Kommentar:Spaenle blamiert sich

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Kampfkandidaturen sind kein Unglück, sondern gelebte Demokratie, betonen Politiker gerne. Was die CSU sich nun geleistet hat, war allerdings keine Kampfkandidatur, sondern eine Krampfkandidatur

Von Frank Müller

Kampfkandidaturen seien kein Unglück, sondern gelebte Demokratie, betonen Politiker immer dann, wenn sie eine solche Kampfkandidatur nicht im Vorfeld ersticken konnten. Wie aber soll man dann das Spektakel nennen, das die Münchner CSU am Montagabend abgeliefert hat - eine Krampfkandidatur? Dass sich die Führung komplett zur Wiederwahl stellt, aber eine Vizevorsitzende, Mechthilde Wittmann, ohne Gegenbewerber buchstäblich ins Nichts gejagt wird, dürfte einzigartig in der CSU-Geschichte sein.

Bezirkschef Ludwig Spaenle konnte nicht mehr mit seiner Stellvertreterin, das kommt vor im Leben. Dann aber mit ihr ins Rennen zu gehen, um sie von den Delegierten mutwillig aus dem Amt kegeln zu lassen, ist nicht gerade die hohe Kunst der Politik. Die hätte darin bestanden, dass man die ungeliebte Vizefrau von der Kandidatur abhält. Oder, wenn es nicht anders geht, einen eigenen Mann, eine eigene Frau dagegensetzt.

Nun ist nicht nur die gescheiterte Stellvertreterin beschädigt, sondern die Partei insgesamt. Das kann für Spaenle durchaus gefährlich werden. Denn der Bezirkschef geht mit einer gespaltenen CSU aus seinem Parteitag. 58 Prozent der Delegierten haben Wittmann nicht gewählt. Aber 42 Prozent eben doch. Dies als normales Votum eines Parteitags stehen zu lassen, wird nicht funktionieren. Übrigens schon deswegen nicht, weil der Bezirk laut Satzung vier Vizeposten besetzen muss. Es muss also nachgewählt werden.

Die groteske Eskalation kann Spaenle selbst beschädigen, für den Frieden in der Partei ist der Chef als allererster verantwortlich. Er muss also einen Schritt der Versöhnung unternehmen, bevor ihm das ein noch höherer Vorsitzender dringlich nahelegt. Horst Seehofer legt größten Wert auf gutes Klima in der Partei. Gut möglich, dass er das den Münchnern noch einmal verdeutlicht.

© SZ vom 17.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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