Konzert:Eagles of Death Metal: Dumm rockt gut

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Für schlaue Interviews ist Frontsänger Jesse Hughes nicht unbedingt bekannt. Sein Rock dagegen ist nahezu fantastisch. (Foto: Stefan M. Prager)

Schon vor ihrem ersten Song wird die Band, die die Terroranschläge von Paris überlebte, in München gefeiert. Dann setzt sie zu einer musikalischen Achterbahnfahrt an.

Von Dirk Wagner

Da schießen Terroristen die irrwitzige US-Band Eagles Of Death Metal auf die Titelseiten der Weltpresse. Und ihr Frontmann Jesse Hughes, der mit seiner Band den Terroranschlag in Paris vergangenen November glücklich überlebt hat, hat nichts Besseres zu tun, als wenige Wochen, nachdem 90 Menschen in seinem Konzert erschossen worden sind, öffentlich das Recht einzufordern, dass sich jeder mit seiner eigenen Waffe verteidigen darf.

Schließlich habe ein französisches Gesetz, das nicht jedem den Besitz von Schusswaffen gestatte, das Massaker auch nicht verhindert, argumentiert der selbsternannte "right wing extremist", der Barack Obama übrigens auch schon mal als "kommunistischen Schwanzlutscher" beschimpfte. Dessen Gesundheitsreform lehnt Hughes im Übrigen auch ab, weil seiner Meinung nach jeder selbst für seine Arztrechnungen aufkommen könne, wenn der Staat nur nicht soviel Steuern abkassieren täte.

Atemberaubende Duelle zwischen Gitarristin und Schlagzeuger

Nicht wenige seiner Fans würden darum wohl ihm zuliebe einen ebenso bescheuerten Spruch abwandeln in: "Dumm rockt gut." Denn Jesse Hughes rockt geradezu fantastisch.

Eagles of Death Metal
:"Bonsoir Paris, we're ready for this!"

Die Eagles of Death Metal spielen ihr Konzert in Paris zu Ende, das am 13. November von Terroristen gestürmt worden war. 89 Menschen wurden damals getötet. Die Überlebenden geraten an diesem Abend an ihre Grenzen.

Von Felix Hütten

Davon können sich auch die 1900 Zuschauer in der Tonhalle überzeugen, nachdem ihnen schon das Tiroler Rock-Duo White Miles im Vorprogramm mehr als ordentlich eingeheizt hat. Die atemberaubenden Duelle, die sich dort die Gitarristin Medina Rekic und der Schlagzeuger Hansjörg Loferer lieferten, ließen vor allem Rekics E-Gitarre als eine erscheinen, die keinen Strom braucht, sondern vielmehr selbst Elektrizität freisetzt. In München kann man White Miles übrigens schon wieder am 31. März im Substanz live erleben.

Nun fehlt es in der Landeshauptstadt ja bekanntlich an international geläufigen Schlagern wie "In München steht ein Lenbachhaus", weswegen Franzl Lang in der zugespielten bairischen Musik, die den Auftritt der Eagles Of Death Metal begleitet, wieder nur das Hofbräuhaus besingt. Und nahezu 1900 Zuschauer singen begeistert mit und bejubeln euphorisch eine Band, die sichtlich vom Jubel bewegt auf der Bühne steht, obwohl sie selbst doch noch keinen einzigen Ton gespielt hat.

Eine ganze Weile noch baden die Musiker im nicht enden wollenden Applaus, bevor der The-Whigs-Schlagzeuger Julian Dorio den ersten Song einzählt: "I Only Want You". Und schon startet eine musikalische Achterbahnfahrt, die die schnodderigsten Stones-Riffs ebenso absorbiert wie die schrillste Rock´n´Roll-Predigt eines Little Richard.

Selbst ein Scorpions-Hit wird angestimmt

Wenn Matt McJunkins dann noch als Bass-Solo in der Zugabe ausgerechnet den Scorpions-Schlager "Rock You Like A Hurricane" anstimmt, ist das eine weitere Teufelei der kalifornischen Band, die einst aus einer der legendären Desert Sessions hervorging, zu der Queens-Of-The-Stone Age-Mastermind Josh Homme Musiker regelmäßig auf seine Farm lädt.

Als Homme einmal erlebte, wie ein Rocker die deutsche Band Scorpions als Death Metal feierte, entgegnete er nämlich verächtlich, dass die Scorpions bestenfalls die Eagles des Death Metal seien. Er spielte in seinem Vergleich auf jene Country-Rock-Band an, die in den Augen vieler Außenstehender zwar mehrere Greatest-Hits-Alben, aber nur einen Greatest Hit hatte: Hotel California.

Prompt war der neue Bandname also gefunden, den die Bandmitglieder nun live auch ohne Homme mit Würde und jeder Menge Rock´n´Roll-Lifestyle tragen. Und mit einem majestätisch langen weißen Bart, der dem Gitarristen Dave Catching unterm Kinn weht. Wer mag da noch über die Interviews des schnauzbärtigen Sängers nachdenken?

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