Paulaner am Nockherberg:Ein kleiner Gipfel bayerischer Kochkunst

Paulaner am Nockherberg: Der Braumulti als Craftbier-Brauer: Die kleine Hausbrauerei von Paulaner auf dem Nockherberg.

Der Braumulti als Craftbier-Brauer: Die kleine Hausbrauerei von Paulaner auf dem Nockherberg.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Paulaner am Nockherberg ist nach dem Umbau vieles in einem, vor allem aber ein sehr gutes Wirtshaus. Gehoben sind neben der Küche allerdings auch die Preise.

Von Alois Gudmund

Mit etwa 530 Metern über N.N. und 30 Metern über dem Normalwasserstand der Isar ist er sicher nicht die höchste Erhebung der Stadt. Von der nächstgelegenen Trambahn-Haltestelle am Ostfriedhof geht es sogar bergab auf das kastanienbaumbestandene Plateau des Biergartens. Aber natürlich ist der Nockherberg Münchens berühmtester und bezeichnendster Gipfel. Schließlich belegt schon der allmärzliche Auftrieb der Haute Volée aus örtlicher Politik und Gesellschaft, die sich zum werbewirksamen Anstich des Saisongetränks gerne spiegeln und bespiegeln lassen, wo mia mia san' und natürlich obenauf.

Der Paulaner am Nockherberg ist also manches, Biergarten, Wirtshaus, Veranstaltungssaal, und vor allem ist er eine Münchner Institution. Mögen unten am Hofgarten Ministerpräsidenten ab-, an- oder einander sonstwie treten, wenn auf den Höhen der oberen Au die Wirte wechseln, ist das fast ebenso wichtig, ach was, noch viel wichtiger für das Gefüge der Stadt.

Die beiden Neuen, Christian Schottenhamel und Florian Lechner, sind in der Stadt nicht wirklich neu, sondern eine Verbindung aus Münchens ältester Wiesnwirtsdynastie und "Käfer"-geschulter Feinküchentradition. Zehn Monate haben sie umbauen und dekorieren lassen, seit Februar wird wieder das getan, was hier seit 160 Jahren geschieht: das Bier der Marke Paulaner ausgeschenkt. Der FC Bayern war auch schon da zur Meisterfeier, wie im Gang zum Klo ein Autogramm-bekrakeltes Leibchen dokumentiert.

Neu ist, dass das Bier eigens für den Nockherberg in schimmernden, mitten in den runden Zentralgastraum gestellten Sudkesseln gebraut wird. Die Großbierfabrik gibt sich da als Craft-Hausbrauerei - geschmacklich übrigens mit dem unfiltrierten, würzigen Hellen durchaus erfolgreich.

Neu ist aber vor allem die Speisekarte für Restaurant und Wirtsgarten. Abgesehen von der Marketing-Marotte, sogar den in der Küche stehenden Grillofen mit Marke und Name - gestatten: "Xaver" - vorzustellen, ist sie reich stimmungsbebildert und durchaus aufgeräumt. Bayerisch wird hier gekocht, was bei unseren Besuchen stets freundliche Bedienungen in Dirndl oder Lederhosen auf den Tisch bringen. Die Doppelwirtshälfte Lechner hat sich ja bisher in seinem Moarhof in Hechenberg über dem Isartal einen sehr guten Ruf erarbeitet, der längst bis in die nur eine halbe Porsche-Stunde entfernten Nobelvororte Münchens gedrungen ist. Um es vorwegzunehmen: Gut, ja oft hervorragend lässt er auch hier kochen.

Überraschung beim "Best of Bayern"

Schon die mit zarten Rindfleischstreifen veredelte Pfannkuchensuppe war tadellos kräftig, das Gemüse darin bissfest und alles zusammen nicht zu sparsam gewürzt, schön traditionell. Dagegen brach der Salat - in seiner Version "Ziege" mit kleinen gratinierten Ziegenkäselaibchen - auf erfreulich unbayerische Weise mit dem hiesigen Brauch, labbriges Grün in Essigwasser zu ertränken. Es überraschte ein großer, bunter Strauß an Blattsalaten in einer raffinierten, leicht süßen Vinaigrette mit schönen, wunderbar säuerlichen Stücken Rhabarber dazu.

Das Schnitzel Wiener Art, vom Schwein also, war dünner geklopft als das Leder einer Trachtenhose, aber keine Angst: Dafür häuften sich gleich drei, in herrlich butterig angebratene Panade gehüllte Stücke neben den ordentlichen Haufen Bratkartoffeln. Und Xaver, dem Ofen (oder vielmehr dem nicht namentlich erwähnten Griller), gelang es, zarte Stücke von Ente, Schwein und Ochs auf den Punkt zu garen. Es lag diesem "Best of Bayern" genannten Potpourri sogar noch ein von der Speisekarte nicht erwähntes Bruststückchen Hendl bei.

Paulaner am Nockherberg: Hohe Fenster bestimmen den Wirtshaussaal auf dem Nockherberg.

Hohe Fenster bestimmen den Wirtshaussaal auf dem Nockherberg.

(Foto: Stephan Rumpf)

Zart löste sich auch das Fleisch der Rehhaxerl vom Knochen, es fanden sich gleich zwei davon auf dem schüsselgleichen Teller, begleitet von einem lauwarmen Salat aus grünen und weißen Spargelspitzen und kleinen, feinen Kartoffelkroketten. Höhepunkt aber war das Böfflamott - ein dickes und in angeblich 38 Stunden sehr zartes Trumm geschmortes Ochsenfleisch. Ebenso gut: das nur ganz kurz gegarte, knackige Gemüse daneben. Das war schon ein kleiner Gipfel bayerischer Küchenkunst.

Nicht alles ist ganz super

Noch was zu mäkeln? Ja, doch: Ein Semmelknödel, ohnehin nur wenig größer als ein Golfball, war wohl vom allzu langen Liegen in der Soße völlig durchweicht. Und bei unserem Ausflug an den Selbstbedienungstresen des Biergartenbereichs sah es so aus, als würde es dort nicht ganz so gut funktionieren: Die Schweinshaxe hatte zwar eine resche Kruste, war darunter allerdings ziemlich trocken geraten.

Ganz günstig ist der neue Nockherberg nicht. Im Restaurant geht es bei den Hauptgerichten bei 12 Euro los und weiter bis 80 Euro fürs kiloschwere Cowboy-Steak für Zwei. Krautsalat, etwa zu Haxe und Knödel, kostet 3,50 Euro extra. Die halbe unfiltrierte Helle kommt auf 4,90 Euro. Ungewöhnlich lang für ein derart dem Bier verpflichtetes Haus ist die Weinliste, Schwerpunkt: deutsche Weiße.

Zum wirklich guten Schluss gibt es noch etwas, was in einem Bierlokal wohl nur wenige erwarten und unbedingt empfehlenswert ist - wenn sich nach den üppigen Portionen noch Platz im Magen findet: Für 14 Euro (und für zwei noch hungrige Personen vorgesehen) kommt eine Schiefertafel belegt mit süßen Köstlichkeiten auf den Tisch: Luftige Schoko-Mousse in braun und weiß, Topfenknödel, Apfelkücherl, Rhabarberkompott, Eiscreme, gebrannte Karamellcreme, Bayerisch Creme, mehrere Stück Kuchen - alles sehr fein. Danach ist der Aufstieg zur Tram kaum mehr zu schaffen.

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