Kongressbar:Wo Ludwig Erhard an der Wand hängt

Bar in der Alten Kongreßhalle in München, 2010

Ludwig Erhard hängt in der Kongressbar als Bild an der Wand.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Kongressbar auf der Theresienhöhe ist eine Bar der 50er Jahre - für Leute in ihren 50ern. Man kommt hier nicht zum Gucken her, sondern zum Trinken.

Von Benedikt Warmbrunn

Breit und mächtig hängt er da, der breite und mächtige Mann, auf diesem Bild von einem Mann. So wacht er über all die Trinkenden, er, der ein Mann der Arbeit war. Er, der aber auch ein Mann des Genusses war, zu sehen zwischen seinen Lippen, auf diesem Bild wie auf so vielen Bildern von ihm. Zwischen den Lippen von Ludwig Erhard klemmt eine Zigarre.

James Dean. Elvis. Che Guevara. Muhammad Ali. Vielleicht der alte Sinatra mit seinen blauen Augen. Wenn eine Bar um ikonografischen Beistand bittet, dann hängt sie meist eines der immergleichen Bilder auf, schon auch das Bild einer Ikone, manchmal aber auch ein bisschen beliebig in seiner ewigen popkulturellen Wiederholung.

Die Kongressbar auf der Theresienhöhe dagegen hat sich für eine andere Ikone entschieden. Für Ludwig Erhard. Wirtschaftsminister, zweiter Bundeskanzler, Vater des sogenannten deutschen Wirtschaftswunders. Zigarrenliebhaber. Ein Mann, der so sehr steht für die Fünfzigerjahre der Bundesrepublik wie nur wenige andere Deutsche. Weswegen ihn ja auch die Kongressbar an die Wand gehängt hat.

Die Bar nennt sich selbst "Die Cocktailbar im Stile der Fünfzigerjahre", es geht ihr also um: Understatement. Ein langer Tresen, viel dunkles Holz, viele rote Bezüge. Kellner in schwarzen Hosen, schwarzen Hosenträgern, schwarzen Krawatten. Ansonsten kein Schnickschnack, die Leute sollen nicht zum Gucken kommen, sondern zum Trinken.

Die Leute, die in der Kongressbar trinken, sind dann überwiegend auch in ihren Fünfzigerjahren, auch auf den Köpfen einiger Männer herrscht durchaus schon Understatement. Sie kommen wegen der Live-Musik, die hier regelmäßig gespielt wird, Jazz und, selbstverständlich, Musik aus den Fünfzigern. Sie kommen, weil es kein Gedränge gibt, es gibt ja sogar für jeden einen Sitzplatz. Und sie kommen wegen der Drinks.

Auch die Karte ist ganz zurückhaltend, es gibt nichts Verrücktes mit Blue Irgendwas, sondern eben schlichte Klassiker. So fällt es schon auf, dass der Negroni (neun Euro) nicht mit Zitronenschale oder Orangenschale kommt, sondern mit Zitronenschale und Orangenschale. Schmeckt. Oder dass der White Russian (8,50 Euro) mit den Schokoraspeln aussieht wie ein Törtchen. Höhepunkt der Karte sind die verschiedenen Manhattans, zum Beispiel der Rat Pack (neun Euro) aus Maker's Mark Bourbon, Noilly Prat und Angostura. Alles keine hohe Cocktailkunst, aber in seiner Schlichtheit ideal für ein paar entspannte Schlücke.

Und wer dann, wenn die Küche schon zu ist, noch Hunger hat, der bekommt ungefragt ein Schüsselchen zugeschoben, darin mit Käse überbackene Breznstückchen. Ein wenig ungewöhnlich, aber genau das, was man in den Fünfzigerjahren so anbieten konnte.

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