Kommentar:Zuhören hilft schon

Allzu lange haben Münchens Stadtpolitiker die vielen kleinen Sorgen der Eltern nicht ernstgenommen. Das wurde zum echten Problem für das Rathaus. Deshalb ist die Initiative der Stadtschulrätin richtig

Von Melanie Staudinger

Es ist so eine Sache mit den vermeintlich kleinen Alltagsproblemen. Für sich alleine genommen sind sie kaum der Rede wert. In der Summe aber können sie zu einem großen Problem werden - vor allem für die Politiker, die die Missstände zu lange nicht ernst nehmen. Das ist in München vor der Kommunalwahl 2014 passiert. Lange Zeit spielte die Bildungspolitik im Wahlkampf keine Rolle. Bis die CSU, damals noch in ihrer Oppositionsrolle, auf dreckige Schultoiletten und frustrierte Eltern stieß. Plötzlich debattierte jeder über schimmlige Waschbecken, marode Klassenzimmer und sogar über eine Mittagsbetreuung, deren Initiatoren trotz allem Engagement mehrere Monate lang nicht gelang, vom Bildungsreferat einen Schrank für die Hausschuhe der Kinder zu bekommen. Von vielen dieser kleinen Widrigkeiten wusste das Bildungsreferat nicht einmal.

Der damalige Stadtschulrat Rainer Schweppe (SPD) verlor zeitweise die Deutungshoheit über die Politik seines Hauses komplett und wurde von einer Debatte in die nächste getrieben. Seine Nachfolgerin Beatrix Zurek (SPD) hat daraus offenbar gelernt. Sie konzentriert sich nicht nur auf große pädagogische Fragen, sondern will kleine Probleme angehen. Das tut sie in einer kleinen und daher sehr angemessenen Form, einem Elterndialog. Manchmal nämlich reicht es schon, den Betroffenen das Gefühl zu geben, dass sie ernst genommen werden. Zurek delegiert diese Aufgabe nicht, sondern stellt sich selbst der Kritik.

Die Sprechstunde bietet deshalb die Chance, das teilweise angespannte Verhältnis zu den Eltern zu beruhigen. Sie kann dazu beitragen, das Image der Behörde zu verbessern. Vor allem aber erleichtert es die Tätigkeit der Mitarbeiter, wenn sie wissen, wo der Schuh drückt. So ist es möglich, verlässliche Antworten zu geben. Denn das hat die Schulbauoffensive gezeigt: Seitdem feststeht, welche Schule wann saniert wird, sind die Diskussionen viel leiser geworden - obwohl sich am Zustand der Gebäude noch gar nichts verändert hat.

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