Kommentar:Wechseln muss möglich sein

Zwei ihrer Stadträte verlassen die Fraktion - da ist es verständlich, dass die CSU sie auffordert, ihre Mandate ganz niederzulegen. Die Folgen einer solchen Pflicht aber wären schlimm

Von Melanie Staudinger

Die Spuren, die die Bayernpartei bisher in der Münchner Politik hinterlassen hat, sind eher klein. Die Relevanz der selbsternannten Heimatbewahrer lässt sich in etwa mit der Bedeutung vergleichen, die die Laufkäufer für die Besucherzahlen im Tierpark Hellabrunn haben. Ihren plötzlichen Aufstieg und die nun vier Sitze im Stadtrat hat die Partei der Unzufriedenheit dreier amtierender Stadträte zu verdanken: Eva Caim und Mario Schmidbauer verließen die CSU Richtung Bayernpartei, von den Freien Wählern folgte Johann Altmann. Die großstädtisch geprägten Münchner wollten das vor zwei Jahren anders. Bei den Kommunalwahlen stimmte nicht einmal ein Prozent der Wähler für die Bayernpartei - das machte einen Sitz von 80.

Es verwundert wenig, dass die CSU nach dem jetzigen Wechselspiel fordert, die Abtrünnigen sollten ihre Stadtratsmandate zurückgeben. Schließlich sind beide für die CSU angetreten und in den Stadtrat als CSU-Politiker gekommen. Ihre Mandate sollen folglich CSU-Sitze bleiben. Dass die CSU das möchte, ist verständlich; das Argument des Wählerbetrugs klingt zunächst logisch. Die Wähler haben die CSU zur stärksten Fraktion gemacht, nun liegt sie gleichauf mit der SPD. Doch so einfach ist die Sache nicht.

In Bayern müssen Bürger bei Kommunalwahlen keine Partei im Paket annehmen, sondern können ihre Stimmen gezielt an Wunsch-Kandidaten vergeben. Das zeigt sich etwa bei Eva Caim: Sie ist in Klinik-Kreisen sehr beliebt, ihr Beruf Krankenschwester steht für Zuverlässigkeit und soziale Kompetenz. So wurde Caim von Listenplatz 18 auf neun vorgewählt. Das ist ihr Erfolg, den ihr keiner nehmen sollte. Zudem sind Stadträte rechtlich weder an eine Partei noch an deren Weisungen gebunden. Wer die Linie nicht mehr unterstützt, dem steht es frei zu gehen. So war es bei den AfD-Stadträten Andre Wächter und Fritz Schmude, die im Herbst zu Alfa wechselten. Oder bei Josef Assal, der der SPD den Rücken kehrte und seitdem als Parteiloser der Bürgerlichen Mitte angehört.

Wechsel kommen im politischen Alltag immer wieder vor, in München haben sie an den Mehrheitsverhältnissen im Grundsatz bisher nichts verändert. Es wäre ein Fehler, das Wechselspiel pauschal zu verbieten und Politiker so zum Bleiben in ihren Parteien zu zwingen: Wer will im Stadtrat schon Zwangsmitläufer haben, die gegen eigene Überzeugungen stimmen müssen?

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