Kommunalwahl in Bayern:Ein frisches Gesicht für München

Kommunalwahl in Bayern: SPD-OB-Kandidat Dieter Reiter ist mit dem Wahlprogramm seiner Partei zufrieden. Es sei ein "umsetzbares Arbeitsprogramm", sagte er.

SPD-OB-Kandidat Dieter Reiter ist mit dem Wahlprogramm seiner Partei zufrieden. Es sei ein "umsetzbares Arbeitsprogramm", sagte er.

Nach mehr als 20 Jahren unter Oberbürgermeister Christian Ude wird nach der bayerischen Kommunalwahl im März ein neues Stadtoberhaupt ins Münchner Rathaus einziehen. Noch hat sich kein Kandidat einen klaren Vorteil verschafft - daher ist ein Szenario wahrscheinlich.

Von Dominik Hutter

Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Über Weihnachten ist Wohlfühlen Programm. Und so lächeln drei gut gelaunte Oberbürgermeister-Kandidaten von frisch geklebten Plakaten herab. Die Botschaften? Frohe Festtage, vielen Dank und mehr Grün für München. Leichte Kost also. Der Mieten-Wahnsinn, Bröckel-Schulen und Sardinen-Bahnen müssen warten, bis sie in die sorgsam ausgetüftelten Wahlkampfstrategien passen. Warum die Münchner jetzt schon damit behelligen?

Dabei steht in nicht einmal drei Monaten der spektakulärste politische Wechsel seit mehr als 20 Jahren an. Eine ganze Generation konnte zur Volljährigkeit heranreifen, während in München die Wörter Oberbürgermeister und Christian Ude zu Synonymen verschmolzen. Jetzt werden sich alle Münchner umstellen müssen. Denn egal, wie die Wahl ausgeht: Im Rathaus wird nach dem 16. März nichts mehr so sein wie in Jahren zuvor. Schon der Wahlkampf findet unter völlig neuen Voraussetzungen statt. Weil der Sieger nicht mehr von vornherein feststeht. Salopp könnte man sagen: Es hat sich ausge-udet.

Vergangene Woche, im eigens reservierten Kino "Neues Rex" in Laim, verkündeten CSU-Kandidat Josef Schmid und Bezirkschef Ludwig Spaenle offiziell den Start in die heiße Phase des Wahlkampfs: mit der Vorstellung eben jener Wohlfühl-Plakatkampagne, mit der sich Schmid bei den Münchnern bedankt. Die SPD hat abgewirtschaftet, ätzte Spaenle im altertümlichen Kinosaal - und machte damit deutlich, dass dies die Wahl ist, auf die die CSU schon so lange gewartet hat. Seit 1993 eigentlich, seit dem legendären Ude-Gauweiler-Wahlkampf. Spaenle selbst war erstmals 1978 bei einem Kommunalwahlkampf dabei. Damals gewann mit Erich Kiesl zum ersten und auch einzigen Mal ein CSU-ler die OB-Wahl. Das soll Schmid ihm nun nachtun.

Schmid wird in Szene gesetzt

Mit einer ausgeklügelten Wahlkampfstrategie, die schon vor Monaten angelaufen ist: Der liberale Konservative Schmid, Verfechter einer neuen Moschee wie des Trümmerfrauen-Denkmals, wird mit einem gasbetriebenen VW-Bus von 1962 in Szene gesetzt. Die Kampagne gilt auch unter politischen Gegnern als professionell, allerdings wirkt der Kandidat gelegentlich etwas glatter als es der politischen Auseinandersetzung gut tut. Mangelnden Einsatz kann ihm niemand vorwerfen: Der 44-Jährige tourt schon seit Jahresbeginn mit seinem VW-Bus durch sämtliche Münchner Stadtbezirke. Schaut sich die Kameras bei der Firma Arri an, informiert sich über die Raumnot an der Mittelschule Feldbergstraße und lässt sich die Situation im Krankenhaus Martha Maria erklären.

Schmid ist kein Polterer alter CSU-Schule, er umwirbt offen die Grünen, mit denen er viele Gemeinsamkeiten sieht. Die wiederum sehen eine Themenverwandtschaft eher mit der SPD. Immerhin attestieren beide "Regierungsparteien" der CSU ein großstädtischeres Profil als früher. Das sagt viel aus über diesen Wahlkampf: Zwar ist der Ausgang offen wie nie, weshalb jeder Kandidat das Äußerste geben muss. Wirklich konträre Grundpositionen, das Polarisierende, muss man aber mit der Lupe suchen. Ob Schmid, SPD-Konkurrent Dieter Reiter oder Sabine Nallinger von den Grünen - alle finden den Isarboulevard gut, wollen den Mietanstieg stoppen und die junge Szene fördern.

Udes Wunschnachfolger Reiter scheint Schmid bei seinen Stadtteilbesuchen nicht getroffen zu haben - obwohl der ein ähnliches Programm absolvierte. Neun Monate lang war der 55-Jährige auf Frage-und-Zuhör-Tour unterwegs. Anders als Schmid, dessen Programm erst im kommenden Jahr fertig wird, hat Reiter auch thematisch schon vorgelegt: mit einem Hundert-Tage-Paket, in dem von der Verwaltungsreform bis zur Schulraumsanierung alles enthalten ist. Reiter wirkt souveräner als vor einigen Monaten, die Wahlkampfmaschinerie der SPD läuft längst auf Hochtouren.

Geschickte Inszenierung

In den vergangenen Wochen haben sich die Genossen geschickt auf mehreren Parteitagen inszeniert. Am Dreikönigstag soll dann auch Christian Ude, der sich bislang rar gemacht hat, für seinen Kronprinzen trommeln. Das Traditions-Treffen bildet den Auftakt für diverse Veranstaltungen - laut Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann sind bislang 400 SPD-Wahlkampftermine eingetütet. Anfang Januar sollen dann auch auf den Plakaten politische Inhalte auftauchen.

Unter den beiden Herren gilt es als ausgemachte Sache, dass am 16. März 2014 ein Duell SPD versus CSU stattfindet. Dabei ist ein wenig in den Hintergrund geraten, dass sich so mancher Münchner vielleicht auch einmal eine Frau als Oberbürgermeisterin vorstellen könnte. Dieses Kriterium erfüllt die Grüne Nallinger, die sich keineswegs als chancenlos sieht und auf angebliche Umfrageergebnisse um die 20 Prozent verweist. Wahlziel: bis zu 30 Prozent. Damit könnte die 50-Jährige möglicherweise auch bei einer Stichwahl noch im Rennen sein. Auf dem mühsamen Weg der Frauen an die Macht wäre dies ein enormer Schritt.

Nallinger hofft auf eine Stichwahl

Seit 1990, als die grüne OB-Kandidatin Sabine Csampai vier Prozent erzielte, herrscht politische Ernüchterung im Frauen-Lager. Nun gibt es mit Nallinger einen neuen Anlauf. Allerdings ist es nach einer kurzen Aufbruchstimmung ziemlich schnell ziemlich ruhig geworden um die Grünen-Kandidatin, die noch an ihrem Profil feilen muss. Im neuen Jahr soll es so richtig losgehen, versichert sie - mit einer thematisch orientierten Kampagne, beim Haustürwahlkampf und in Diskussionsveranstaltungen. Fritz Kuhn, der grüne OB von Stuttgart, ist bereits eingeladen, weitere Promi-Grüne sollen folgen.

Da anders als Ude keiner der Kandidaten über ein Profil als "logischer OB-Kandidat" verfügt, könnten diesmal die Kandidaten der kleineren Parteien eine größere Rolle spielen. Michael Mattar etwa, dessen FDP bei der für die Partei desaströsen Bundestagswahl in einigen Stadtbezirken noch immer erkleckliche Ergebnisse erzielte. Oder Brigitte Wolf. Der Kandidatin der Linken traut selbst Ude bis zu zehn Prozent zu. Das alles klingt nicht nach rotem oder schwarzem Durchmarsch. Sondern nach dem 30. März. Dieser Termin ist für eine Stichwahl reserviert.

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