Konkurrenz der Luxushotels:Frühlingsputz in den Nobelherbergen

Die Eröffnung des Nobelhauses "The Charles" belebt das Geschäft: Münchens Luxushotels renovieren, was das Budget hergibt.

Astrid Becker

Luxushotels und schöne Frauen scheinen eines gemeinsam zu haben: Kaum taucht Konkurrenz auf, putzen sie sich ganz besonders fein heraus. In wenigen Monaten will Sir Rocco Forte sein Hotel The Charles in Münchens Lenbachgärten eröffnen. Und obwohl es die Generalmanager der vergleichbaren Häuser vehement dementieren, haben sie mit dem Wettrüsten gegen den neuen Konkurrenten bereits begonnen. Es gibt derzeit kaum eine Luxusherberge in der Stadt, die sich nicht im Umbau befindet.

Konkurrenz der Luxushotels: Luxus pur in der Lobby des Vier Jahreszeiten. Aber auch hier setzt das Management auf großzügige Renovierung.

Luxus pur in der Lobby des Vier Jahreszeiten. Aber auch hier setzt das Management auf großzügige Renovierung.

(Foto: Foto: rob)

Sowie Rocco Forte das Gerücht gestreut hatte, auf der Suche nach einer Immobilie für eine München-Dependance zu sein, begannen die Manager der bestehenden Luxushäuser, sich die Haare zu raufen. Wie, so wurde damals geklagt, könne man sich noch gegen eine derartige Konkurrenz behaupten? Der Hotelmarkt in Deutschland sei generell überbesetzt, hatte beispielsweise die Chefin des Bayerischen Hofs, Innegrit Volkhardt, geklagt.

Neue Mitbewerber

Die Stadt, so meinte sie vor etwa zwei Jahren im Gespräch mit der SZ, müsse mehr Verantwortung zeigen und dürfe derartige Projekte eigentlich nicht mehr genehmigen. Heute erklingen aus der Münchner Luxushotel-Branche ganz andere Töne. Übereinstimmend erklären deren Macher nun, eine neue Luxusherberge sei eine Bereicherung für die Stadt, und Konkurrenz belebe nun mal das Geschäft.

Ein Wunder ist dieser Meinungsumschwung nicht, sondern im Grunde normal. Der Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) und Hotelier Conrad Mayer zitiert dafür das Phänomen des Schweinezyklus, einen Begriff der Agrarwissenschaft aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert: "Erst wird gejammert, es gebe zu wenig Schweine, daher sei ihr Fleisch so teuer. Kaum werden daraufhin mehr Schweine produziert, wird das Fleisch billiger. Daraufhin wird genörgelt, dass es zu viele dieser Tiere gebe - genauso ist es bei den Luxushotels."

Früher hätten sich der Bayerische Hof und das Vier Jahreszeiten die Luxusklientel geteilt, heute seien wesentlich mehr Mitbewerber auf dem Markt. Irgendwann vermutlich würden es tatsächlich zu viele sein, sagt er. Doch derzeit werde kaum an die Zukunft gedacht. Der Grund: Die Branche boomt wieder, die Talsohle nach dem 11. September 2001 und dem Zusammenbruch des neuen Marktes 2002 scheint überwunden. Belegungen von mehr als 70 Prozent und damit mehr als der ohnehin in München beachtliche Durchschnittswert von rund 60 Prozent, werden fast durchwegs in der Fünf-Sterne-Plus-Kategorie erreicht.

Frühlingsputz in den Nobelherbergen

Ist es da also noch erstaunlich, dass vielerorts jetzt verkündet wird, rund 160 Betten, wie von Rocco Forte geplant, schadeten der Stadt nicht? Doch attraktiv, ja, das müsse man schon bleiben, ist zu hören. Und an diesem Punkt fällt einem der Vergleich mit den schönen Frauen wieder ein. Letztere würden auch nicht zugeben, sich Schönheitskorrekturen zu unterziehen, um gegen womöglich jüngere Konkurrenz zu punkten. Auffällig ist nun mal, dass genau jetzt, kurz vor der Eröffnung von Rocco Fortes Hotel The Charles, viele Hoteleigner Geld locker machen, um teilweise seit Jahren angekündigte Renovierungen und Umbauten zu realisieren.

Farbiges Wasser

Bestes Beispiel ist die Kempinski-Gruppe, die in den kommenden vier Jahren insgesamt 42,5 Millionen Euro in die Renovierung ihres Hotels Vier Jahreszeiten in der Maximilianstraße stecken will. "Es stimmt schon, wir haben uns bestimmt zehn Jahre Gedanken über eine Sanierung gemacht, jetzt scheinen die Gedanken vollendet", sagt Direktor Stephan Kaminski. Ein Gerüst verstellt derzeit die Fassade des Hauses an der Maximilianstraße, dahinter verbergen sich 42 Zimmer, die entkernt und vollkommen neu gestaltet werden. Optisch sollen sie sich künftig in einer Mischung aus Moderne und König-Ludwig-II.-Charme zeigen.

Besonderen Wert legt Kaminski allerdings auf die Gestaltung der Badezimmer, auf die, seiner Meinung nach, Gäste immer sensibler reagierten. Für einige Suiten plant er beispielsweise ganz besondere Gags: Dreht der Gast den Wasserhahn auf heiß, erleuchtet das fließende Wasser in Rot, stellt er auf kalt, in Blau. Spiegel werden mit TV-Geräten ausgestattet. Allein für diesen Bauabschnitt gibt die Gruppe 10,5 Millionen aus; 3,5 Millionen davon wird der Gast gar nicht bemerken: "Die landen unter Putz."

Im nächsten Frühjahr sollen dann das Restaurant, die Bar, die Lobby und die Badezimmer im Neubau im hinteren Teil des Hauses umgebaut werden - nicht um Rocco Forte den gebührenden Empfang in der Stadt zu vermasseln, sondern "um zum 150. Geburtstag des Hauses im nächsten Jahr zu glänzen". Angst vor dem Charles von Rocco Forte scheint Kaminski tatsächlich nicht zu haben: "Er wird ein Stück des Kuchens abbekommen, das soll er auch." Aber die Stärke des Vier Jahreszeiten bestehe in "seiner Geschichte, in seiner Tradition und vor allem in unserem erstklassigen Service - das muss Rocco Forte erstmal nachmachen".

Auf Geschichte und Tradition setzt man auch im Bayerischen Hof - allerdings sind hier Schönheitskorrekturen, "anders als bei vielen anderen", an der Tagesordnung. Und vielleicht sind sie auch mit ein Grund, warum sich die Furcht vor neuer Konkurrenz einigermaßen gelegt zu haben scheint.

24 Millionen Euro Kosten in drei Jahren

Eine der führenden Unternehmensberatungen für Hotellerie und Gastronomie, die Münchner Firma Treugast, hatte erst vor kurzem in der SZ Innegrit Volkhardt bescheinigt, sie brauche mit dieser Unternehmenspolitik die Konkurrenz nicht zu fürchten. Als eine der wenigen Einzelkämpferinnen der Branche, also ohne den Schutz einer Hotelgruppe im Nacken, habe sie "eine Welt für sich geschaffen, die sich ständig erneuert", konstatierte Treugast-Chef und Gründer Stephan Gerhard.

Dies scheint Innegrit Volkhardt heute mehr als früher bewusst zu sein. Sie will jedenfalls den laufenden Renovierungsprozess ihres Hauses nicht als "Reaktion auf eine Erweiterung des Wettbewerbs" verstanden wissen. Zumal es diesen Wettbewerb "im Grunde schon immer gegeben hat", was auch ihre Sprecherin Elena del Carlo bestätigt. Sanierungen und Erneuerungen seien lediglich eine logische Folge der Philosophie des Hauses und "eine klare unternehmerische Entscheidung".

Insgesamt 24 Millionen Euro hat Innegrit Volkhardt allein in der Zeit von Mai 2004 bis April 2007 in ihr Haus gesteckt - für die Neugestaltung des Wellness-Bereichs auf der Dachterrasse vis-à-vis der Frauenkirche ebenso wie für die Aufwertung der in der Größe variabel zu verändernden Suiten, beispielsweise der von Siegward Graf Pilati im siebten Stock gestalteten Flucht. Erst vor kurzem wurden auch die Flure in Perlgrau gehüllt. Stockwerk um Stockwerk soll sich auf diese Weise verändern, bis die Lobby erreicht ist.

Frühlingsputz in den Nobelherbergen

Im Arabella Sheraton Grand Hotel setzt man mittlerweile ebenfalls auf Veränderung. In dem Hotel, das sich künftig "The Westin Grand München" nennen wird, hatten sich Erneuerungspläne bereits in den vergangenen Jahren im Umbau des Restaurants "Die Ente im Lehel" bemerkbar gemacht. Der neue Generalmanager Reinhold Weise hat jedoch noch mehr vor.

Ein "klares Upgrade"

Alle 629 Zimmer und Suiten sollen für rund 3,5 Millionen Euro in den nächsten Monaten nach dem Westin-Konzept umgestaltet werden. Das heißt in der Sprache der Starwood-Gruppe, zu der diese Marke gehört: neue "Heavenly Bed" - besonders bequem, wird versprochen - und neue "Heavenly Showers" - angeblich ein besonderes Erlebnis - sowie ein neues luxuriöses Mobiliar in der Lobby und in der Bar. Zudem werden die Zimmer sukzessive in den nächsten drei Jahren mit 32-Zoll-Flachbild-Fernsehgeräten ausgestattet.

"Es ist ganz klar ein Upgrading", sagt Weise. Bedenken, dass das Charles ihm Gäste rauben könnte, hat er indes nicht: "Westin steht für Business-Luxus, Rocco Forte hat es mehr auf Promis und Vips abgesehen." Im Grunde also vor allem auf die Zielgruppe des Mandarin Oriental.

Am 1. März wurde auch dort mit Umbauarbeiten begonnen (siehe Münchner Wirtschaft). Für Generalmanager Michael Ziemer ist die Renovierung aber kein Rezept gegen Rocco Forte. Vielmehr hat er sich etwas Besseres ausgedacht: "Wir freuen uns auf ihn und wollen mit ihm zusammenarbeiten." Bei 74 Zimmern und einer Auslastung von 86 Prozent sei das Haus häufig ausgebucht: "Wir sind froh, wenn wir unsere Anfragen auf diese Weise beantworten können."

Hilfe für die ganze Branche

Auch im 2004 eröffneten Sofitel Bayerpost, das zur Accor-Gruppe gehört und künftig das Dorint im Namen streicht, hat man bezüglich der neuen Forte-Luxusherberge in der Stadt keine Sorgen. "Mit seinem Selbstmarketing hilft Rocco Forte der ganzen Branche", meint Accor-Sprecher Marc Schnerr. Die Klientel des Sofitel sei "vermutlich jünger und stylisher" und bestehe zudem aus vielen Tagungsgästen: "Wer kann denen denn 1800 Quadratmeter bieten? Rocco Forte nicht."

Und wenn der italienische Brite allerdings, wie angekündigt, das im internationalen Vergleich niedrige Preisniveau in diesem Segment hebe, "dann wäre uns doch allen gedient". Davon ist auch Conrad Mayer vom BHG überzeugt - mit einer Einschränkung: "Wenn Rocco Forte die Preise senken muss, weil er anders die nötige Auslastung nicht hinkriegt, dann wird's wieder schwierig. Und zwar gewaltig."

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