Konzertprogramm:Russischer Herbst

Wenn es um klassische Musik geht, blickt München immer mehr nach Osten - das liegt nicht nur an Valery Gergiev

Von Rita Argauer

Wenn der Frühling beginnt, herrscht bei den Münchner Orchestern und Theatern schon wieder Herbststimmung. Denn pünktlich zu ersten Frühjahrsblumen wird zu Pressekonferenzen geladen, in denen es um die Zeit nach der Sommerpause geht. Und bisher sieht es so aus, als würde der kommende Herbst in München recht russisch werden.

Vor zwei Wochen startete die Staatsoper mit der Präsentation der Saison 2016/17, die unter dem Motto "Was folgt" steht. Auf den allseits geschätzten Generalmusikdirektor Kirill Petrenko folgt aber erst einmal noch niemand, denn dessen Engagement nach Berlin steht erst 2019 an. Es folgt jedoch ein neuer Ballettdirektor auf Ivan Liška. Und die Staatsoper, respektive das Staatsballett, zieht nun mit dem Engagement des russischen Tänzers Igor Zelensky auf diesen Posten ein wenig den Münchner Philharmonikern mit Valery Gergiev nach: Ein hoch virtuoser Künstler der klassischen russischen Schule, versehen mit dem Star-Glamour der internationalen Szene. Und auch ähnlich wie bei Gergiev, stößt das noch nicht flächendeckend auf Zustimmung. Das hat zum Glück nichts mit der russischen Herkunft zu tun. Und im Fall Zelenskys auch nicht mit politisch unguten Äußerungen. Vielmehr empfindet die Tanzszene die Wahl Zelenskys als konservativ. Der eröffnet die Spielzeit dann auch mit entsprechend wenig Blick auf den Zeitgeist. "Spartakus" zur Musik von Aram Chatschaturjan gilt als eines der erfolgreichsten sowjetischen Ballette überhaupt; virtuos, aber auch von anachronistischem Pathos.

Valery Gergiev selbst ist trotz anfänglicher Vorbehalte gut angekommen in München. "Es passt zusammen", sagte Kulturreferent Hans-Georg Küppers in der Pressekonferenz zur neuen Saison über die Beziehung Gergievs zum Orchester. Und Gergiev stellt die Kunst in den Vordergrund. Etwa, wenn er riesige Festival-Wochenenden in der Philharmonie veranstaltet, russische Jugendorchester nach München holt und für einen steten Austausch russischer und deutscher Künstler sorgt. Die Philharmoniker haben so mit Gergievs Mariinsky-Orchester ein russisches Orchester-Geschwisterchen bekommen, regelmäßige gemeinsame Konzerte inklusive. Und auch in Zukunft gibt viel Prokofjew. Aber das ist ja auch ganz wunderbare Musik. Einzig Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks haben keinen russischen Chef (Mariss Jansons ist Lette), russisches Repertoire spielen die aber auch, denn Tschaikowsky, Prokofjew oder Strawinski gehören zum Kanon der Konzerte. Genauso wie Beethoven, Debussy, Dvořák oder Bruckner. Letzteren will Gergiev viel in Russland spielen. Ein Austausch in beide Richtungen also. Und ein breites Programm mit Kunst aus verschiedenen Zeiten und Ländern, deren künstlerischer Wert nicht an Nationalität gemessen wird. Alles andere wäre auch grauenhaft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: