Kommunalwahl:Bescheiden an die Macht

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Einer der wenigen FDP-Bürgermeister in Bayern: Peter Münster schaffte eher im Stillen eine Aufholjagd und gewann in Eichenau die Stichwahl. (Foto: Günther Reger)

Es ist ein Zeichen dafür, dass auch ein Politiker der FDP eine Wahl in Bayern gewinnen kann: Peter Münster wird Bürgermeister von Eichenau

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Es ist kein Revival der Liberalen. Aber es ein Zeichen dafür, dass auch ein Politiker der FDP eine Wahl in Bayern gewinnen kann. Denn mit der Wahl des 50 Jahre alten Anwalts Peter Münster zum Bürgermeister der 12 000 Einwohner zählenden Gemeinde Eichenau im Landkreis Fürstenfeldbruck hat die bayerische FDP einen Spitzenkommunalpolitiker mehr auf ihrer recht sonst kurzen Liste. Münster, der am Sonntag in der Stichwahl den fünf Jahre jüngeren Kandidaten der CSU, den IT-Unternehmer Dirk Flechsig, bezwang, dürfte künftig in einem Atemzug genannt werden mit dem FDP-Bürgermeister Rainer Erdel im mittelfränkischen Dietenhofen und der Gemeindechefin Josefa Schmid im niederbayerischen Kollnburg. In der ansonsten von CSU, Freien Wählern und SPD bestimmten Oberschicht bayerischer Kommunalpolitiker sind liberale Politikerpersönlichkeiten sonst rar.

Doch die Parteizugehörigkeit kann es nicht allein gewesen sein, wegen derer die Eichenauer Münster gewählt haben. Schon eher dessen Persönlichkeit, dessen Herkunft und dessen Präsenz. Münster ist in Eichenau aufgewachsen, kennt viele noch aus dem Kindergarten und der Volksschule und hat sich als Rechtsanwalt in seiner Heimatgemeinde niedergelassen. Man kennt sich von den Vereinen, die Familie Münster ist bekannt, man vertraut sich. Partei hin, Partei her.

Als es auf das Bürgermeisterwahljahr 2016 zuging und zuerst CSU und SPD und ein wenig später auch die Freien Wähler ihre Kandidaten nominierten, hatte kaum jemand mehr an die FDP und ihren einzigen Gemeinderat gedacht. Seit 1968 wird in Eichenau zeitlich abweichend von der Gemeinderatswahl der Bürgermeister gewählt. Eine Harmonisierung der Wahltermine war bisher, auch vor der Wahl in diesem Jahr, nicht wirklich ernsthaft im Gespräch. Der seit 26 Jahren amtierende Gemeinderat Münster wurde überraschend von nicht einmal einer Handvoll FDP-Mitglieder nominiert. Es schien fast so zu sein, als habe da erst einer überredet werden müssen.

Münster, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, als Anwalt eine Kanzlei in Eichenau betreibt und vor einigen Jahren als Geschäftsführer mittelständischer Firmen in Norddeutschland tätig war, legte im Wahlkampf nicht so los wie einer seiner Konkurrenten, der kaum einen Alleebaum und Laternenmasten ausließ, um seine Wahlplakate flächendeckend zu verbreiten. Marktschreierisch durch den Ort zu laufen, ist Münsters Art nicht. Sich selbst mit eher leisen Tönen, auf sachlich-verbindliche Art bei den Wählern vorzustellen und sich so zu vermarkten, dagegen schon. Das Volkstümliche ist ebenfalls nicht seine Sache - es ist wie die Mundart in dem Münchner Vorort weniger präsent als einige Kilometer weiter, wo deutlich mehr Grün um die Häuser ist als auf den gepflegten Grundstücken der Gartenstadt. Also blieb er so seriös, wie er sich seit einem Vierteljahrhundert in der Eichenauer Politik präsentiert.

Doch fast bis zum Ende des Wahlkampfs schien den Menschen, die sich an den Ständen der Bewerber informierten, das Gespräch suchten, nicht klar zu sein, welche Unterschiede es zwischen den zunächst vier Kandidaten gab. Auch in den beiden Wochen nach dem ersten Wahlgang wurden die Wahlkampfteams von CSU und FDP mit dieser Fragen konfrontiert. Da tat CSU-Kandidat Dirk Flechsig etwas, was ihn irgendwie herausheben sollte und wegen des sonst so harmonischen Miteinanders in der Eichenauer Kommunalpolitik niemand vermutet hätte. In einem leicht denunziatorischen Werbebrief kurz vor dem Wahltag suggerierte er, dass Münster eine Gefahr für den Gartenstadtcharakter sein könnte, er ließ die Eichenauer wissen, dass Münster über mehrere Jahre hinweg Gemeinderatssitzungen verpasst habe, er, Flechsig, aber nur vier.

Doch es wäre nicht der Stil des FDP-Kandidaten, mit den gleichen Mitteln zum Gegenangriff überzugehen. Statt dessen verbreitete er nur eine Stellungnahme zu den, verglichen mit anderen Wahlkämpfen, vergleichsweise harmlosen Vorwürfen und beschwor das Eichenauer Credo: miteinander statt gegeneinander. Das musste genügen. Letztlich traf der stets bescheiden auftretende Münster damit genau die Stimmung der Eichenauer und schaffte eher im Stillen eine Aufholjagd, die ihm, im Vergleich zum Ergebnis des ersten Wahlgangs, 1190 mehr Stimmen und damit den Sieg brachte.

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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