Kommentar:Signal an die Stadtgesellschaft

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Die Entscheidung von Sozialreferentin Dorothee Schiwy, dem Eltern-Kind-Zentrum (Elki) bei den Prozesskosten beizustehen, weist über den Einzelfall hinaus. Die Stadt demonstriert damit, dass sie es ernst meint ihren Appellen zu mehr Solidarität angesichts des unaufhörlichen Zuzugs

Von Thomas Kronewiter

Vielleicht wird man sich in 20 Jahren an diese Entscheidung als an einen Markstein erinnern in der Historie einer Stadt, die nach der Jahrtausendwende in enorme Wachstumsprobleme geschlittert ist. Zunächst noch eher schleichend und konzeptionsarm, spätestens in der Ära von OB Reiter dann aber zunehmend mit - zum Teil auch unpopulären - Maßnahmen. Die Absichtsbekundungen und Beschlüsse zum Wohnungsbau gehören sicherlich in diese Kategorie. Die Entscheidung von Sozialreferentin Dorothee Schiwy, sich nun nicht bloß mit Solidaritätsbekundungen hinter das Schwabinger Eltern-Kind-Zentrum (Elki) zu stellen, ist aber ebenfalls bemerkenswert.

Dass die Stadt den Willen bekundet, sich zu Gunsten des Elki bei den Prozesskosten oder auch einer etwaigen Mediation finanziell in die Pflicht nehmen zu lassen, weist über den konkreten Konflikt an der Nordendstraße hinaus. Es ist auch ein Signal an die Stadtgesellschaft, wie ernst es den Entscheidungsträgern ist mit den derzeit allüberall zu hörenden Appellen, man müsse angesichts unaufhörlichen Zustroms in die Stadt nun endlich solidarisch ein Stück weit zusammenrücken.

Zusammenrücken - das heißt nicht, dass man sich alles bieten lassen muss. Intakte Grünanlagen darf man als Bürger auch weiter verlangen, und laut donnernde Skater auf Rampen muss man an der ruhigen Anwohnerstraße drei Meter vor dem eigenen Garten auch nicht immer und unbedingt ertragen. Aber ob man gegen eine lärmgedämmte Kita im Erdgeschoss vorgehen muss, etwa weil dort auch Eltern und Großeltern aus- und eingehen und damit Unruhe in die Wohnungen darüber bringen?

Wie wichtig dem Gesetzgeber Zukunftssicherung ist, hat er mit der Privilegierung von Kinderlärm unterstrichen. Nicht von ungefähr ist es deshalb gängige Methode geworden, mit Hilfe ausgefuchster Verwaltungsrechtler juristisch andere Handhabe zu finden, wenn das Lärm- oder das Verkehrsargument nicht verfangen. Im Falle des Elki ist dies "ein von der Teilungserklärung abweichender Gebrauch", wie es das Gericht im April begründet hat. Wie belastbar und tragfähig dieses Urteil ist, kann nun im Interesse aller Münchner Familien notfalls höchstrichterlich geklärt werden. Es sei denn, die Kläger lassen sich doch noch auf eine Mediation ein. Geld ist nun für beides da.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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