Stress? "Am liebsten arbeite ich tatsächlich abends, wenn am meisten los ist", sagt Eva. Doch wie hart ist so ein Job als Wiesnbedienung wirklich?

Um das herauszufinden hat Süddeutsche.de Eva am zweiten Wiesnsamstag mit einem Schrittzähler und einem Brustgurt ausgestattet, der ihre Herzfrequenz misst (rot). Zudem wurde gezählt, wie viele Kalorien sie zu sich nimmt. Auch Fabian, 33, Biologe aus München, hat den Tag auf dem Oktoberfest verbracht - als Besucher allerdings. Während des Studiums jobbte er selbst hier als Zigarettenverkäufer, inzwischen nimmt er sich regelmäßig Ende September Urlaub. Bei seinem Wiesnbesuch wurde er ebenfalls auf Schritte, Kalorien und Herzfrequenz überprüft (blau).

Bierfest und Wissenschaft - das passt natürlich nur bedingt zusammen. Zumal das Sammeln von Daten im Wiesnwahnsinn nicht immer leicht war. Dennoch liefert der Check interessante Ergebnisse.

Wiesn-Bedienung Eva und Wiesn-Besucher Fabian: Wessen Tag ist härter? (Foto: Süddeutsche.de)

Ausschläge bei der ​Herzfrequenz

Eva und Fabian sind beide um die 30 und sportlich. Sie hat monatelang für ihren ersten Wiesnjob im Fitnessstudio trainiert, er geht regelmäßig zum Sport. Gemessen wurde jeweils die Herzfrequenz mittels Brustgurt und einem kleinen Trainingscomputer. Der Ruhepuls von Eva ist ein weniger niedriger als der von Fabian (85 zu 90), Spitzenwerte erreichte nur der Wiesngast im Fahrgeschäft. Selbst als Eva ein Tablett mit acht Hendl durch das volle Zelt tragen muss, bleibt ihre Herzfrequenz niedriger.

Überraschung bei den Schritten

Bei der Schrittanzahl gibt es eine Überraschung: Eva legte nur drei Kilometer mehr zurück als Fabian - vielleicht, weil der Bereich, in dem sie arbeitet, so nah an der Schänke ist und im Hofbräu ein Durchkommen kaum möglich. Fabian hat dagegen Probleme, einen Platz zu finden, und zieht von Zelt zu Zelt. Die Schritte wurden bei beiden mit einem kabellosen Tracking-Armband-Chip gemessen.

Kalorienbombe Bier

Bei den Kalorien liegen die beiden ungefähr gleich auf. Fabian hat vor allem Bier zu sich genommen, Eva dagegen Energieriegel, Obst und Schokolade. Nicht berechnet haben wir den Kalorienverbrauch: Während Eva den ganzen Tag quasi Kraftsport macht, lässt es sich Fabian auf der Wiesn ziemlich gut gehen.

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