Restaurant Chez Philippe:Lieb - aber zu teuer

Restaurant Chez Philippe: Seit knapp zehn Jahren bietet der Wirt Philippe Lelodey zusammen mit seinem Koch Gaël Tatibouet französische Küche im traditionellen Stil an.

Seit knapp zehn Jahren bietet der Wirt Philippe Lelodey zusammen mit seinem Koch Gaël Tatibouet französische Küche im traditionellen Stil an.

(Foto: Catherina Hess)

Das Chez Philippe hat sich in einer Ecke etabliert, in der man nicht mit bester französischer Küche rechnet: in Obergiesing. Das Restaurant überzeugt im Service und im Kleinen - nicht jedoch bei den Hauptgerichten.

Von Moritz Mayer-Rahn

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Die Gegend rund ums Sechzger-Stadion gehört nicht gerade zu den Münchner Vorzeige-Vierteln. Von der vielbeklagten Gentrifizierung Giesings ist in diesem Zipfel, wo von rechts der Mittlere Ring aus dem Untergrund auftaucht, noch wenig zu spüren. Auch kulinarisch ist diese Ecke eher eine Einöde. Hier hat einst der erste deutsche McDonald's aufgemacht (den es immer noch gibt), wenige Meter weiter erinnert eine der wenigen verbliebenen Wienerwald-Gaststätten an längst vergangene Zeiten. Gehobene Gastronomie würde man hier weder vermuten noch suchen. Also bloß nichts wie weg?

Nicht so vorschnell: Ausgerechnet hier, in dem Zwickel zwischen Martin-Luther-Straße und Tegernseer Landstraße, direkt hinter einem großen Gebrauchtwarenhändler, hat sich mit der Brasserie Chez Philippe ein Franzose eingenistet. Seit knapp zehn Jahren bietet der Wirt Philippe Lelodey hier zusammen mit seinem Koch Gaël Tatibouet französische Küche im traditionellen Stil an. Was für sich genommen schon erstaunlich genug ist. Noch erstaunlicher ist, dass es das Lokal schon viel länger gibt. 1989 hat Lelodey seine Brasserie im Glockenbachviertel aufgemacht - und den Umzug in die Giesinger Diaspora ganz offensichtlich gut überlebt. "Über 90 Prozent meiner Gäste sind geblieben", erzählt Lelodey.

Wenig Konkurrenz in München

Das hat einerseits damit zu tun, dass französische Restaurants in München dünn gesät sind. Zum Griechen, Italiener oder Asiaten kann man an jeder Ecke gehen, zum Franzosen nicht. Andererseits liegt es aber an der gemütlichen Bistro-Atmosphäre, dem überaus aufmerksamen Service und der Küche des Lokals. Denn im Chez Philippe geht es nicht um irgendwelchen kalorienarmen Haut-Cuisine-Schnickschnack, sondern um die eher kräftigen Klassiker der französischen Esskultur.

Und die haben durchaus ihren Preis. Billig kommt ein Besuch im Chez Philippe nicht, die Vorspeisen kosten zwischen 12,50 und 13,50 Euro, die Hauptgerichte liegen in einer Zone zwischen knapp unter 25 Euro bis knapp unter 30 Euro. Für Gedeck und Brot werden noch mal 1,80 Euro pro Person fällig. Von den Preisen wird später noch einmal die Rede sein.

Die Speisekarte ist zweigeteilt. Man kann sich seine Gerichte aus einer kleinen, ständig wechselnden Tageskarte selber zusammenstellen. Oder man lässt sich vom Koch überraschen und wählt das Menü Surprise, wahlweise mit drei oder vier Gängen, bei dem man lediglich nach speziellen Abneigungen gefragt wird und ansonsten nur die Wahl zwischen Fisch und Fleisch treffen kann. Daneben stehen auf einer Schiefertafel noch einige Klassiker, die es immer gibt.

Hervorragend im Kleinen

Zum Beispiel die vorzüglichen Schnecken, die wunderbar zart und mit genau der richtigen Knoblauch-Dosierung serviert wurden (9,50). Auch bei der kalten Joghurt-Gurken-Dillsuppe mit Lachs-Frikadellen (6,50) passte alles. Das Rindertartar mit frischen Kräutern an weißem Rettich-Carpaccio mit Himbeer-Reduktion war eine Spur zu kalt, was aber möglicherweise eine Vorsichtsmaßnahme an einem sehr heißen Sommerabend war. Das Lachstartar auf Sommersalaten mit Spargelstücken, Vorspeise des Überraschungsmenüs, war zwar einerseits wirklich leicht und sommerlich, andererseits aber auch geschmacklich wenig aufregend.

Weil die Küche ihre Stärken vor allem bei den kleinen Dingen ausspielt, müssen hier zunächst die Nachspeisen (alle 9,00) gerühmt werden. Sowohl die Basilikum-Mousse mit Erdbeerkern und bretonischem Biskuit, als auch die Spezialität des Hauses, ein Croquant mit Erdbeeren, Vanille- und Rote-Früchte-Soße, waren so, wie man sich einen Nachtisch wünscht: fein und leicht und nicht zu süß. Das hätte auch für die Aprikosen-Tarte gegolten, bei der sich die Aprikosenstücke allerdings als glühend heiß erwiesen, was dafür spricht, dass sie in der Mikrowelle aufgewärmt wurde.

Schwächen bei den Hauptgerichten

Bei den Hauptgerichten hingegen leistete sich die Küche Schwächen, nicht was die Komposition anlangt, sondern beim simplen Handwerk. Von den gegrillten Rotmeerbarben mit zweierlei Zucchini-Spaghetti (27,50) kam eine Portion perfekt auf den Tisch, während bei der zweiten der Fisch deutlich zu trocken war. Möglicherweise blieb er beim Anrichten des ersten Tellers ein wenig zu lange auf dem Grill liegen. Auch die Rindfleischscheiben des Überraschungsmenüs hätte man sich ein wenig saftiger gewünscht. Und die Kräuterkruste der Perlhuhnbrust (24,50) war am Rand leider leicht angebrannt, was die Küche notdürftig zu kaschieren versuchte.

Und da sind wir nun wieder bei den Preisen. Der Mensch ist hier paradox. Ein schlechter Schweinsbraten bleibt ein schlechter Schweinsbraten, egal, ob er nun 10 Euro oder 20 Euro kostet. Aber mit dem Preis steigen meist auch die Erwartungen. Bei dem 10-Euro-Braten hofft man, dass er gut ist. Bei dem 20-Euro-Braten erwartet man, dass er perfekt ist. Fehler werden in einer höheren Preisklasse nun mal weniger leicht verziehen. Besonders dann, wenn im Laufe der Zeit regelmäßig an der Preisschraube gedreht wird.

Im Chez Philippe etwa war das dreigängige Überraschungsmenü vor fünf Jahren noch für 33 Euro zu haben, vor einem Jahr hat es 37 Euro gekostet, heute steht es mit 41 Euro in der Karte. Fast 25 Prozent mehr in fünf Jahren, da braucht einer eine Menge Eloquenz, um das zu erklären. Und er sollte dann ansonsten nichts anbrennen lassen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: