,Ich weiß, was Sie jetzt denken. Ich bin nicht schwach, ich sehe nur nicht mehr richtig.'' Johannes Heesters sitzt aufrecht auf seinem Stuhl, adrett gekleidet mit schwarzem Anzug, weißem Rollkragenpulli und sein Alter dezent andeutenden knöchelverstärkenden Gesundheitsschuhen. Heesters hat mit seiner Frau Simone Rethel zur Pressekonferenz nach Starnberg geladen.
Johannes Heesters: Die älteste Rampensau Deutschlands
(Foto: Foto: dpa)Zwölf Lieder wird er am Montag in der Philharmonie im Gasteig singen - zum ersten Mal seit zehn Jahren tritt Heesters wieder in München auf. Begleiten wird ihn der Pianist Uli Kofler, der aufgrund seines vergleichsweise juvenilen Alters einige ,,Evergreens'' erstmals bei den Proben kennenlernte. Als Einführung und Intermezzi hat Simone Rethel persönlich eine Fotoshow mit Stationen des Lebens ihres Jopie zusammengestellt.
Die Bilder erinnern an eine visuelle Nachhilfestunde in Geschichte mit dem Titel ,,Crashkurs durch mein goldenes 20. Jahrhundert'': Die Lebenserzählung auf Großbildleinwand besteht aus den Teilen ,,Wie alles begann'', ,,Theater'', ,,Film'' und ,,Lebensfreude''. Chronologisch beginnt die Präsentation mit der ersten Bühnenrolle - die hatte Heesters mit 19 in Strindbergs ,,Traumspiel''; dann folgen klassische Operette in Amsterdam und 1924 der erste Stummfilm ,,Cirque Hollandais''.
Heesters will auch in Zukunft auftreten, ,,wenn es das Publikum möchte''. Stücke wie ,,Man müsste Klavier spielen können'', ,,Ich werde jede Nacht von Ihnen träumen'' oder ,,Ich knüpfte manche zarte Bande'' aus dem ,,Bettelstudent'' hat Heesters im Repertoire. Ein Gefühl von Skepsis bleibt, ob er (oder wohl eher die Konzertveranstalter mit seiner Frau als Organisatorin) sich mit dem zweistündigen Programm nicht doch etwas übernommen haben.
Auf die Frage, ob er noch aufgeregt sei, antwortet Heesters mit einer Professionalität, die er in seinen fast neun Jahrzehnten Bühnen- und Presseerfahrung - im Guinnessbuch der Rekorde steht er als ältester aktiver Schauspieler der Welt - perfektioniert hat: ,,Lampenfieber ist immer gut. Dann ist man hundertprozentig da.'' Jopie Heesters, die älteste Rampensau Deutschlands.
Mit der Vergangenheit hat Heesters nicht viel am Hut, kein Jahrzehnt ist ihm als besonders herausragend im Gedächtnis geblieben. Vielleicht kann er sich auch nicht an Details erinnern: ,,Ich denke nicht zurück. Ich denke an die Zukunft. Nur die ist wichtig. Ich mag es nicht, anzugeben.'' In seiner Freizeit interessiert er sich nach wie vor für das politische Tagesgeschehen, morgens lässt Heesters sich von seiner Haushälterin Amalia die Zeitung vorlesen. Mit erhobenem Zeigefinger stellt er fest, dass die Welt ,,von Rauch und Benzin verseucht'' sei.
,,Es wird sehr fraglich, wie das Leben auf der Erde weitergeht. Ihr werdet an eurer eigenen Technik zugrunde gehen!'' Das sitzt und macht ein wenig betreten. Ein 103-Jähriger, der einem die Leviten liest. Zum Abschied gibt es Whiskey, denn der sei sehr gesund, so Heesters hustend, nachdem er das Glas in einem Zug geleert hat. Und dann noch eine musikalische Kostprobe: ,,Ich habe mein Leben gelebt''.