Konzert von Jake Bugg:Der arme Junge aus Nottingham wird erwachsen

Jake Bugg Konzert in München im Backstage Werk

Jake Bugg Konzert in München im Backstage Werk Das einstige Wunderkind der Britpop-Szene wird langsam erwachsen - schaden tut es dem 22-jährigen Bugg aber nicht.

(Foto: Eva Fritsch/oh)

Das schadet Jake Bugg aber nicht. Beim Konzert in München überzeugt das einstige Wunderkind der Britpop-Szene das Publikum ziemlich schnell.

Konzertkritik von Eva Fritsch

Wie ist es, wenn sich junge Künstler langsam weiterentwickeln? Beim Konzert in München spielte der Singer-Songwriter aus dem britischen Nottingham alte und neue Songs. Antworten auf die fünf wichtigsten Fragen zum Konzert.

Warum geht man da hin?

Natürlich um zu sehen, wie sich Jake Bugg seit seinen letzten beiden Alben weiterentwickelt hat. Der 22-Jährige, der 2012 sein Debüt veröffentlichte, galt seitdem als "Wunderkind" der britischen Popmusik. Das neue und dritte Album "On My One", das im Juni erschienen ist, ist sein erstes fast komplett im Alleingang produziertes Album. Unterstützten ihn anfangs noch der Singer-Songwriter Ian Archer - und beim zweiten Album "Shangri La" sogar Größen wie der Produzent Rick Rubin -, hat Bugg sich dieses Mal viel Zeit genommen und jedes der Stücke selbst geschrieben. Nicht umsonst bedeutet "On My One" im Dialekt seiner Heimatstadt "On My Own".

Wer Bugg bereits bei seiner Deutschlandtournee im Jahr 2013 gesehen hatte, musste sich damals mit einem jungen Sänger zufrieden geben, der nahezu auf Interaktion mit dem Publikum verzichtete - was nichts unbedingt schlechtes hieß, denn irgendwie passte es ja zu diesem Jungen aus ärmlichen Verhältnissen, der wehmütig seine Lieder von der Liebe und vor allen Dingen vom schwierigen Leben sang. Trotzdem war man jetzt gespannt, ob sich der Musiker nach unzähligen Konzerten und Tourneen auf der ganzen Welt - in welchem Sinne auch immer - verändert hatte.

Und wie war es dann wirklich?

Bugg, der nicht nur mit seinen schwarzen Skinny Jeans, schwarzen Turnschuhen und einem schlichten grauen Shirt Lässigkeit ausstrahlte, verkörperte die entspannte Haltung den ganzen Abend: Von Anstrengung äußerlich keine Spur - aber vollste Konzentration. Fast bewegungslos sang der der 22-Jährige seine Songs, einzig seine Mimik verriet die Anspannung. Die ersten Lieder wie "On My One" spielte Bugg lediglich mit Gitarrenbegleitung, später kam die Band dazu.

Bei den etwas temporeicheren Liedern freute man sich über schnelle Gitarrenriffs, bei langsamen Stücken und der ein oder anderen Ballade über den vollen Klang der unverwechselbaren Stimme. Rauere Stücke wie "Gimme The Love" oder "Bittersalt" vom dritten, experimentelleren Album fügten sich ebenso gut ins Konzept wie "Klassiker" des ersten Albums ("Lightning Bolt" und "Two Fingers").

Dachte man an die Konzerte von vor drei Jahren zurück, fühlte man sich bei diesem Auftritt im Münchner Backstage wie beschenkt: Nach dem Song "The Love We're Hoping For" ein kleines "Thank You", vor dem nächsten Titel "Simple As This" eine kurze Ankündigung - schon war man als Bugg-Bewunderer im Glück. Später ließ sich der Künstler sogar zu kleinen Scherzen hinreißen, entschuldigte sich mehrmals für seine musikalischen "Mistakes" am Abend (die, wenn man sie denn bemerkte, den Musiker noch sympathischer machten), und bedankte sich artig beim Publikum fürs Kommen, fürs Hören von alten und neuen Songs.

Der beste Moment war ...

als bei "Broken", einem Stück des ersten selbstbetitelten Albums, auf einmal Stille in der Konzerthalle war und jeder seine Augen nur auf Bugg richtete. Der sang "Broken" aus voller Inbrunst, so wie es sich für diesen wunderschönen Song gehört. Nur von ein paar wenigen Scheinwerfern beleuchtet stand Bugg da, mit sich, seiner Gitarre, dieser vollen Stimme - und sonst nichts.

Ein weiterer guter Moment war übrigens ein "Nicht-Moment": Bugg verzichtete an diesem Abend darauf, den Song "Ain't No Rhyme" von seinem neuen Album zu spielen - ein Glück, denn das Stück, auf dem der Brite sich am Sprechgesang versucht, gehört definitiv zu seinen schwächeren und hätte dem ausgeglichenen, harmonischen Arrangement des Abends nicht gut getan.

Das Konzert wäre nichts für Sie gewesen, wenn ...

Sie nicht für nostalgische Momente zu haben sind. Denn bei Bugg sind Einflüsse von den Beatles, Donovan, Bob Dylan, Johnny Cash und Oasis zu hören. Perfekt also für jene, die sich musikalisch gern dem Vergangenen zuwenden, womöglich ein Graus für all jene, die Musikern vorwerfen, sie würden sich aus Einfallslosigkeit auf frühere Musiker beziehen - was sich bei Bugg seit dem neuen Album sowieso als umso haltloser erweist.

Und, ist Bugg denn nun immer noch Bugg?

Der "arme Junge aus Nottingham" (so besungen in "On My One") ist zum Glück immer noch der Alte: Ein bisschen einsamer Wolf auf der Bühne, ein wenig unverstandener Liebender - und nach seinen Reisen um die ganze Welt noch ein bisschen rastloser.

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