Konzept für Neugestaltung:So schön wird's an der Isar

Isarstrand in München, 2010

Der Fluss soll laut Plan nicht mehr die Stadt zerteilen, sondern ein lebendiger Teil der Innenstadt werden: Isarstrand unterhalb der Muffathalle.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Der "Rahmenplan für den innerstädtischen Isarraum" steht: Das von Politikern seit Jahren geforderte Konzept liegt als Entwurf vor.
  • Nun müssen verschiedene Stellen den Plan noch genehmigen.
  • Die Isar soll wieder Teil der Innenstadt werden. Dazu soll der Verkehr zwischen Reichenbachbrücke im Süden und Luitpoldbrücke im Norden neu definiert werden, Fußgänger sollen bessere Zugänge zum Fluss bekommen.

Von Thomas Anlauf und Andreas Glas

Ruhig rollt die Trambahn über die mit Rasen bepflanzte Ludwigsbrücke, eine Gruppe Radler fährt auf der breiten Trasse in Richtung Haidhausen. Die Fußgänger brauchen den Autoverkehr nicht mehr zu fürchten: Von den 18 000 Kraftfahrzeugen, die früher täglich über die Brücke rauschten, sind nur noch wenige übrig geblieben. Die Pendler suchen sich andere Strecken, nachdem die Ludwigsbrücke für Autofahrer ein Nadelöhr geworden ist. An der Erhardtstraße um die Ecke, wo einst Touristenbusse aufgereiht parkten und jeden Tag Zehntausende Autofahrer den Stau am Mittleren Ring umfahren wollten, zieht sich nun eine Promenade durch einen kleinen Park mit Blick auf die Isar. Auf einer Terrasse, die in Stufen hinunter zum Fluss führt, sitzen Menschen und hören statt Autos den Fluss rauschen.

Was nach einer fernen Vision klingt, soll bald Wirklichkeit werden: Das von Politikern seit Jahren geforderte Konzept für die Isar steht. Noch steht zwar in dicken Buchstaben "Entwurf" auf dem 138 Seiten starken "Rahmenplan für den innerstädtischen Isarraum". Das Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, muss noch von drei Bezirksausschüssen abgesegnet und dann vom Stadtrat beschlossen werden. "Lassen wir es eben September werden", sagt Stadtbaurätin Elisabeth Merk und seufzt ein wenig.

Nachhaltige Veränderung

Das demokratische Procedere hat schon viel Zeit gekostet, und auch in ihrem Planungsreferat ging es nicht so schnell wie gewünscht. Im Frühjahr 2009 stellten die Grünen im Stadtrat erste Anträge, um die Isar wieder mehr ins Blickfeld der Stadt zu rücken. Eineinhalb Jahre später verständigten sich Stadträte und Verwaltungsexperten in einem internen Workshop darauf, einen Rahmenplan zu erstellen, der 2012 vom Stadtrat in Auftrag gegeben wurde. Nach einem weiteren Workshop im August 2013 stellte Merk im Februar 2014 dessen Ergebnisse vor. Im Sommer folgte ein erster Rahmenplan-Entwurf, der bis Herbst 2014 noch einmal überarbeitet werden musste. Nun, ein Jahr später, soll der Plan endlich in die Tat umgesetzt werden.

Wenn der Stadtrat dem Rahmenplan zustimmt, wird das die Münchner Innenstadt nachhaltig verändern. Es geht um nichts Geringeres, als darum, den Verkehr zwischen Reichenbachbrücke im Süden und Luitpoldbrücke im Norden neu zu definieren und für Fußgänger bessere Zugänge zur Isar zu schaffen: Der Fluss soll nicht mehr die Stadt zerteilen, sondern wie vor 100 Jahren ein lebendiger Teil der Innenstadt werden. So soll vor allem an der sogenannten Isarparallele entlang der Großen Isar der Verkehrslärm deutlich reduziert werden. Dazu wird voraussichtlich die Straße verschmälert und der so gewonnene Raum den Radfahrern und Fußgängern zur Verfügung gestellt. Auf Höhe der Patentämter könnten Flussterrassen entstehen.

Den Bereich rund um die Ludwigsbrücke bezeichnet Stadtbaurätin Merk als künftiges "urbanes Herz" der innerstädtischen Isar, das gemeinsam mit dem "grünen Herz" am Vater-Rhein-Brunnen gegenüber dem Deutschen Museum ein Ensemble bilden soll. Es gibt fünf Standortvorschläge für Gastronomie und damit auch öffentliche Toiletten, sodass keine separaten Sanitäranlagen entlang der Isar nötig wären. Die Grünanlagen am Fluss sollen, wo möglich, vergrößert, dabei aber auch immer wieder Sichtfenster zur Isar geschaffen werden. Auch das Wegenetz entlang der Ufer und über die Flussinseln soll ausgebaut werden und bis zur Schwindinsel führen, wo sich Große und Kleine Isar wieder vereinen. Nach Angaben des Planungsreferats gab es bereits vielversprechende Gespräche mit dem Freistaat, dem der nördliche Teil der Praterinsel gehört.

Ein Highlight für die Stadt

Die Münchner Grünen, die vor sechs Jahren die Diskussion um die innerstädtische Isar angestoßen haben, sind "sehr zufrieden" mit dem Entwurf , wie der Fraktionsvorsitzende Florian Roth sagt. "Das könnte ein Highlight für die Stadt werden." Es gehe eben nicht nur darum, die Isar für die Menschen zugänglich zu machen, sondern auch darum, das 50 Hektar große Gebiet neu zu gestalten und dabei die sensiblen Naturräume entlang der Kleinen Isar hinter dem Deutschen Museum zu schützen. Dieser Flussabschnitt soll laut Planungsreferat auch "auf keinen Fall weiter erschlossen werden".

Die CSU hat in den vergangenen Jahren einen regelrechten Schwenk vollzogen. Waren die Stadträte zunächst skeptisch, was Veränderungen im innerstädtischen Isarraum angeht, ist vor allem der Zweite Bürgermeister Josef Schmid nun ein bekennender Freund von neuen Nutzungsmöglichkeiten. Der Wirtschaftsreferent ist in diesem Jahr auch erstmals Schirmherr des Kulturstrandes am Vater-Rhein-Brunnen. Der CSU-Politiker hält die Grünanlage "für den idealen Standort" für Veranstaltungen wie den dreimonatigen Kulturstrand. Sogar einen dauerhaften Kiosk in der kleinen Anlage kann er sich unter Umständen vorstellen. Man müsse schauen, was machbar sei, sagte er kürzlich bei einem Pressegespräch anlässlich der Eröffnung des Kulturstrandes. Zum nun vorliegenden Rahmenplan wollte sich am Donnerstag kein CSU-Stadtrat äußern. Das Papier sei noch zu frisch, sagte ein Sprecher, bislang habe sich in der Fraktion noch niemand "in die Vorlage reingearbeitet".

Einklang mit dem Naturschutz

Auch Bettina Messinger sagt, sie habe noch keine Zeit gehabt, sich mit der Vorlage zu befassen. "Aber grundsätzlich wollen wir natürlich auch, dass die Menschen wieder näher an die innerstädtische Isar kommen", sagt die SPD-Stadträtin. Allerdings müsse das Konzept "in Einklang gebracht werden mit dem Naturschutz", sagt ihr Kollege Christian Amlong. Er findet, die Isar dürfe "keine Partymeile werden, sondern es muss eine vernünftige Lösung geben. Einerseits Kioske und Kleingastronomie, wo man mit Freunden sitzen und einen Cappuccino trinken kann und andererseits die ruhigen, naturnahen Bereiche".

Vor allem aber hofft Amlong, dass nun endlich ein Beschluss gefasst wird. Er sei ja schon "ein bisschen enttäuscht, dass es so lange dauert". Damit wenigstens ein bisschen was vorangehe, habe die SPD vor einem Jahr den Antrag gestellt, vorab schon mal ein paar Sitzgelegenheiten an der Isar zu schaffen. In den vergangenen Wochen hat das Baureferat dann reagiert und mehrere Bänke am Ufer aufgestellt, nördlich der Reichenbachbrücke gibt es seit Kurzem, wie schon auf der Südseite der Brücke, Kalksteinblöcke direkt am Wasser. Kaum waren sie aufgestellt, saßen schon die ersten Münchner auf den Steinen und genossen ihre Isar.

Rahmenplan

Ein städtebaulicher Rahmenplan ist zunächst eine Absichtserklärung, wie ein Gebiet künftig genutzt werden könnte. Wo in so einem Plan etwa ein Café eingezeichnet ist, muss also nicht zwangsläufig eines eröffnet werden. So schlägt das Planungsreferat in seinem Entwurf vor, die Ludwigsbrücke nach der anstehenden Sanierung für den Verkehr neu zu gestalten und Fußgängern und Radlern mehr Platz einzuräumen. Dafür soll allerdings der Stadtrat eine Machbarkeitsstudie genehmigen. Sollte diese zum Ergebnis kommen, dass ein massiver Eingriff in den Straßenverkehr trotz der hohen Anzahl an Kraftfahrzeugen möglich ist, könnten die Pläne umgesetzt werden. Der Entwurf des Rahmenplans für den Isarraum soll "Leitideen und Handlungsfelder" aufzeigen, aber auch konkrete Vorschläge machen. Er ist unterteilt in kurz-, mittel- und längerfristige Pläne. So könnte bald damit begonnen werden, den Bewuchs entlang der Isar an bestimmten Bereichen auszuholzen, um "Isarfenster" zu schaffen. Ein langfristiges Projekt hingegen ist es, einen Rundweg von der Cornelius- zur Ludwigsbrücke zu schaffen. Dazu muss die Sanierung des Deutschen Museums weiter fortgeschritten sein. anl

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