Konzert:Hulapalu, a so a scheena Dog

Andreas Gabalier bei einem Konzert

Österreichs rockender Volksmusikstar Andreas Gabalier spielte vor mehr als 71.000 hysterisch jubelnden Fans.

(Foto: dpa)

Trotz Trauerwoche zieht Andreas Gabalier im Olympiastadion "the biggest Volks-Rock'n'Roll-Show all over the world" fast unverändert durch. Die Gaudibombe verpufft nur kurzzeitig, weil die Sound-Anlage krepiert.

Konzertkritik von Michael Zirnstein

Der Stromausfall bei "the biggest Volks-Rock'n'Roll-Show all over the world" ist mehr als eine durchgebrannte Sicherung. Er ist ein Omen, Andreas Gabaliers komplettes Sicherheitskonzept könnte versagen. Auf die verschärften Personenkontrollen am Olympiastadion und das Rucksackverbot allein wollte sich der österreichische Popstar nicht verlassen.

So ist der Grazer vor einigen Tagen durch Sturm und Regen auf den 2400 Meter hohen Zirbitzkogel geklettert, den Hausberg seiner Oma, um ein Lichtlein zu entzünden. Damit schon alles gut werde im fernen "Minga", beim "Gipfel" (wie er sagt) seiner siebenjährigen Laufbahn. Gabalier und seine Seilschaft haben ein Jahr lang ihr Herzblut in das Konzert gesteckt, seit Weihnachten ist es ausverkauft. Die Fans warten. Sie erwarten. Da gibt es kein Zurück, Amoklauf hin oder her. "Es wird weiter gehen. Es wird schon eine Lösung geben" in dieser Situation, wird Gabalier später sagen.

Das Lichtlein jedenfalls scheint zu helfen. Zunächst. Ein Blitz saust über die Arena, und in 30 Meter Höhe über der gewaltigen Po-Rundung eines Deko-Dirndls ruft der Louis Trenker unter den Popstars sein erstes brünftiges "Hulapalu, a so a scheena Dog" ins Fan-Volk. Winkend kraxelt er flugs eine Alu-Leiter herab. Nach dem AC/DC-Zitat "We salute you" soll jetzt schon mit dem Wiesn-Hit "I sing a Liad für di" die Stimmung explodieren. Nur, die Gaudibombe verpufft, die Sound-Anlage krepiert, was die ganze Band aber wegen ihrer Kopfhörer nicht bemerkt und das Lied so stur wie stumm zu Ende spielt.

Je öfter der 31-Jährige den Vorfall mit "is eh wurscht" abtut, umso mehr zeigt sich, wie wenig wurscht es ihm ist. Umso mehr muss man den Trachtenhut ziehen vor dem Kraftakt dieses Lederhosenlackls, die meisten der nach Veranstalterangaben 71.300 Zuschauer, wieder auf den Stimmungshöhepunkt zu schleppen.

Die Leichtigkeit ist weg, Gabalier muss die Muskeln spielen lassen, die Stimmband-Muskeln wie die strammen Wadln, als er seinen Stromgitarristen beim Solo auf seine Schultern stemmt. Das ist ein stimmiges, tolles Bild für einen "kleinen Bergbauersbuam" (Gabalier über Gabalier). Ein Bild, mit dem sich das gestresste Großstadtpublikum an diesem Abend nur allzu gern identifiziert.

"Dass das Land politisch den Bach owie geht, ist kein Geheimnis"

"Mountain Main", "Sweet Little Rehlein" und die anderen Songs zünden bald wieder. Zumindest mehr als Gabaliers Ansagen, in denen er - im besten Fall - nichts aussagt. "Ich habe eine Meinung", sagt er. "Aber mehr sag' ich nicht." Als kurz vor 23 Uhr die Sperrstunde droht, echauffiert sich Gabalier: "Dass das Land politisch den Bach owie geht, ist kein Geheimnis. Aber dass man net amoi bis 23 Uhr Musik machen darf, ist eine Sauerei."

Da lässt er doch besser die Musik für sich sprechen, seinen gut kalkulierten Mix aus Rock'n'Roll ("Great Balls Of Fire"), Allzweck-Soul ("Zuckckerpuppen"), alpinisierten Country und Stadldisco (noch einmal: "Hulalapu"). Der endlose "So ein Tag, so wunderschön wie heute"-Kanon vor dem Finale zeigt, welche verbindende Kraft Musik haben kann.

Sein Ideal einer lieben Heimat mag simpel und retro sein: "So lange die Sennerinnen noch im Dirndlkleid auf der Alm stehen und die Buam in Lederhosen aus dem Haus gehen, ist die Welt noch in Ordnung." (Wer kein Trachtenkostüm trägt, kann sich hier recht einsam fühlen). Beim ersehnten Tränen-Schlager "Amoi segma uns wieder" gibt nach kurzweiligen drei Stunden "das unvergesslichste Lichtermeer aller Zeiten" den Menschen vielleicht keine Sicherheit, aber Trost.

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