Konzertsaal-Pläne:Baulärm statt Beethoven

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Der Werkbund legt Szenarien für den Umbau der Philharmonie vor

Von Christian Krügel

Klassikfreunde müssen sich darauf einstellen, dass das Münchner Musikleben mindestens bis Mitte 2026 in Provisorien statt in Sälen stattfindet. Das ist zumindest das Szenario, das eine Expertengruppe um den Architekten Dieter Koppe für den Fall entwirft, den Ministerpräsident Horst Seehofer und Oberbürgermeister Dieter Reiter gerade prüfen lassen: kein Bau eines weiteren Konzertsaales, sondern ein Generalumbau der Philharmonie im Gasteig. Für Koppe ist das "eine Brutallösung".

Ein Wort, das in der laufenden Konzertsaaldebatte Gewicht haben könnte. Denn Dieter Koppe ist auch Vorsitzender des Deutschen Werkbundes. Diese Gesellschaft hatte seit ihrer Gründung 1907 maßgeblichen Einfluss auf Architektur und Gestaltung in Deutschland. Gemeinsam mit der Akademie der Schönen Künste hatte der Werkbund für Montagabend zu einer weiteren Debatte über Münchens Konzertsäle eingeladen. Dabei legte Koppe Szenarien vor, die er gemeinsam mit einem Statiker, einem Generalplaner und dem Akustiker Karlheinz Müller erarbeitete. Für den Seehofer-Reiter-Plan rechnet die Gruppe mit der längsten Planungs-und Bauzeit: Von 2019 bis mindestens 2024 brauche man für die Vorbereitungen und den anschließenden Totalumbau der Philharmonie. Die Sanierung des Herkulessaales könnte noch einmal bis 2026 dauern. In dieser Zeit brauche es teure provisorische Ausweichspielstätten. Deshalb veranschlagen die Experten Gesamtkosten zwischen 321 und 404 Millionen Euro - und das sei "eher untertrieben", so Koppe.

Logistisch deutlich leichter sei es, einen neuen Konzertsaal zu bauen. Das ließe sich zwischen 2017 und 2021 machen. Parallel dazu könnte der Herkulessaal ertüchtigt und im Anschluss daran die Philharmonie umgebaut werden. Dann wäre bereits 2024 das Großprojekt abgeschlossen, München hätte drei Konzerthäuser, und eine längere Phase ohne Saal gebe es gar nicht, glaubt Koppe. Allerdings wäre diese Variante mit 359 bis 451 Millionen wohl auch deutlich teurer. Deshalb schlägt die Werkbund-Gruppe vor, die Differenzsumme bei Münchens Wirtschaft einzutreiben, die auch bei einer gemeinsamen Betreibergesellschaft beteiligt werden solle.

Kunstminister Ludwig Spaenle sprach von einem Vorschlag, "den man ernsthaft prüfen muss". Nur müsse zuerst untersucht werden, ob der Seehofer-Reiter-Plan nicht doch realisiert werden könnte. In der Münchner Wirtschaft stieß die Idee am Montagabend auf Zustimmung. Innegrit Volkhardt, Chefin des Bayerischen Hofes, glaubt sogar, dass die von Koppe genannte Differenzsumme innerhalb weniger Monate zusammenkommen könne. Aber die Staatsregierung müsse eben ihren Willen erkennen lassen, das neue Konzerthaus wirklich zu bauen. Wie sehr manche inzwischen die Geduld verlieren, machte Mariss Jansons, Chef der BR-Symphoniker, deutlich: "Ich bin der Erste, der alle Vorschläge unterstützt. Aber es muss endlich etwas vorangehen."

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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